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Das Dämonentor

Das Dämonentor

Titel: Das Dämonentor
Autoren: Hubert Haensel
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rasch.
    »Wenn selbst du Schwierigkeiten hast, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden«, sagte Fronja, »sind unsere Gegner mit Sicherheit darauf hereingefallen. Dann glauben sie, die fliegende Stadt versenkt und ihre Bewohner getötet zu haben.«
    Mythor nickte schwer.
    »Mußtest du mich mit deinem Traum derart quälen?«
    »Was immer du empfunden hast«, erwiderte die Tochter des Kometen, »ich konnte nur den Keim dazu legen. Alles andere ist deinen eigenen Ängsten, Befürchtungen oder Sehnsüchten entsprungen.«
    Allmählich verdrängte die Wirklichkeit selbst die letzten beklemmenden Schatten dieses schrecklichen Traumes. Mythor erinnerte sich wieder daran, daß man mit der schwarzen Königsbarke und Cronim, dem Totenwächter als Steuermann, von Kaytim aufgebrochen war. Glair und Fronja hatten sich zusammengetan, um ihre magischen Fähigkeiten auf ein Vielfaches zu verstärken, und die Tochter des Kometen hatte alle an Bord der Barke in eine Traumblase eingehüllt, um ihnen so den Eindruck zu vermitteln, daß sie mit Carlumen fuhren.
    Jeder hatte daran geglaubt, selbst er, Mythor, wie ihm die schmerzliche Erinnerung nur allzu deutlich bewies. Doch war es nicht der Sinn gewesen, die Insassen der Barke zu täuschen, sondern ihre Geister sollten die Traumbilder nach außen reflektieren. Je stärker sie selbst daran glaubten, sich an Bord der fliegenden Stadt aufzuhalten, desto wirklichkeitsgetreuer wurde der Traum.
    Tatsächlich waren die Finstermächte darauf hereingefallen. Für die Belagerer erschien es, als versuche Carlumen einen Ausfall; die Dämonenpriester richteten ihre Schwarze Magie dagegen, und Tatasen und Seeungeheuer stürzten sich auf die Schwammscholle.
    Durch dieses Täuschungsmanöver hatte die Barke inzwischen sicher Küstennähe erreicht. Alle außer Cronim verbargen sich im Innern des Totenhäuschens, in dem sonst die Verstorbenen der Königsfamilie ihre letzte Fahrt antraten. Für zufällige Beobachter mußte es den Anschein haben, als sei der Totenwächter wieder einmal aufgebrochen, um seine Pflicht zu erfüllen.
    Gelegentlich raunte er seinen Begleitern Dinge zu, von denen er annahm, daß man sie einfach kennen müsse. So erfuhr Mythor, daß die Westküste Tatas im Gegensatz zum übrigen Eiland felsig und von unzähligen Fjorden zerklüftet war. Nicht zuletzt die heftigen Winde vom Meer der sinkenden Sonne machten diese Gegend rauh und unwirtlich, so daß sie kaum besiedelt war. Eine starke Brandung formte die Küste ständig neu. Viele Felsen waren unterhöhlt, und Sturm und Wasser hatten bizarre Formen geschaffen.
    Zum Glück drang die Barke nicht allzu weit in stürmische Gewässer ein. Schon nach kurzer Zeit wurde die See merklich ruhiger. Turmhoch ragten zu beiden Seiten steile Felswände auf. Keine fünfzig Schritt breit war die Passage, die der Totenwächter ansteuerte, und vereinzelte Klippen ließen vermuten, daß es tückische Untiefen gab.
    Mit unverminderter Geschwindigkeit glitt die Barke über schäumende Strudel dahin. Dann lag die Wasseroberfläche fast unbewegt vor dem Boot.
    »Wohin bringst du uns?« wollte Mythor von Cronim wissen. »Gibt es eine Anlegestelle am Ende des Fjordes?«
    Der Totenwächter nickte bedächtig.
    »Ich sehe deinen Augen an, daß du unruhig bist. Mag sein, daß du die Geister einer unseligen Vergangenheit spürst. Dort vor uns«, Cronim streckte den Arm aus, »wurde einst blutige Geschichte geschrieben.«
    Er schwieg wieder, aber Mythor forderte ihn auf, zu berichten.
    »Der Fjord wurde nach König Hamarun benannt, auf dessen Leben hier sein eigener Bruder Taros einen meuchlerischen Anschlag verübte«, sagte er schließlich. »Siehst du das üppige Grün?«
    Inmitten der ansonsten kahlen, nackten Felsen, dicht über der Wasserlinie, wucherten an gut einem Dutzend Stellen Sträucher und Rankenpflanzen.
    »Dort«, fuhr Cronim mit erhobener Stimme fort, »wurde das Blut Unschuldiger vergossen. Es mag ein gutes Omen für Tata sein, daß die Felsen seither Leben tragen.
    Hamarun weilte nichtsahnend auf seiner Königsbarke, als Taros und dessen Mannen das Boot angriffen. Er wäre hilflos gewesen, hätte nicht des Königs Verweser Trioncor rechtzeitig die Verschwörung aufgedeckt und seine Mannen in den Steilwänden postiert. Mit Seilen hatten sie sich aus der Höhe herabgelassen, und es gelang ihnen, Taros und dessen Verbündete zu vernichten und ihr Schiff in Brand zu stecken.«
    Mythor ahnte, daß Cronim noch nicht zu Ende erzählt hatte,
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