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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe
Autoren: Thomas Kastura
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Morde letztlich unbewiesen. Und gegen den Doktor hatten sie nichts mehr in der Hand. Über kurz oder lang würde sich der Staatsanwalt Viktoria Brehms letzter Aussage anschließen. Hatte sie gelogen? Mit dem Tod vor Augen? Sie mussten ihr glauben, es gab keine Alternative.
    Raupach stand draußen auf der Straße, die anderen untersuchten noch das Haus und den Garten. Sharon durfte sich nach Belieben umsehen, obwohl sie von allen am meisten geschockt war. Jemandem beim Sterben zusehen. Da blieb immer etwas hängen.
    Er rief seine Mailbox ab. Eine Nachricht von Felix’ Schwester Katja. Er drückte auf »Verbinden«.
    Sie war im Auto unterwegs, machte es kurz. Sobald sie zu Hause war, hatte sie noch ihre Liste abzutelefonieren. Diese Aufgabe tue ihr jetzt gut. Sich Pflichten beugen, eine Beschäftigung haben, Gespräche führen, die mehr oder weniger immer dieselben waren.
    Felix war am frühen Abend gestorben. Ohne letzte Worte, das hatte er sich vorgenommen. Es war einfach zu Ende gegangen.
    Das mit dem Weinen fiel Raupach schwer. Er wusste, irgendwann würde er es tun, aber nicht jetzt.
     
    NACH EINER Woche drangen die Vergangenheiten nur noch in erträglichem Umfang in die Gegenwart ein. Mordfälle zu dokumentieren machte mehr Arbeit, als sie zu lösen.
    Höttges förderte noch ein letztes Indiz zutage: Hornung hatte sich am fraglichen Freitagnachmittag einen silbernen Audi A 8 geliehen, bei einer Autovermietung in Kalk. Er sei sehr in Eile gewesen und habe den Wagen gleich am nächsten Morgen zurückgebracht. Die gefahrenen Kilometer entsprachen genau der Strecke Köln-Föckinghausen-Köln. Im Kofferraum fanden sich sogar noch Partikel der Gummiplane, in die Eva von Barths Leiche eingewickelt gewesen war, etwas Abrieb an der Ladekante.
    Doch der Schatz blieb verschwunden. Die Suche wurde eingestellt: zu teuer.
    Das Leben tickte weiter, lautlos wie eine Atomuhr.
    Raupach brachte Sharon zum Flughafen. Sie hatte ihre Story einigermaßen im Kasten. Jetzt fingen in New York die Verhandlungen an, mit der Zeitung, den Fernsehsendern. Vielleicht würde sie ein Buch schreiben.
    »Du wirst mich nicht los, ich komme bald wieder.« Sie blieb vor den Sicherheitskontrollen stehen. Die Menschen strömten links und rechts an ihnen vorbei.
    »Was nimmst du denn mit, außer der Datei auf deinem Laptop?« Raupach strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Die Deutschen haben dein Erbe absaufen lassen und sind unfähig, es wiederzufinden.«
    »Das geht dir ziemlich gegen den Strich, wie?«
    »Was musst du für einen Eindruck von uns haben?«
    »Ihr habt alles versucht«, sagte Sharon. »Die Polizei, meine ich. Die Kölner Kripo. Heide, Photini, Höttges, Niesken, all die anderen. Und dieser Kerl, der meinte, er könnte mich mit Austern lahmlegen.«
    »Das merkst du dir hoffentlich.«
    »Die Austern haben mich nicht davon abgehalten, mit dir im Bett zu landen. Das war eine ganz schön verrückte Nacht.« Sie lächelte vielsagend. »Nur deine Bilder hab ich nicht sehen können. Sind sie wirklich so scheußlich?«
    »Liegt ganz im Auge des Betrachters.« Raupach schloss sie in die Arme und gab ihr einen Kuss, direkt unters Ohr. Er hatte gehört, das sei eine empfindliche Stelle.
    Winken. Sharon wandte sich ab und stellte sich in die Reihe vor dem Fließband.
    Er ging zurück zu den Schaltern und buchte einen Flug nach Schottland, dazu gleich einen Mietwagen. Nach Felix’ Beerdigung musste er dieses Gairloch wiederfinden. Von Höttges würde er sich ein Zelt leihen, seinen alten Rucksack hatte er noch. Die Highlands. Dieser Turm an der Küste, das eiskalte Meer.
     
    HEIDE UND Photini waren schon da, als er kam. Sie schauten den Fernsehmaler auf DVD an.
    »Now let’s do something crazy«, hörte Raupach ihn sagen.
    Unvermeidliche Baumriesen wuchsen an den Rändern des Gemäldes empor, wegen der Tiefenwirkung. Große Bildelemente im Vordergrund, ein Fernblick auf ein matterhornartiges Bergmassiv weiter hinten. Der Himmel war in ein psychedelisches Violett abgeschmiert.
    »Everybody needs some friends.« Der Fernsehmaler klatschte einen weiteren Baum auf die Leinwand.
    »So was schaust du dir an?«, fragte Heide. Sie lag auf dem Boden. Photini saß in einem Sessel, der normalerweise nur als Ablage diente.
    Raupach setzte sich auf sein Sofa. »Ohne die richtige Einstellung bringt das nichts. Gib dem Mann eine Chance, nimm ihn ernst. Der meint alles so, wie er es sagt.«
    »Und das kommt dabei raus?« Sie deutete auf die Bilder, die
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