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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps
Autoren: Ron Goulart
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für seinen etwas komplizierten Ruf war.
    Er trottete die staubige Straße entlang und hielt sich dabei von herumliegenden Pennern fern. So nahe an der Straßenoberfläche hatte das Vergnügungsviertel einen solch intensiven Geruch, wie er ihn nie wahrgenommen hatte, während er aufrecht an ähnlichen Orten entlanggegangen war.
    Ein Mann mit Schlagseite und geplatzten Äderchen auf Nase und Wangen kam heran und verpaßte Jolson einen Tritt. Jolson überlegte sich, ob er ihn beißen sollte, konnte aber nicht die nötige Wut dafür aufbringen. Er trottete schneller davon und kam an eine Ecke. Auf der anderen Seite der Kopfsteinpflasterstraße befand sich ein großes Gebrauchtkleidergeschäft mit drei Eingängen. Vor den von der Zeit verschmierten Fenstern bildeten etliche Überseekoffer eine Schutzmauer.
    Jolson lief über die Straße und wollte gerade durch einen unbewachten Eingang hineinschleichen, als er einen Mann sah, der aus einer Grillbar namens ‚Reich des Goldes’ gesprungen kam. Der Mann wedelte mit den Armen und scharrte mit den Füßen, um sein Gleichgewicht zu halten. Er war groß und Mitte Vierzig. Sein Jackett war ein paar Jahre älter als seine Hose, und seine Mütze war damals, als Jolson noch ein Teenager gewesen war, im Barnum-System in Mode gewesen. Diese Mütze und die Art und Weise, wie sich der Mann bewegte, nachdem er nun wieder gehen konnte, verstärkten Jolsons ersten Eindruck. Dieser Penner war sein altes Idol Jose Terranova, der einmal die romantischste Figur auf Barafunda gewesen war. Ein großartiger Liebhaber und ein bekannter Schwadroneur.
    Jolson folgte ihm. Terranova brauchte mehrere Minuten, bis er sich den Block entlanggearbeitet hatte und im Eingang eines Hotels verschwand, das, der Inschrift auf der durchsichtigen Tür zufolge, einfach nur ‚Hotel’ zu heißen schien. Jolson verwandelte sich wieder in einen Nager, um in der verkommenen Empfangshalle weniger aufzufallen. Er eilte hinter Terranova die schwankende, geblümte Rampe hoch.
    Der alte Schwadroneur ging schließlich in Zimmer drei hinein, und Jolson hechtete hinterher, bevor die Tür geschlossen wurde. Während Terranova auf eine Militärpritsche, eine Art Feldbett, zutorkelte, inspizierte Jolson den Schrank. Es waren keine weiteren Schuhe darin, aber Terranova besaß eine Ersatzhose und eine Pulloverjacke. Jolson verwandelte sich wieder in sich selbst und zog die alten Kleider an.
    Er trat ins Zimmer und sagte: „Mr. Terranova?“
    Terranovas Erstaunen äußerte sich in einem kurzen Grunzen. „Na und?“
    „Ich war ein großer Bewunderer von Ihnen.“
    „Gut.“ Terranova besaß ein langes, scharfgeschnittenes Gesicht mit einem markanten Profil, das nun allerdings etwas verschwommen war. Sein Haar war zu lang, verfilzt und grau.
    „Ich bin Ben Jolson aus Barnum.“
    „Prima“, meinte Terranova. „Wieso haben Sie meine Jachtklamotten an?“
    „Ich bin draußen vor der Stadt überfallen worden und habe meine Kleidungsstücke dabei verloren.“
    „Komischer Überfall.“ Terranova zuckte undefinierbar mit den Schultern. „Bringen Sie mir meine Klamotten zurück, wenn Sie damit fertig sind. Hier klauen Sie einem sowieso alles. Deswegen ziehe ich diesen Straßenanzug auch nie aus.“
    „Ich verstehe immer noch nicht, wieso Sie …“, fing Jolson an.
    „Sie sagten, Sie hätten früher einmal von mir gehört?“
    „Klar, Jose Terranova. Ich habe über Sie gelesen, als ich noch zur Schule ging. Als Sie damals mit der Prinzessin vom Kondominium A weggelaufen sind. Die Affäre mit dem Mädchenorchester. Die Sache, als Sie beim Siebzehnundvier die beiden Zwillingspremierministerinnen gewonnen haben. Klar.“
    „Ich hatte“, sagte Terranova, „ein bißchen Pech.“ Obwohl es draußen erst Mittag war, herrschte in dem kleinen stickigen Zimmer Zwielicht. „Lernen Sie vernünftig Buchhaltung. Das ist das Geheimnis des Lebens. Vermeiden Sie Prozesse. Verklagen Sie nie jemanden. Trinken Sie nicht übermäßig, und setzen Sie ein offizielles Testament auf. Mein Ratschlag für Sie.“
    „Wie lange leben Sie schon im Vergnügungsviertel?“
    „Ein paar Jahre.“
    „Wollen Sie wieder zurück nach draußen?“
    „Nein. Ich habe mich von all diesen Sachen zurückgezogen. Zuviel Druck, dauernd irgendwelche Miezen aufreißen zu müssen. Viel zu anstrengend. Jetzt lebe ich wie ein Einsiedler. Ein betrunkener Einsiedler. Aber trotzdem.“ Terranova blickte zu Jolson hoch. „Warum hat man Sie denn überfallen?“
    „Die
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