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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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sich wünsche, so en passant. Das hast du vergessen. Sie, jetzt, schnippisch, ob dir nichts einfalle? Natüüüüürlich, sagst du, wolltest nur wissen, ob zusätzlich zu dem, was du bereits habest, noch ein klitzekleiner Wunsch da sei… Nein, nichts. Sie freue sich auf die Überraschung. Ächz. Ein Fehler! Der Druck wird groß! Du spürst ihn, oh, wie du ihn spürst.
    Du kaufst jetzt kleinere Dinge. Onkels, Tanten. Dann die schwierigeren, Schwiegereltern. Den Sohn, dafür sorgt deine Frau. Und deine Frau selbst?
    Noch drei Tage.
    Du hast nichts. Du musst den Christbaum… Und den Wein…
    Noch zwei Tage.
    Mal in die Schmuckgeschäfte! Letztes Jahr hast du ihr einen Ring geschenkt, vorletztes eine Kette. Diesmal: Armreif? Armreife sind schwierig. Die Schmuckidioten machen alles mögliche, nur keine guten Armreife. Alles mächtig, fett, protzig. Nichts Feines, Zartes, das ihre Persönlichkeit, ihr Fühlen träfe.
    Noch einen Tag.
    Vor sechs Monaten hast du einen tollen Reif gesehen. Hast aber nicht an Weihnachten gedacht. Idiottttt! Jetzt gibt es nichts. Warum musstest du dich auf Armreife festlegen? Zu eng gedacht. Bist nicht flexibel genug. Steckst nun in der Sackgasse.
    In der Maximilianstraße hast du mal was Schönes für sie gekauft. Arschteuer. Schweißausbruchteuer. Egal jetzt.
    Noch zwei Stunden!
    Du kannst nicht ohne was kommen. Kannst ihr keinen Gutschein geben. Kannst nicht sagen, das Geschenk sei gestohlen worden. Kannst nicht sagen, auf der ganzen Welt gebe es keinen Gegenstand, schön genug für sie. Ob der Laden noch offen hat? Du schwitzt. Kann sein, dass heute abend alles zu Ende ist. Dass deine Hände leer sein werden. Dass es dein letztes Weihnachten ist. Dass sie weint. Dass dein Sohn sie trösten muss.
    Du stürzt ins Geschäft. Der Laden zur letzten Hoffnung. Geben Sie mir einen Armreif, Mann! Sie haben nur noch diesen einen? HER! Hier geht’s um die Existenz. Du wirst sagen, dass er zu ihr passt. Du weißt genau, dass er nicht zu ihr passt. Du weißt, dass sie das auch sagen wird. Du wirst sagen, dass du es anders siehst. Wirst quatschen. Dass der klobige Reif ihre Zartheit betont. Die Eleganz ihres Handgelenks hervorhebt. Dass aus diesem Widerspruch Spannung erwächst. Dass du das schön findest.
    Kann man umtauschen? Kann man. Wird man. Ich komme wieder. Erst mal schenken. Das ist jetzt das wichtigste. Nächstes Jahr wirst du die Geschenke übers Jahr verteilt kaufen. Hier was mitnehmen, da was auswählen, dort was bestellen.
    Sehr locker sein.

»Sie sind ja sooo wichtig!«
    S ie hatte Locken, goldrot wie Kirschholz, ein schmales, klares Gesicht, Augen dunkelgrün. Als sie mir nach der Lesung das Buch zum Signieren hinlegte, sah sie mich länger an, als ich es gewohnt bin, wenn man mir ein Buch zum Signieren hinlegt. Ich beugte mich betäubt über die Seite und schrieb meinen Namen. An die Stelle, an die das Datum kommt, setzte ich meine Handy-Nummer. Klappte das Buch zu, gab es ihr zurück.
    Als ich das Exemplar des Nächsten in der Schlange signierte, dachte ich: Handy-Nummer! Plumper ging’s nicht, was? Wie der stumpfsinnigste Immobilien-Typ! »Sie sind schön, ich bin verwirrt, ich habe meinen Namen vergessen«, hätte ich schreiben sollen, dann die Nummer. Was für eine peinliche Scheiße! Wo ist sie? Muss ihr das Buch wegnehmen.
    Sie war verschwunden.
    Ein paar Tage später war ich mit Paola abends in der Stadt.
    »Wir haben nichts zu essen daheim«, sagte sie. Wir standen vorm Dallmayr und gingen hinein. Der Laden war brechend voll. Am Marmeladenregal klingelte das Handy.
    »Ich wollte die Nummer im Buch ausprobieren«, sagte eine rothaarige Stimme.
    Ich drehte mich um. »Hallooo…«, telefonierte ich ins Marmeladenregal hinein.
    »Wer ist das?«, fragte Paola leise. Ich machte eine abwehrende Handbewegung. Sie schob sich durch das Gewühl zur Salattheke.
    In dem Moment trat ein älterer, kleiner Mann in einem abgetragenen grauen Lodenmantel neben mich, starrte böse und zischte: »Mein Gott, jetzt telefonieren die Leute schon beim Dallmayr!« Er machte eine Pause, dann sagte er: »Sie sind ja so wichtig, mein Gott, wie wichtig! Müssen beim Dallmayr telefonieren, so wichtig!«
    »Ist der Dallmayr eine Kirche, oder was?«, sagte ich.
    »Sind Sie noch da?«, fragte ich ins Telefon.
    »Natürlich«, sagte sie.
    Der Mann zischte wieder: »Sie sind ja sooo wichtig!«
    »Was wollen Sie? Lassen Sie mich in Ruhe!«, sagte ich. »Aber Sie haben doch die Nummer in das Buch geschrieben!«,

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