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Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Titel: Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)
Autoren: Christian Nürnberger
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ihr eigenes genuin christliches Gedankengut zu Papier brachten, merkten sie: Ohne die Bibel der Juden geht das ja gar nicht. Darum nahmen sie den Tanach als Altes Testament in die christliche Bibel mit hinein. Dabei trafen sie eine wichtige Entscheidung: Sie ließen die jüdischen Texte unangetastet. Sie nahmen nichts heraus, fügten nichts hinzu und schrieben nichts um, denn sie wussten sehr genau, auf welchem Fundament sie standen.
    Aus diesem Grund beginnt dieses Buch über das Christentum nicht mit Jesus, sondern mit Abraham. In ihm liegt der Anfang des roten Fadens jener großen Erzählung, die man den christlichen Glauben nennt. Wenn wir daher nach dem Code suchen, der unsere Oase und unsere westliche Wertegemeinschaft strukturiert, müssen wir mit unserer Suche bei Abraham beginnen. Erst wenn wir ihn verstanden haben, können wir Jesus verstehen.

ABRAHAM: STAMMVATER DES GLAUBENS
    Und der Herr sprach zu Abram: Gehe aus deinem Vaterlande und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. (1 Mose 12, 1–3)
    Es sind seltsam lapidare Worte, die überhaupt nicht wie ein Paukenschlag der Weltgeschichte klingen, und doch sind sie es, ein Paukenschlag. Weil man es ihnen aber nicht anmerkt, liest man leicht über die Tatsache hinweg, dass diese Worte den Anfang dreier Weltreligionen markieren. Abraham, der Stammvater des christlichen Glaubens, ist zugleich der Stammvater des jüdischen und islamischen Glaubens.
    Man ist auch nicht darauf gefasst. Wer sich vornähme, die Bibel vom Anfang bis zum Ende zu lesen, hätte in den ersten elf Kapiteln, die Abraham vorausgehen, die Urgeschichte erfahren: die Schöpfung, Adam und Eva, der Sündenfall, Kain und Abel, Noah und die Sintflut und zuletzt der Turmbau von Babel. Von Abraham, der zu Beginn noch Abram heißt, ist hier mit keiner Silbe die Rede.
    Erst nach der Turmbaugeschichte wird er plötzlich eingeführt, fast eingeschmuggelt, und zwar mit Hilfe einer der in der Bibel sehr beliebten, aber den Leser mit gähnender Langeweile erfüllenden Stammbäume von der Art: Dies sind die Geschlechter Tharahs: Tharah zeugte Abram, Nahor und Haran. Aber Haran zeugte Lot. Haran aber starb vor seinem Vater Tharah in seinem Vaterlande zu Ur in Chaldäa. Da nahmen Abram und Nahor Weiber. Abrams Weib hieß Sarai, und Nahors Weib Milka, Harans Tochter, der ein Vater war der Milka und der Jiska. Aber Sarai war unfruchtbar und hatte kein Kind. (1 Mose 11, 27–30)
    Warum jetzt schon wieder aufgezählt werden muss, wer seit Adam und Eva wen gezeugt hat – das erste Mal wurde es im fünften Kapitel aufgelistet –, erschließt sich einem modernen, ungeduldigen und der Bibel unkundigen Leser nicht unmittelbar. Doch diese Stammbäume haben eine eminent wichtige Funktion, denn sie halten die ganze Bibel zusammen. Sie sollen die Kontinuität in der Geschichte zwischen Gott und seinem Volk vom Anfang der Schöpfung bis zum Weltende erweisen.
    Die erste Generationenliste zeichnet eine direkte Linie von Adam zu Noah. Die zweite, jetzt in Kapitel elf eingestreute Aufzählung, knüpft an Noahs Sohn Sem an und setzt die Reihe fort bis zu Abraham, woraus sich eine lückenlose Folge von Adam zu Abraham ergibt. Das ist wichtig für den weiteren Verlauf, denn von Abraham führt dann die Linie weiter zu David, und für die Christen mündet sie in Jesus, den Messias. Darum finden wir bei den Evangelisten die Stammbäume Jesu. Die Juden warten noch auf ihren Messias, aber auch er soll aus Davids Geschlecht stammen und also über Abraham bis auf Adam zurückgehen.
    Langweilig und wenig informativ, wie es anfängt, geht es weiter. Über Abraham erfahren wir nur, dass er in der Stadt Ur im Land Chaldäa geboren wurde und noch zwei Brüder hatte, Nahor und Haran. Letzterer zeugte Lot. Der Vater der drei Brüder hieß Tharah. Er entschließt sich eines Tages, aus Ur wegzuziehen nach Kanaan, bleibt dann aber in Haran hängen. Gründe für diesen Entschluss werden nicht genannt, es geschieht einfach. Warum der Clan in Haran bleibt und nicht nach Kanaan weiterzieht, wird ebenfalls nicht mitgeteilt.
    Ur lag ganz im Süden Mesopotamiens am Persischen Golf und war damals ein überregional bedeutendes Kultzentrum des
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