Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben
Autoren: Axel Hacke
Vom Netzwerk:
»Döner-Store’s«?
    Das ist ein bisschen unheimlich, was? Aber es ist anscheinend nur ein winziger Ausschnitt aus einem globalen Geschehen: dem ganz und gar unaufhaltsamen Vordringen des Apostrophs, welcher, wohl vom angelsächsischen Genitiv (McDonald’s, His masters’s voice) ausgehend, allmählich nicht nur unsere Genitive, sondern überhaupt alle Wörter zu durchdringen und auf unvorhersehbare Art und Weise zu erobern scheint. Man fühlt sich an jene Wegschnecken-Art erinnert, welche ursprünglich auf der Iberischen Halbinsel zu Hause war und dort durch die natürliche Trockenheit des Landes sozusagen in Schach gehalten wurde, was ihre Geburtenzahl anging. Durch irgendwelche Obst- oder Gemüsetransporte gelangte sie zu uns, ins Land ewigen Regens, wo sie nun wie im Paradies lebt, sich exponentiell vermehrt und den Anbau von Pflanzen in manchen Gärten nahezu unmöglich macht.
    Kürzlich las ich in den Hausnachrichten der Versandartikel-Firma Manufactum , man habe sich dort einmal die Mühe gemacht, eine Internet-Suchmaschine mit der Fahndung nach dem Begriff »Nicht’s« zu beauftragen. Es gab 2690 Fundstellen, darunter die Verzweiflungspoesie eines jungen Dichters (oder Dichter’s?): »Ich bin nicht’s. Nicht’s. Nur Dunkelheit und Schwärze.« Was soll man dazu sagen? Nichts? Oder nicht’s? Oder soll man sich erregen und wie der Schleizinger-Hans in Oskar Maria Grafs Bayerischem Dekameron ausrufen: »Tua’s Messa aussa, Simmerl, der muaß hi sei!«? Im Internet findet man ja unterdessen schon Kämpfer (www.diebombe.de) gegen den Apostroph, die zum »Apostrophozid« aufrufen: »Alle nichtexistenzberechtigten Apostrophe müssen aus dem öffentlichen Leben verschwinden.«
    Ach, so’n Fanatismus, nee…
    Übrigens, tua’s Messa aussa… Bei Graf oder Ludwig Thoma gibt es Sätze, die von Apostrophen nur so wimmeln, in Thoma’s (Achtung: das ist mal ein sinnvoller Genitiv-Apostroph!) Stück Magdalena zum Beispiel: »Gafft’s no her und schlagt’s d’ Händ z’samm.« Bloß hat der Apostroph hier, wenngleich ziemlich regellos verstreut, einen Sinn: Er markiert eine Auslassung. Das ist ja sozusagen des Apostrophs Aufgabe im Leben und beim Schreiben: Er soll etwas leichter lesbar machen. Wohingegen die Apostrophe an einer Berliner Imbissbude einem eher wie kleine satte Rülpser oder eine Art Schluckauf vorkommen: »Hier kann’ste futtern wie bei Mutter’n.«
    Dieses Beispiel habe ich übrigens nicht selbst gesehen, sondern auf der Apostroph-S-Hass-Seite von Daniel Fuchs unter http://members.aol.com./apostrophs gefunden. Dort gibt es Einsendungen von Apostroph-Hassern aus Frankreich (»Rollmop’s au Vinaigre de Vin Doux«), Indien (»In a few day’s…«), Heilbronn (»Müslim’s Kebap«) und dem gesamten Internet, in welchem der Apostroph in bisher undenkbaren Varianten auftritt, etwa in Thomas’s Homepage, MORGERS’s Homepage, Georgs’ Link Site und auch – bitte sehr, ein irgendwie abgesoffener Apostroph – Meyer,s Homepage .
    Wird es bald überhaupt nur noch Wörter mit Apostroph geben? Lui’s? B’osch? Pa’ola?
    Kann es sein, dass es irgendwann gar keine Wörter mehr gibt, nur noch ’’’’’’?
    Schon jetzt ist fast nichts mehr denkbar, das es nicht längst gäbe: Auf Fuchsens Website findet man:
    – die Werbung eines Dresdner Antiquitätenhändlers »Kaufe alles aus Oma’ß Zeiten«,
    – das an der Uni Marburg vergebene Dissertationsthema »Musik und Literatur im Exil – Dodekaphone Exilkantaten Hann’s Eislers«,
    – einen Text über den französischen Winzer Roland Bouchancourt und »seine L’eidenschaft für Authentizität«.
    Was soll man sagen? Soviel Dunkelheit und Schwärze. Soviel Wahnsinn und Gewimmel. Ich schließe für heute mit dem Text einer Todesanzeige im Göttinger Tagblatt : »Warum nur, Pap’s?«

Aus wessen Schoß geht das Eis hervor?
    W enn ich nicht schlafen kann, lese ich Bosch, meinem sehr alten Kühlschrank und Freund, nachts vor. Ich mache das schon lange so, angefangen habe ich mit Jandl, von dem ich Bosch eines Tages aber dieses Gedicht hier vortrug, es heißt kühlschrank :

    »er onaniert
    ununterbrochen.
    es zittert das ganze haus.
    abhilfe:
    man schleicht sich an,
    reißt die tür auf
    – sofort
    hört er auf.
    man schlägt die tür zu;
    einige zeit bleibt ruh.«

    »Was für ein Schmarrn!«, knurrte Bosch. Er war so ärgerlich, dass ich ihm seitdem keinen Jandl mehr vorlesen darf, nicht mal kaltes gedicht , pst, hier:

    »die schinke und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher