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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch
Autoren: Hannes Nygaard
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haben.«
    Große Jäger richtete sich wieder auf. Das missfiel dem Hund. Herr Lustig stupste ihn an das Knie und wollte den Oberkommissar damit auffordern, das Kraulen fortzusetzen.
    Â»Du bist nicht von der Polizei«, stellte Yannick fest.
    Â»Doch.«
    Â»Nee. Du hast gar keine Uniform. Und keine Pistole.«
    Â»Ich bin von der Kriminalpolizei. Und hier«, er zog seine Weste zurück und gab den Blick auf das Schulterhalfter frei, »ist meine Pistole.«
    Yannick hielt sich die Hand vor den Mund. »Darf ich die mal haben?«, fragte er schüchtern.
    Â»Das kommt nicht in Frage«, mischte sich sein Vater ein. »Du gehst jetzt am besten mit der Oma ins Haus.«
    Â»Warum denn? Ich will sehen, was die machen.«
    Frau Reimers nahm ihren Enkel an die Hand. »Komm, Yannick, wir machen Pfannkuchen.«
    Doch der Junge sträubte sich. Erst mit »Nudeln und Tomatensoße« ließ er sich überreden. Das schien auch Herrn Lustigs Lieblingsgericht zu sein. Mit einem munteren Bellen lief der Hund voraus Richtung Wohnhaus.
    Â»Wir sind so weit«, rief Hauptkommissar Jürgensen von der Plattform.
    Die drei Männer machten sich auf den Weg. »Sie bleiben besser hier«, hielt Große Jäger den Landwirt davon ab, den Polizisten auf die Leiter zu folgen.
    Der zweite Spurensicherer schoss noch schnell ein paar Fotos, bevor Jürgensen ein wenig zur Seite ging und den Blick freigab.
    Ein unangenehmer Gestank drang aus dem Bullauge ins Freie. Große Jäger wies auf Jürgensens Mundschutz.
    Â»Feigling!«
    Der Hauptkommissar tippte sich an die Schläfe. »Irrtum, Intelligenz. Der kluge Mann baut vor. Darum haben wir in Flensburg auch eine Universität und ihr in Husum nicht.«
    Â»Nicht erforderlich«, erwiderte Große Jäger. »Wir an der Westküste sind von Natur aus intelligent.«
    Jürgensen angelte vorsichtig den Finger mit dem Ring heraus und besah ihn sich. Dann zog er eine Lupe hervor und betrachtete die offene Wunde. Große Jäger stieß Christoph an.
    Â»Das hat er bei Sherlock Holmes gelernt. Jetzt fehlt nur noch die passende Mütze und der Umhang.«
    Â»Die genaue Analyse bleibt dem Rechtsmediziner vorbehalten«, sagte der Flensburger und ging nicht auf die Frotzelei ein. »Ich würde aber als erste Vermutung behaupten, der Finger wurde nicht gesondert abgetrennt, also zum Beispiel mit einem Messer oder einem Skalpell, sondern wie bei einem Unfall abgerissen. Dafür sprechen das ungleichmäßige Muster und die ausgefransten Hautfetzen.« Während er den Finger weiter untersuchte, setzte er seine Erklärung fort.
    Â»Alles spricht für deine Vermutung«, stimmte Christoph zu. »Da auch grobe Gewalttäter, die – aus welchem Grund auch immer – ihre Opfer verstümmeln, um beispielsweise bei einer Entführung Druck auszuüben, nicht so brutal vorgehen, sieht es zunächst wie ein Unfall aus.«
    Â»Aber …«, warf Große Jäger ein.
    Christoph kam ihm zuvor. »Das können wir jedoch ausschließen. Davon hätten wir Kenntnis erhalten.«
    Große Jäger und Jürgensen nickten gleichzeitig. Alle drei sahen auf das Bullauge.
    Â»Gut«, seufzte Jürgensen. »Ich spreche mit der Staatsanwaltschaft.« Er zeigte auf den Oberkommissar. »Und du erklärst es dem Bauern.«
    Große Jäger grinste und streckte seinerseits den Zeigefinger in Christophs Richtung.
    Â»Er.«
    Â»Wir werden ein Foto vom Finger einschließlich Ring machen, sodass die Wunde nicht zu sehen ist«, erklärte Jürgensen.
    Â»Das schickt ihr uns nach Husum.«
    Â»Das könnt ihr gleich haben«, sagte der Flensburger. »Wir sind ja nicht von vorgestern. Ich schicke es dir aufs Handy.«
    Erneut wies Große Jäger mit dem Zeigefinger auf Christoph.
    Â»Zu ihm. Ich habe nur ein dreißig Jahre altes Klapphandy.«
    Â»Das hast du wohl zur Konfirmation bekommen.«
    Â»Bei uns heißt es ›Kommunion‹. Und die begehen wir im Allgemeinen in jüngeren Jahren als ihr nordischen Heidenchristen.« Ein drittes Mal zeigte Große Jäger auf Christoph. »Er hat ein Smartphone.«
    Jürgensen schüttelte den Kopf. »Ist dein Finger noch zu anderem zu gebrauchen, als ständig auf Christoph zu zeigen?«
    Â»Klar«, erklärte Große Jäger lachend. »Ich bohre damit in der Nase. Aber nur am Schreibtisch oder bei
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