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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne
Autoren: Agatha Christie
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als zwei zu nehmen.»
    Neasdon nickte. «Sie wollte sichergehen und hat eine ganz hübsche Menge genommen.»
    Christine schluckte. «Mein Gott, es ist alles meine Schuld. Ich hätte sie wegschließen sollen!»
    Der Arzt zuckte die Schultern. «Das wäre sicherlich klüger gewesen, Mrs Redfern.»
    «Sie stirbt…», rief Christine verzweifelt. «Und es ist meine Schuld…»
    Kenneth Marshall bewegte sich unruhig in seinem Sessel. «Nein, Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen. Linda weiß, was sie tut. Sie nahm sie ganz bewusst. Vielleicht – vielleicht ist es auch besser so.» Er blickte auf den Zettel in seiner Hand, den Poirot ihm wortlos gegeben hatte.
    «Ich kann es nicht glauben», rief Rosamund Darnley. «Ich glaube einfach nicht, dass Linda sie getötet hat. Es ist unmöglich. Alle Tatsachen sprechen dagegen.»
    «Ja, sie kann es nicht gewesen sein. Sie ist durchgedreht und hat es sich eingebildet.»
    Die Tür öffnete sich, Oberst Weston trat ein. «Was ist los? Was habe ich da eben gehört?»
    Dr. Neasdon nahm Marshall den zusammengeknüllten Zettel aus der Hand und reichte ihn dem Polizeichef. Weston las ihn.
    «Was?», rief er fassungslos. «Das ist doch Unsinn – absoluter Unsinn! Es ist unmöglich!» Er wiederholte nachdrücklich. «Unmöglich! Nicht wahr, Poirot?»
    Hercule Poirot sagte zum ersten Mal etwas. Leise und traurig meinte er: «Nein, ich fürchte, es ist nicht unmöglich.»
    «Aber ich war doch mit ihr zusammen, Monsieur Poirot!», rief Christine Redfern. «Ich war mit ihr bis ein Viertel vor zwölf zusammen. Das habe ich auch der Polizei erzählt.»
    «Ihre Aussage verschaffte ihr ein Alibi. Das schon. Aber worauf beruhte Ihre Aussage? Laut Linda Marshalls Armbanduhr war es ein Viertel vor zwölf. Sie wissen nicht, ob es tatsächlich so spät war, als Sie weggingen. Sie wissen nur, dass sie es behauptete. Sie meinten selbst, dass die Zeit sehr schnell vergangen sei.»
    Sie starrte ihn betroffen an.
    «Überlegen Sie, Madame, als Sie vom Strand aufbrachen, gingen sie da schnell oder langsam ins Hotel zurück?»
    «Ich – ich glaube, eher langsam.»
    «Erinnern Sie sich noch an Einzelheiten?»
    «Nicht sehr. Ich – ich habe nachgedacht.»
    «Entschuldigen Sie, wenn ich das frage: Über was haben Sie nachgedacht, während Sie ins Hotel zurückgingen?»
    Christine errötete. «Ich nehme an – wenn es wichtig ist… Ich überlegte, ob – ob ich nicht abreisen sollte. Ob ich nicht einfach abreisen sollte, ohne meinem Mann etwas zu sagen. Ich – ich war sehr unglücklich, verstehen Sie.»
    «Mein Gott, Christine!», sagte Patrick Redfern. «Ich weiß… ich weiß ja…»
    «Eben!» Poirots Stimme klang sachlich und kühl. «Sie dachten über etwas sehr Wichtiges nach. Ich möchte behaupten, dass Sie für Ihre Umgebung blind und taub waren. Vermutlich gingen Sie sehr langsam und blieben hin und wieder stehen, während Sie über Ihre Probleme nachgrübelten.»
    Christine nickte. «Wie klug Sie sind. Genauso war es. Als ich vor dem Hotel stand, schien es mir, als erwache ich aus einer Art Traum. Ich lief hinein und hatte Angst, dass ich sehr spät dran sei, aber nach der Uhr in der Halle hatte ich noch eine Menge Zeit.»
    «Eben», sagte Hercule Poirot wieder. Er wandte sich an Marshall. «Ich bin leider gezwungen, Ihnen von ein paar wichtigen Entdeckungen zu erzählen, die ich nach dem Mord im Zimmer Ihrer Tochter machte. Im Kamin lagen ein großes Stück geschmolzenes Wachs auf dem Rost, versengte Haare, Papierreste und eine Nadel. Die Papierreste sind vielleicht nicht weiter wichtig, aber die anderen drei Dinge waren aufschlussreich – besonders, nachdem ich im Bücherregal ein Bändchen aus der Leihbibliothek des Ortes über Magie und Zauberei fand. Das Buch öffnete sich sofort an einer bestimmten Stelle. Auf dieser Seite wurden verschiedene Methoden beschrieben, wie man den Tod einer bestimmten Person herbeiführen konnte, indem man eine Wachspuppe von ihr anfertigte. Diese Wachsfigur musste man dann langsam braten, bis sie zerschmolzen war – oder man stieß ihr eine Nadel tief hinein, bis ins Herz. Das würde den Tod der betreffenden Person zur Folge haben. Ich erfuhr später von Mrs Redfern, dass Linda Marshall an jenem Morgen schon zeitig unterwegs gewesen war und ein Päckchen Kerzen gekauft hatte. Sie war sehr verlegen geworden, als Mrs Redfern entdeckte, was in dem Päckchen war. Mir ist völlig klar, was dann geschah. Linda formte eine kleine Wachsfigur und stattete sie
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