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Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Autoren: Richard Zenith , Fernando Pessoa
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hatten auch der Dienstmann oder die Näherin, denn Träume hegen alle Leute: was uns unterscheidet, ist die Kraft, sie zu verwirklichen, oder das Schicksal, das sie für uns verwirklicht.
    In Träumen bin ich dem Dienstmann und der Näherin gleich. Von ihnen unterscheidet mich nur, daß ich schreiben kann. Ja, das ist ein Akt, eine mir eigene Wirklichkeit, die mich von ihnen unterscheidet. In der Seele bin ich ihresgleichen.
    Ich weiß wohl, es gibt Inseln im Süden und große kosmopolitische Leidenschaften, und […]

    Hätte ich die Welt in der Hand, tauschte ich sie, dessen bin ich sicher, gegen eine Fahrkarte zur Rua dos Douradores ein.

    Vielleicht ist es mein Schicksal, ewig Buchhalter zu bleiben, und Dichtung und Literatur sind nur ein Schmetterling, der sich auf meinen Kopf niedersetzt und mich um so lächerlicher erscheinen läßt, je größer seine Schönheit ist.

    Ich werde Sehnsucht nach Herrn Moreira verspüren, aber was sind Sehnsüchte angesichts großer Beförderungen?

    Ich weiß genau, daß der Tag, an dem ich oberster Buchhalter des Hauses Vasques & Co. werde, einer der großen Tage meines Lebens sein wird. Ich weiß es mit einem bitteren, ironischen Vorgefühl, doch auch mit dem geistigen Vorzug der Gewißheit.

19
    In der Sandbucht am Meer, inmitten der nahen Wälder und Wiesen, stieg aus der Ungewißheit des nichtigen Abgrunds die Unbeständigkeit brennenden Verlangens auf. Man müßte dort nicht wählen zwischen den Weizenfeldern und den vielen [sic] , und die Entfernung setzte sich fort zwischen den Zypressen.
    Der Zauber vereinzelter oder durch Gleichklang verbundener Wörter, mit inneren Resonanzen und voneinander abweichenden und zugleich übereinstimmenden Bedeutungen, der Glanz von Sätzen, eingebunden in die Bedeutungen anderer Sätze, Bosheit der Spuren, Hoffnung der Wälder und die Stille der Teiche, nichts sonst, auf den Gütern der Kindheit meiner Ausflüchte … So, zwischen den hohen Mauern der absurden Kühnheit, zwischen den Baumreihen und dem Schrecken über Vergehendes, würde ein anderer als ich traurige Lippen gestehen hören, was sie drängenderen verweigern. Nie mehr, auch wenn die Ritter zurückkämen auf der Straße, die man von der Mauerkrone aus sah, würde Ruhe einkehren in den Herrensitz der Allerletzten, mit seinem lanzenklirrenden, unsichtbaren Hof, noch würde man sich eines anderen Namens erinnern auf dieser Seite der Straße, bis auf den einen, den der Maurin aus dem Märchen, die des Abends das Kind, das später starb, mit Lebendigem und Wundersamem bezauberte.
    Leise, wie eine Erinnerung an Kommendes, hallte zwischen den Furchen im Gras der Zug der letzten Verlorenen nach, ihre Schritte öffneten ein Nichts in dem bewegten Grün. Alt waren jene, die kommen sollten, und jung nur jene, die niemals kämen. Die Trommeln rollten an den Wegrand, die Trompeten hingen nutzlos in ermatteten Händen, die sie hätten fallen lassen, hätten sie noch die Kraft gehabt.
    Doch kaum war der Zauber gebannt, erklangen erneut die erstorbenen Schreie, und man sah die Hunde unschlüssig in den Alleen. Alles war so absurd wie die Trauer um einen Tod, und Prinzessinnen aus fremden Träumen spazierten einher, frei, ungehindert, auf ewig.

20
    Immer wieder sehe ich mich in meinem von Umständen bedrängten Leben, kaum will ich mich von ihnen befreien, unversehens von neuen Umständen gleicher Art umzingelt, als herrsche in dem ungewissen Gespinst der Dinge entschieden Feindschaft gegen mich. Ich reiße von meinem Hals eine Hand, die mich erstickt. Und sehe, daß meine eigene Hand, die soeben die andere wegriß, mir zugleich mit der Geste der Befreiung eine Schlinge um den Hals gelegt hat. Vorsichtig entferne ich die Schlinge und stranguliere mich fast mit eigenen Händen.

21
    Ob es nun Götter gibt oder nicht, wir sind ihre Knechte.

22
    Mein Bild, so wie ich es in Spiegeln sah, ist meiner Seele allzeit verbunden. Ich konnte nur krumm und schwächlich werden, und bin es, selbst in meinen Gedanken.
    Alles an mir erinnert an einen Prinzen: ein schillernder Farbdruck im abgegriffenen Album eines kleinen Jungen, seit langem unwiederbringlich tot.
    Mich lieben heißt Mitleid mit mir haben. Eines Tages, gegen Ende der Zukunft, wird jemand ein Gedicht über mich schreiben, vielleicht beginne ich erst dann, in meinem Reich zu regieren.

    Gott heißt, wir existieren, und das ist nicht alles.

23
    Absurdes
    Verwandeln wir uns in Sphinxe, wenn auch in falsche, bis wir an den Punkt gelangen, an
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