Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
mußte, um bei der Heimkehr in ihre vier Wände zu gelangen. Dabei, so
sagte ich mir, würde ihr aufgehen, wo sie ihre Tasche liegengelassen hatte, und
das erste, was sie in ihrer Wohnung tat, war zweifellos, die Kette vorzulegen.
Immerhin war die Sache einen Versuch wert, zumal ich ja nichts anderes zu
verlieren hatte als Schlaf.
    Das Taxi hielt zwanzig Minuten
später vor dem Appartementhaus. Es hatte fünf Geschosse und stand zwischen
First und Second Avenue, und irgendwie wollte es gar nicht zum Kleopatra-Image
passen. Ihre Wohnung lag im obersten Stock, und als ich vor der Tür stand,
empfand ich so ein flaues Gefühl im Magen; meine Phantasie lief Amok und
gaukelte mir vor, sie stehe hinter dieser Tür, mit einem Achtunddreißiger in
der Hand. Ich sah die Schlagzeile vor mir: >Zum Einbrecher gewordener
Detektiv beim ersten Versuch erschossen< — und mein Verstand schickte sich
wieder an zu streiken.
    Nach zwei erfolglosen Versuchen
öffnete der dritte Dietrich das Schloß. Ich drehte den Knopf, gab der Tür einen
leichten Schubs, und sie schwang auf. Sobald ich die Wohnung betreten hatte,
schloß ich die Tür ganz sachte hinter mir und lehnte mich mit dem Rücken
dagegen. Aus einer offenen Tür fiel ein helles Viereck Licht ins Wohnzimmer,
und ich drückte mir die Daumen, sie möge sich im Bad oder an anderem günstigen
Orte aufhalten. Auf Zehenspitzen schlich ich ins Wohnzimmer, drückte mich an
die Wand neben der offenen Tür, und dann lugte ich blitzschnell hinein.
    Liz Ames lag hingestreckt auf
dem Bett und schien rasch eingeschlafen zu sein. Der Kopf war im Kissen
vergraben, und sie trug noch ihre Kleopatra-Ausrüstung. Auf halbem Wege zu ihr
stieß mein Fuß an etwas Hartes, und mir wurde gleich ein ganzes Stück wohler,
als ich sah, daß es sich um meine Waffe handelte. Ich hob sie auf und steckte
sie ein, dann trat ich ans Bett. Liz reagierte nicht, als ich sie an der
Schulter rüttelte, und deshalb drehte ich sie schließlich auf den Rücken.
    Ihre weitoffenen Augen starrten
mich blicklos an, und das Blut sickerte noch aus der Schußwunde in ihrer linken
Schläfe. Eine ganze Weile stand ich so da und blickte auf sie hinab, dann erst
begann mein Geist wieder zu funktionieren. Ich riß den Achtunddreißiger aus der
Tasche, und zwei Sekunden später bestätigte sich meine böse Ahnung: Die Kammer
unterm Hammer war leer, und in der Trommel steckten nur noch fünf Kugeln. Ich
brauchte kein Genie zu sein, um mir auszurechnen, daß die sechste Kugel in Liz’
Kopf steckte — und daß ich die Mordwaffe in der Hand hielt.
    Ich durchsuchte die Wohnung so
gut, wie das in zehn Minuten zu machen war, und fand dabei weder das
Tonbandgerät noch das Band. Es war als sicher anzunehmen, daß der Mörder beides
mitgenommen hatte. Damit stand ich vor einer ganzen Reihe von Fragen, und ich
wußte keine einzige Antwort. Der Mörder mochte Liz’ Komplize gewesen sein, und
deshalb hatte sie sich nichts daraus gemacht, ihre Tasche in meiner Wohnung
liegenzulassen — weil sie wußte, er war in ihrer Wohnung und würde ihr öffnen.
Oder besaß er vielleicht einen zweiten Schlüssel und war gekommen, während sie
weggewesen war? Oder... Aber was, zum Teufel, lag schon dran: Jedenfalls saß
ich jetzt bös in der Patsche. Das einzige, was mir blieb, war mich hier
schleunigst zu verdrücken.
    Mit einemmal schien mir Santo
Bahia ein wundervolles Reiseziel, und ich konnte es kaum erwarten, in der Frühe
das erste Flugzeug zu besteigen. Aber warum eigentlich dort Station machen?
Warum nicht gleich weiter fliegen, nach Rio oder Buenos Aires? Es gab nur einen
Weg, das Problem zu lösen — und der war, Liz Ames’ Mörder zu finden, ehe die
New Yorker Kripo mich am Kragen packte!

3
     
    »Zimmer sieben-zwei-acht«,
sagte der Empfangschef gutgelaunt. »Es wird Ihnen gefallen, Mr. Boyd. Man hat
eine wundervolle Aussicht auf den Strand.« Er wandte sich nach den Brieffächern
um. »Hier sind zwei Nachrichten für Sie.« Er strahlte, während er sie mir
hinlegte. »Wir freuen uns, Sie wieder einmal bei uns begrüßen zu dürfen. Seit
Sie letztes Mal abreisten, ist in unserer hübschen kleinen Stadt so gar nichts
los gewesen.«
    Die erste Nachricht besagte,
Mr. Wayland werde mich gegen 18 Uhr anrufen, und die zweite forderte mich auf,
mich gleich nach meiner Ankunft bei Miss Milne in Zimmer 717 zu melden. Wer war
denn sie? fragte ich mich, dann erst ging mir ein Licht hinsichtlich der
letzten Bemerkung des Empfangschefs auf.
    »Wie kann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher