Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
Lichtenthaler Allee entlanggehen und erst weiter vorn über eine der Brücken wieder in die Stadt einbiegen, aber auch so herum ist es zu unserem Gasthof nicht mehr weit.«
    Flora nickte. So viele schöne Geschäfte – wenn sie davon ihrer Freundin Suse erzählte … Dann zeigte sie auf die gegenüberliegende Zeile mit Läden. »›Maison‹, ›Confections‹, ›Chocolatier‹ – findest du so viel Französisches nicht ein bisschen … affektiert?«
    Â»Bei den vielen französischen Gästen nenne ich das eher geschäftstüchtig. Aber ob diese Gäste zukünftig noch kommen?«
    Â»Mutter, schau doch nur – ein Blumenladen!« Abrupt blieb Flora vor dem letzten Geschäft in der Reihe stehen. Die drei großen Schaufenster waren mit riesigen Rosenbuketts dekoriert, die in silbernen Gefäßen standen, und zwischen den Fenstern, deren Rahmen golden lackiert waren, befanden sich große Kübel mit Tannenbäumen. Alles zusammen wirkte so edel, so fein …
    Dieses Geschäft hatte nichts gemeinsam mit dem Laden der Frau Gruber, wo es außer Blumen auch Gemüse zu kaufen gab und auf dessen Boden stets die Abdrücke schmutziger Schuhe zu sehen waren.
    Â»Diese Farben … Wo kriegen die mitten im Winter nur die blühenden Rosen her?« Floras Stimme war ganz leise geworden. Dann wandte sie sich stürmisch zu Hannah um. »Liebste Mutter – bitte, können wir hineingehen? Nur mal gucken? Wenn wir schon mal hier sind …«
    Â»Kind, wir müssen noch zu unseren –«
    Â»Nur ganz kurz, ja? Schau, da betritt eine Kundin das Geschäft! Wie elegant sie aussieht …«
    Â»Maison Kuttner, hm …« Hannah schüttelte den Kopf. »Gehört auf alle Fälle nicht zu unserer Kundschaft. Wahrscheinlich züchten die ihre Blumen nicht selbst, sondern lassen sich die blühende Ware liefern.« Ihr Blick wanderte zwischen Flora, dem Blumenladen und der großen Kirchturmuhr auf der anderen Straßenseite hin und her.
    Â»Also gut, wenn du hinterher nicht mehr allzu sehr trödelst …«
    Â»Tausend Dank!« Ein rascher Kuss auf Hannahs Wange – und schon war Flora halb im Laden.

    Der Blick der Verkäuferin wanderte über Hannahs Zwerchsack und ihren Umhang hinab zu den derben Stiefeln. Ihre Miene verzog sich, als habe sie einen Hundehaufen oder etwas ähnlich Unappetitliches erblickt. Mit spitzem Zeigefinger deutete sie auf die Tür.
    Â»Der Dienstboteneingang liegt hinter dem Gebäude …«
    Auch ihre beiden Kolleginnen hinter der Ladentheke musterten Flora und ihre Mutter abschätzig.
    Flora, die mit weit aufgerissenen Augen die exotischen Blumen und Gewächse bewunderte, fühlte sich im ersten Moment gar nicht angesprochen. Passionsblumen, Malvenblüten, weiß blühende Myrte …
    Â»Wir wollen lediglich Ihr Angebot ansehen.« Hannahs kühl vorgebrachte Erwiderung riss Flora aus ihren Betrachtungen. Irritiert schaute sie die Mutter an, die fortfuhr: »Doch ich befürchte, dass Rosen im Winter nicht unseren Geschmack treffen, wir ziehen das … Natürliche vor!« Die Nase höher gereckt als alle anderen anwesenden Damen, stapfte Hannah aus dem Laden.
    Flora folgte ihr mit steifem Rücken.

    Â»Was für unverschämte Ziegen«, zischte Flora, kaum dass sie draußen waren. »Hast du diese lächerlichen gerüschten Kleidchen gesehen? Die passen vielleicht in einen Zuckerbäckerladen, aber gewiss nicht in ein Blumengeschäft!« Mit jedem Wort stieß Flora eine weiße Atemwolke aus, die kurz in der kalten Luft stehen blieb, bevor sie sich auflöste.
    Â»Und dann die Rosen – die Kunst der Rosentreiberei ist in Paris oder Hamburg sehr gefragt, aber ich persönlich finde sie schrecklich! Rosen im Winter – das ist wie Weihnachten im August!«, schnaubte auch Hannah. Ein Pferd, das gerade an ihnen vorbeizog, wandte den Kopf zu ihnen um und wieherte eifrig mit.
    Die beiden Frauen lachten.

    Flora staunte darüber, wie zielsicher die Mutter sie durch die Stadt führte: Am Ende der Promenade überquerten sie einen kleinen Platz, dann kamen sie in die Sophienstraße, dort hieß es Obacht geben und den Abzweig in die Stephanienstraße nicht verpassen.
    Â»Schau mal, dieses Sommerpalais hat einst die französischeGroßherzogin
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher