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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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der Rat wirklich meinen Tod beschlossen hat, musst du mich gehen lassen. Bitte Kristina, ich will, dass du dich der Entscheidung des Rates beugst. Ein neues Leben liegt vor dir. Wirf es nicht weg wegen mir.“
    „Das kannst du nicht von mir verlangen“, stieß sie hervor.
    „Doch, das kann er“, sagte eine tiefe Stimme hinter ihr.
    Erschrocken fuhr Kristina herum. Nahum stand in der Tür, begleitet von einem seiner Lakaien. Er betätigte einen Schalter. Grelles Licht durchflutete das Kellergewölbe. Nahum seufzte tief und schüttelte den Kopf, so als wäre er im Begriff, ein ungehorsames Kind zu tadeln. „Was ist es nur, dass euch beide dermaßen aneinander bindet? Ich muss gestehen, dass mich das brennend interessiert.“
    Er betrachtete Kristina eingehend, so wie ein Verhaltensforscher einen Probanden betrachten würde. Die Blässe seiner schwarzen Haut war durch einen kaum wahrnehmbaren Grauton zu erkennen. „Liebe scheint etwas Wunderbares und Törichtes zu sein“, fuhr er fort. „Ich selbst habe schon seit Jahrhunderten nicht mehr geliebt, ich habe vergessen, wie es sich anfühlt.“
    Er hielt vor Kristina inne und studierte ihr Gesicht. „Mein Dasein ist kalt und leer.“
    „Bitte lass Kristina gehen“, bat Marcus. „Sie trifft keine Schuld.“
    Nahum reagierte nicht auf seine Worte, er schien vollständig in die Betrachtung von Kristinas Gesicht vertieft zu sein. „Wie fühlt es sich an, zu lieben?“, fragte er mit samtweicher Stimme. „Dieses Geheimnis würde ich nur allzu gerne ergründen.“
    Er senkte den Blick, ergriff ihre Hand und strich mit den Fingerspitzen über ihren Handrücken, so zart, als würde eine Feder über ihre Haut gleiten. Kristinas erster Impuls war, die Hand wegzuziehen, doch etwas hielt sie zurück. Ein wohliger Schauer rieselte über ihre Haut. Sekundenlang strich er über ihre Fingerknöchel, ertastete die Sehnen unter der Haut. Schließlich stieß er einen tiefen Seufzer aus und ließ sie los. „Verlier deine menschlichen Gefühle nicht, Kristina. Sie sind dein wertvollster Besitz.“
    „Was soll das, Nahum? Was bezweckst du mit deinem Tun?“, fragte Marcus ärgerlich.
    Nahum zuckte mit den Schultern. „Es war ein Versuch.“
    „Ein Versuch für was? Kristina zu verführen?“
    Nahum warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Du würdest das nicht verstehen. Nicht jede Berührung hat mit Verführung zu tun.“
    Kristina merkte, dass Marcus zornig wurde, und griff schnell in das Gespräch ein. „Was geschieht jetzt mit uns? Ist der Rat zu einer Entscheidung gelangt?“
    Nahum nickte. „Das ist er in der Tat. Leider muss ich euch mitteilen, dass sie ihre Meinung nicht geändert haben. Marcus del Casals wird zum Tode verurteilt.“
    Obwohl sie es gewusst hatte, traf es sie doch wie ein Schlag ins Gesicht. „Nein“, stieß sie hervor.
    „Ich liebe dich“, sagte Marcus durch das Sichtfenster hindurch und an Nahum gewandt: „Wann?“
    „Morgen um Mitternacht soll das Urteil verkündet und im Anschluss gleich vollstreckt werden.“
    „Nein“, schrie Kristina. „Bitte Nahum. Kannst du denn gar nichts für ihn tun?“
    „Leila hat mich vor wenigen Minuten das Gleiche gefragt, allerdings hatte sie, im Gegensatz zu dir, ein paar schlagkräftige Argumente. Ich kann das Urteil jedoch nicht rückgängig machen.“
    „Aber du bist der Oberste des Rates“, entgegnete Kristina.
    „Wir sind demokratisch organisiert. Ich kann das Urteil nicht eigenmächtig zurücknehmen, aber Leila war in ihrer Bitte um das Leben ihres Vaters sehr überzeugend und vielleicht gibt es etwas, was ich tun kann.“
    „Was? Bitte sag es mir. Was kannst du tun?“ Sie blickte ihn flehend an.
    „Zuerst musst du mir etwas versprechen“, forderte er.
    „Ich verspreche alles, was ist es?“
    „Du musst dafür sorgen, dass Leila bei mir bleibt. Du darfst keinen Einfluss mehr auf ihre Erziehung nehmen. Ich alleine werde sie lehren und die Verantwortung für ihre weitere Entwicklung übernehmen. Du kannst sie besuchen, doch du wirst nicht mit ihr leben. Du wirst übrigens auch nicht mit Marcus leben, denn wenn mein Vorhaben gelingen soll, darf er sich nicht in deiner Nähe aufhalten.“
    Schreck und Erleichterung durchfluteten Kristina. Wenn sie Nahums Vorschlag annahm, durfte sie nicht mehr bei denen sein, die sie liebte. Sie wäre allein. Wenn sie ihn jedoch ablehnte, würde Marcus sterben und Leilas Zukunft wäre ungewiss. Hatte sie überhaupt eine Wahl?
    „Ich verspreche es. Aber du
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