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Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Titel: Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)
Autoren: Christian Nürnberger
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durch Vernunft, Wissenschaft, Forschung und Erkenntnis eine humane Welt für alle schaffen zu können. Der Kapitalismus wird global und digital und füllt das Vakuum, das die entzauberten Ideologien und Weltanschauungen hinterlassen haben, mit dem Glauben an Markt und Technik.
    Für die, denen das nicht reicht, und für alle, die nach einer Alternative zum alternativlos sich gebärdenden Globalkapitalismus suchen, hält das System ein Supermarktangebot bereit, das von Spiritualität über modern designte Individualreligionen, neuen Esoteriktrash und alten Aberglauben bis zu obskuren religiösen Fundamentalismen, Okkultismus und heidnisch-synkretistischer Sektiererei alles umfasst, was des Sinnsuchers Herz begehrt, aber das System nicht gefährdet, sondern stabilisiert.
    Die Welt brauchte jetzt dringend die systemsprengende Weisheit der Kirche – dieser Satz an dieser Stelle wird vermutlich viele überraschen. Aber man betrachte sich einmal die Grenze unserer Oase des Wohlstands und der Freiheit. Diese Grenze umspannt ziemlich genau jenes Gebiet, in dem das Christentum entstanden ist und sich verbreitet hat. Die Oase wurde dort geschaffen, wo man über Jahrhunderte den Faden jener großen Erzählung gesponnen hat, die man den christlichen Glauben nennt. In ihm muss also irgendein Code verborgen sein, der diese Oase strukturierte. In diesem Glauben muss es etwas geben, das imstande ist, die Wüste in fruchtbares Land zu verwandeln. Vielleicht funktioniert dieser Code heute nicht mehr. Vielleicht taugt er aber doch noch, um unsere Oase zu erhalten und zu erweitern. Wir wissen es nicht, aber lasst es uns herausfinden.
    Eben dieses Motiv durchzieht die Frage nach dem Christentum in diesem Buch. Die neuheidnisch-postchristliche Gesellschaft hat das Christentum ins Museum für ausgemusterte Ideen und Wahrheiten entsorgt. Das war voreilig. Wir sind mit dem Christentum noch lange nicht fertig, auch wenn wir vermeintlich oder tatsächlich nicht mehr glauben können. Darum wird hier eine Antwort versucht auf die Frage, was das eigentlich ist, der christliche Glaube, die zeitlos gute Botschaft, die Weisheit der Kirche. Und ob sie sich fruchtbar machen lässt für die Lösung der Probleme unserer Welt.

DAS FUNDAMENT DES CHRISTENTUMS

DAS ALTE TESTAMENT
    Das Christentum beginnt mit Jesus. Aber Jesus war Jude. Was der Jude Jesus predigte, wurzelte in einer Religion, die zu Lebzeiten Jesu schon 1200 Jahre alt war. In allem, was Jesus lehrte, tat und sagte, berief er sich auf die Schrift , das Gesetz , Mose und die Propheten. Alles zusammen ergab den Tanach, die jüdische Bibel, unser sogenanntes Altes Testament, dessen Textmenge rund drei Viertel der gesamten christlichen Bibel einnimmt – eine Bezeichnung, die suggeriert, dass das Alte Testament nicht mehr richtig gilt, von Jesus und dem Neuen Testament abgelöst und überwunden wurde und ein prinzipieller, unüberwindbarer Gegensatz zwischen beiden Vermächtnissen besteht.
    Diesen Gegensatz gibt es nicht, wie noch gezeigt wird. Jesus wollte das Alte Testament nicht überwinden, sondern erfüllen. Einige Theologen, wie etwa der Münsteraner Alttestamentler Erich Zenger, halten daher die Adjektive «alt» und «neu» für unglücklich gewählt, weil das Neue eine ungerechtfertigte Abwertung des Alten impliziere. Daher spricht Zenger lieber vom «Ersten» und «Zweiten Testament» und verlangt, zumindest das Alte Testament doch besser als jüdische oder hebräische Bibel zu bezeichnen.  5
    Jesus wollte keine Kirche gründen, sondern seine jüdischen Landsleute an ihren von Gott gegebenen Auftrag erinnern. Er kritisierte die in Israel herrschenden Zustände, das Establishment und eine religiöse Praxis, die den eigentlichen Sinn dessen, was geschrieben steht , verfehlte.
    Jesus war es immer nur darum gegangen, der Stimme des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs Gehör zu verschaffen in Israel. Die Griechen und Römer interessierten ihn nicht. Dass ein Paulus kommen und seine Botschaft den Heiden bringen und im ganzen Römischen Reich verbreiten würde, damit konnte Jesus nicht rechnen. Er hat eher so etwas wie das Ende der Welt erwartet. Die Absicht, Urheber eines Neuen Testaments zu werden, lag ihm fern. Er kannte nur ein Testament, den Tanach, die Bibel der Juden.
    Auch wenn Paulus und die Evangelisten die stereotype Formel wie es geschrieben steht verwendeten, meinten sie den Tanach. Bis ins zweite nachchristliche Jahrhundert hinein war er die Bibel der Urchristen. Und als diese
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