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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir
Autoren: Linda Ladd
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kannte das schon aus Erfahrung. Doch ich war bereit für einen neuen Fall, und außerdem schossen Selbstmörder normalerweise nicht zurück. Aber wer konnte das wissen? In Anbetracht unserer letzten Fälle war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass dieser hier eine Ausnahme machte.
    »Schon, doch der Typ ist nicht gesprungen. Sie haben ihn an der Brücke baumelnd aufgefunden.«
    »Willst du mich veräppeln? Er hat sich erhängt anstatt runterzuspringen?«
    »Yes.«
    »Das ist ja eine ganz neue Methode.«
    »Wer hat sich erhängt?«, fragte Black.
    Ich antwortete nicht. »Hat das Opfer auch einen Namen, Bud?«
    »Bis jetzt noch nicht. Sie haben die Brücke gesperrt und warten jetzt auf uns.«
    »Wo bist du?«
    »Unterwegs zum Bronco.«
    »Wir treffen dich dort.« Ich sah Black fragend an. Er nickte. Inzwischen schien er neugierig geworden zu sein. Ein eindringliches Funkeln stand in seinen blauen Augen, genau wie bei mir. Das ist auch eine unserer Gemeinsamkeiten.
    »Der Letzte gibt eine Runde Krispie Kremes aus, Schoko mit gehackten Nüssen.«
    Das klang schon eher wie mein alter Bud. Essen im Kopf, Ehrgeiz im Blut und Doughnutgeruch im Atem.
    »Wir werden dich in unserer Bugwelle zurücklassen, Bud.«
    Bud legte auf. Zweifellos trat er bereits das Gaspedal durch. Wenn wir Glück hatten, würde er vielleicht auf dem Weg zum anderen Seeufer in einen Stau geraten.
    Ich sah Black an. »Wir haben einen Selbstmord auf der Brücke, und ich muss sofort hin. Kommst du mit?«
    »Worauf du dich verlassen kannst.«
    Manchmal hatte Black mehr Spaß an meinem Job als ich selbst. Vermutlich kann es manchmal recht langweilig sein, ständig Leuten zuzuhören, die auf einer Couch herumliegen und über ihre Probleme jammern.
    Während Black das PS-starke Cobalt geschickt aus der Bucht lenkte und Vollgas gab, zog ich hastig Jeans und ein schwarzes T-Shirt über den Bikini, schnürte meine Nikes zu, schnallte beide Waffen um und hängte mir die Kette mit meiner Dienstmarke um den Hals. Nun fühlte ich mich wieder wie ein vollständiger Mensch. Ich stellte mich neben ihn auf die Brücke und genoss die Geschwindigkeit, den Wind in meinem kurzen, von der Sonne gebleichten Haar und den wunderschönen rotvioletten Sonnenuntergang. Er malte über den Bäumen am Horizont Wirbel in den Himmel, die an ein expressionistisches Gemälde erinnerten. Mit überhöhter Geschwindigkeit rasten wir über den See, aber das ist eben typisch Black mit seinen großen, teuren Spielzeugen.
    Ja, ich würde die Fahrt auskosten, solange ich konnte. Denn es würde sicher kein Vergnügen werden, einen Selbstmörder vom Seil zu schneiden und einer Familie mitzuteilen, dass ein geliebter Angehöriger fort war. Für immer. In einem Sekundenbruchteil. Auf Niemehrwiedersehen. Nein, so etwas stand eindeutig nicht auf der Liste meiner zehn Lieblingsbeschäftigungen.

Zwei
    Einige Minuten später hatten wir den Kanal erreicht und brausten auf die Grand Glaize Bridge zu, die den Highway 54 über den gleichnamigen Nebenarm des Sees und Osage Beach leitet. Es ist eine der dicht befahrendsten Gebiete im Landkreis. Zahlreiche Boote voller neugieriger Sonntagsausflügler waren uns zuvorgekommen, trieben nun am Rand des abgeriegelten Bereichs und versuchten festzustellen, was die Polizei da machte. Die Wasserschutzpolizei hatte bereits die Stelle direkt unter der Brücke sowie eine Zone von jeweils dreißig Metern an jedem Ufer abgesperrt. Dennoch drängten sich die Schaulustigen so nah wie möglich heran; ihre Boote tanzten in den Bugwellen der eintreffenden Polizeifahrzeuge. Die untergehende Sonne spiegelte sich in mindestens zwanzig Ferngläsern und ließ sie aufleuchten wie die Augen einer Katze in einer dunklen Seitengasse.
    Während wir uns langsam der Sandbank unter den Brückenpfeilern näherten, klapperte ein Kollege von der Wasserschutzpolizei einen Gaffer nach dem anderen ab, um die Party zu beenden. Zum Glück war noch kein einziger Reporter in Sicht, doch die würden nicht lange auf sich warten lassen. Black schaltete den Motor ab und ließ das Cobalt auf die Sandbank gleiten. Als das Boot endlich zum Stehen kam, kletterte ich von Bord, sprang herunter und spähte die Böschung hinauf, wo sich einige Mitarbeiter des Sheriffs um eine ziemlich weit von uns entfernte Betonstrebe versammelt hatten. Ich sah, wie der Körper des Toten in der steifen Brise baumelte, die inzwischen über dem Wasser aufgekommen war.
    »Du wartest besser hier, bis ich die Lage sondiert habe«,
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