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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben
Autoren: Axel Hacke
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bitte sehr, dessen Vater Hans Gross Kriminalistik-Professor war und Begründer der Daktyloskopie, der Wissenschaft vom Fingerabdruck. Ich stieß zu einer Betrachtung vor, in der analysiert wurde, warum Kaiser Franz Joseph ein unreifer Mann war.
    Ich lernte viel und ging bereichert nach Hause. Ich beschloss, weniger zu arbeiten. Mich mehr zu bilden.
    Bin gespannt, was es morgen im »Roten Ochsen« zu essen gibt.

Ich sehe was, was du nicht siehst
    S eit mehr als zehn Jahren bin ich mit Paola verheiratet, und immer noch liebe ich das Leichte, Spontane, Unorganisierte ihres Wesens, so sehr ich manchmal darunter leide. Ich bin ein schwerblütiger, planender, unspontaner, superpünktlicher, überorganisierter Mensch. Jedoch leide ich auch unter meinem eigenen Charakter – wie es überhaupt wenige Dinge im Leben gibt, unter denen ich nicht leide. Ich wäre gerne wie Paola. Aber ich bin es nicht. Wenigstens bin ich mit ihr verheiratet, mehr als zehn Jahre, wie gesagt.
    Nach zehn Jahren gibt es wenig, das man nicht voneinander wüsste. Es gibt keine Geschichte aus dem Leben des anderen, die man noch nicht von ihm gehört hätte, und wenn ich – egal in welcher Runde – zum Beispiel die berühmte Anekdote von meinem Onkel Walter erzähle, der zwei Goldfische verschlucken und lebend wieder ausspucken konnte, dann winkt Paola ab und sagt: »Ach, das habe ich schon oft gehört.« Dafür gehe ich immer austreten, wenn Paola berichtet, dass ihre Tante Karla zur Freude von Nichten und Neffen ihre Perücke einige Zentimeter über dem Kopf schweben lassen konnte.
    Was das Kino angeht, so haben wir leider unterschiedliche Vorlieben: Ich sitze am liebsten so weit wie möglich hinten, Paola aber nimmt gern die vorderen Reihen – sie sehe dann besser, sagt sie. Jedesmal, wenn wir ins Kino gehen, gibt es einen kleinen Streit darüber. Dann gibt es noch einen etwas größeren Streit, wenn Paola kurz vor dem Filmstart ihre Brille zu suchen beginnt, in der Handtasche, in der Jacke, in meinem Mantel – überall. Und einen richtig großen Streit gibt es, wenn sie die Brille nicht findet. Meistens ist die Brille aber irgendwo in einem hinteren Handtaschenwinkel, und wenn ich mich gerade aufzuregen beginne, findet Paola sie, setzt sie auf und sagt: »Was regst du dich auf – hier ist sie doch!«
    Neulich gingen wir in das kleine Kino, das genau gegenüber unserem Haus liegt. Luis war bei der Oma. Paola wartete noch auf einen wichtigen Anruf.
    Ich sagte: »Ich gehe schon rüber und halte Plätze frei. Soll ich deine Brille mitnehmen, damit du sie nicht vergisst?«
    »Nein«, sagte Paola. »Nicht nötig.«
    »Bist du sicher?«
    »Absolut.«
    Das Foyer war voll. Ich konnte mich nicht nach vorne drängeln, sondern zwängte mich mit der Menge ins Kino. Das Kino ist sehr klein, die Leute besetzten rasch alle Sitze. Nur in der vorletzten Reihe fand ich noch zwei zusammenhängende Plätze. Ich belegte sie. Paola kam nicht. Licht aus. Werbung. Fünf Minuten. Zehn Minuten. Tür auf: Paola. Ich winkte im Dunkel. Sie sah mich nicht. Suchte in den vorderen Reihen. Ich winkte. Rief leise. Sie kam zu mir.
    »Jetzt sind wir zehn Jahre verheiratet!«, murmelte sie. »Du weißt, dass ich nicht hinten sitzen möchte.«
    »Vorne waren keine Plätze. Warum bist du so spät?«
    »Ich habe meine Brille nicht gefunden.«
    »Und wo hast du sie jetzt?«
    »Hier, in der Handtasche.«
    Sie begann, in ihrer Handtasche zu kramen. Suchte die Brille. Suchte. Und suchte.
    Und fand sie nicht.
    »Sie muss rausgefallen sein«, flüsterte Paola. Sie begann auf dem Fußboden zu suchen. Ich kroch ebenfalls unter den Sitzen umher. Die Leute um uns wurden unruhig. Einige murrten leise. Der Hauptfilm begann.
    »Jetzt habe ich sie doch auf der Kommode liegen lassen«, sagte Paola leise. Plötzlich lag ihre Hand auf meinem Knie. »Schatziiii… Es ist gleich gegenüber. Und du sitzt außen.«
    Ich ließ einen halblauten, unterdrückten Wutschrei los. »Ist jetzt bald Ruhe da hinten?!«, rief jemand. Ich stand auf, verließ das Kino, ging hinüber und suchte Paolas Brille. Und suchte. Und suchte. Und fand sie nicht. Ich ging schließlich zum Schreibtisch und nahm aus der Schublade eine Ersatzbrille, die sie dort verwahrte.
    Als ich ins Kino zurückkehrte, hatte Paola ihre Brille auf. »Ich habe sie doch noch gefunden«, sagte sie. »Stell dir vor: in meiner Jacke. Entschuldige tausend Mal.«
    Ich stöhnte auf. Sie nahm meine Hand und küsste sie. »Liebst du mich?«, fragte
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