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Das Buch mit dem Karfunkelstein

Das Buch mit dem Karfunkelstein

Titel: Das Buch mit dem Karfunkelstein
Autoren: dtv
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Adelgunde ihre Tochter an. »Und wo warst du überhaupt? Du hast uns warten lassen!
     Wie unhöflich! Du wusstest doch, dass Susanna dir eine neue Stickerei zeigen wollte. Geh hinauf und fang sofort allein damit
     an. Wir müssen zum Silberschmied. Wenn wir wiederkommen, ist wenigstens eine halbe Rose fertig gestickt! Komm, Susanna!«
    Sie warf sich einen zum Kleid passenden warmen Umhang über die Schultern und rauschte aus dem Haus. Susanna folgte ihr, aber
     als sie an Agnes vorbeiging, zwinkerte sie ihrer Nichte zu. Sie kannte ihre Schwägerin.
    Agnes atmete tief durch. Die Stickerei konnte warten. Wie der Blitz lief sie in die Stube hinauf. Ihr Vater und Onkel Caspar
     saßen am Fenster und waren in ein Schachspiel vertieft. Sie blickten kaum auf, als sie eintrat. Josef Steinhaus sagte nur:
     »Schließ die Tür, Kind, es kommt kalte Luft herein.«
    »Vater   …«, begann Agnes.
    »Hm«, kam die Antwort.
    Aber keiner der Männer nahm weiter Notiz von ihr. Das Schachspiel brauchte ihre ganze Aufmerksamkeit. Wie sollte sie die beiden
     nur dazu bringen, ihr zuzuhören?
    »Das Buch mit dem Karfunkelstein ist weg!«, sagte sie laut und deutlich. »Und im Kloster beschuldigen sie Paul, dass er das
     Buch gestohlen hat!«
    Die Elfenbeinfigur eines Bauern in Caspar Zwolles Hand schwebte kurz über dem Schachbrett. Dann fiel sie polternd darauf.
     Er fuhr zu Agnes herum, stützte die Hände in die Seiten und rief empört: »Was sagst du da? Das Buch ist weg? Und mein Sohn
     soll ein Dieb sein?«
    Auch Josef Steinhaus hob den Kopf und blickte mit ungläubigem Gesicht auf seine Tochter.
    »Ungeheuerlich! Was ist passiert?«
    Agnes berichtete alles, was Paul im Holzhaus erzählt hatte, und vergaß auch den Pergamentstreifen nicht.
    Caspar Zwolles Gesicht lief vor Entrüstung rot an.
    »Unfug! Mein Sohn stiehlt doch nicht unsere Schenkung an das Kloster! Was für ein Unsinn!«
    »Die Sache mit dieser geheimen Botschaft oder was immer es sein soll gefällt mir nicht. Wer tut so was? Da stimmt doch was
     nicht!« Josef Steinhaus’ Stimme klang sehr besorgt.
    Caspar Zwolle sprang auf und lief aufgebracht im Zimmer hin und her. »Was denken diese Mönche sich eigentlich? Mein Sohn ist
     kein Dieb! Er ist zu einem Kaufmann erzogen, der ehrliche Geschäfte macht. Deshalb nimmt er mein Gelübde ja auch genauso ernst
     wie ich.« Er blieb vor seinem Schwager stehen. »Was soll ich nur tun, Josef? Was
kann
ich überhaupt tun? Mein Sohn ist hinter Klostermauern, wo man ihn aus heiterem Himmel für einen Dieb hält, und ich kann ihm
     nichthelfen! Mein Gott! Das hätte ich nicht gedacht, als ich das Gelübde tat!«
    Josef Steinhaus legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Caspar, wir werden sofort etwas unternehmen.«
    »Gegen das Kloster? Und was willst du unternehmen, Schwager?«, rief Caspar Zwolle verzweifelt. »Dem Abt die Hölle heißmachen?
     Das wird dir nicht gelingen.«
    Josef Steinhaus nickte nachdenklich.
    »Ich dachte, man könnte den Stadtvogt   …«, fing Agnes an.
    »Markus von Thalbach?«, unterbrach Josef Steinhaus seine Tochter. Er kniff die Augen zusammen. »Sehr gute Idee!« Dann fasste
     er einen Entschluss. »Wir gehen auf der Stelle zur Vogtei hinüber.«
    »Kann ich mitkommen?«, fragte Agnes.
    »Das musst du sogar. Du musst dem Vogt alles erzählen.«
    Wenig später standen sie gegenüber in der Vogtei vor dem Schreiber des Stadtvogts. Auf einem Tisch neben seinem Pult stapelten
     sich die Pergamente. Er war gerade dabei, eine Urkunde mit einem Siegel zu versehen, und warf einen mürrischen Blick auf die
     Leute, die ihn dabei störten. Und auch noch ein Kind mitgebracht hatten!
    »Seid so gut und meldet uns dem Stadtvogt«, bat Josef Steinhaus.
    »Und wer möchte zu ihm?«, fragte der Stadtschreiber unwirsch. »Der Vogt ist beschäftigt. Ihr seht doch selbst, wie viel Arbeit
     es gibt.«
    »Bastian Grimmel, auch wenn Ihr jetzt Stadtschreiber seid, solltet Ihr mich noch kennen!« Josef Steinhaus’ Stimme wurde scharf.
     »Es ist dreist von Euch, mich und den Tuchhändler Caspar Zwolle hier warten zu lassen. Sofort führt Ihr uns zu Markus von
     Thalbach oder ich muss mich über Euer ungehobeltes Benehmen beschweren.«
    Der Stadtschreiber war schon nach den ersten Worten blass um die Nase geworden und beeilte sich nun, die hohen Herren ins
     Amtszimmer des Stadtvogtes zu führen.
    »Josef!«, rief Markus von Thalbach und kam freudig auf seine Besucher zu. »Und Ihr bringt sogar Eure Tochter
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