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Das Auge des Ra

Das Auge des Ra

Titel: Das Auge des Ra
Autoren: Thomas Knip
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darin, etwas vor Menschen zu verheimlichen, die nicht viel wirklicher erschienen als das raubtierhafte Wesen, mit dem er gekämpft hatte.
    Doch je mehr er erzählte, desto ungläubiger wurde der Blick des Mannes vor ihm. Immer wieder wechselte dessen Blick zwischen Talons Mund und seinen Augen, als suche er nach einer Bestätigung für das, was er gerade hörte. Als der Weiße aufhörte, nickte der Mann zögerlich und schloss für einen Moment die Augen.
    „Ich muss dir wohl glauben“, setzte er an. „Auch wenn es mir schwer fällt. Du wirst mitkommen“, stellte er fest, ohne auf Talons Zustimmung zu warten. „Sekhmet hat dich verschont. Und dafür wird sie einen Grund gehabt haben. Es ist nicht an uns, über dich zu entscheiden.“
    So zwanglos ihr Gespräch zuvor verlaufen war – nun machte der Mann deutlich, dass Talon sein Gefangener war und er überhaupt nicht daran dachte, ihn laufen zu lassen. Nur kurz sah sich Talon um und versuchte seine Chancen abzuschätzen. Doch er sah sich von mehr als einem halben Dutzend bewaffneter Männer umgeben, die ihm trotz ihrer altertümlichen Waffen deutlich überlegen war.
    Er bekam mit, wie der Mann, der sich als ‚Nefer’ vorstellte, sein Bajonett mit einem verwunderten Blick bedachte, es dann aber an einen seiner Männer weiter reichte, der es bei sich verstaute.
    Sie nahmen ihn in seine Mitte, ohne ihn zu fesseln oder seine Bewegungsfreiheit in anderer Weise einzuschränken. Nur wenige Augenblicke, nachdem die Männer ihre wenigen Ausrüstungsgegenstände aufgesammelt hatten, machte sich der Trupp auf den Weg.

    Der Marsch verlief schweigend. Nefer ließ sich auf kein Gespräch mit Talon ein, und so hatte dieser Zeit, in Ruhe seine Gedanken zu sammeln.
    Einerseits hatte er in all den letzten Wochen so viel Fremdartiges erlebt, dass sich die Geschehnisse des heutigen Tages fast schon nahtlos einfügten. Wenn er an die Wächter im Tempel von Shion, dem schwarzen Löwen, zurückdachte, so waren sie genauso unwirklich wie jene Männer, die er nun begleiten musste.
    Doch er sah sich hier von Menschen umgeben, die offensichtlich noch an die alten ägyptischen Götter glaubten. Und mehr noch, ihre ganze Kultur auch weiterhin zu leben schienen. Dabei befanden sie sich hier Hunderte Kilometer entfernt vom südlichsten Punkt, den die Ägypter während ihrer langen Zeit erobert hatten. Weiter bis auf das Gebiet des heutigen Sudans waren sie kaum vorgestoßen.
    Es war müßig, sich Gedanken darüber zu machen, ob es das, was er gerade erlebte, geben durfte oder nicht. Wichtiger schien es ihm, so viel wie möglich über seine Lage in Erfahrung zu bringen.
    „Wohin gehen wir, Nefer?“, unterbrach er die erzwungene Stille zu seinem Bewacher. Gleichzeitig versuchte er damit, die Sprache besser verstehen zu lernen.
    Dieser bedachte ihn mit dem gleichen undeutbaren Blick, der allen seinen Männern zu Eigen zu sein schien und schürzte das Kinn, wie um sich vor einer Antwort zurückzuhalten.
    „Wir bringen dich zu Menasseb.“ Damit schien die Sache für ihn erledigt zu sein. Doch noch bevor Talon nachfragen konnte, fuhr er fort. „Er ist der höchste Priester. Es obliegt an ihm zu entscheiden, was mit dir geschehen wird. Viele unerklärliche Dinge passieren …“, schloss er seine Antwort ab und schien nicht mehr gewillt, weiter auf den Mann an seiner Seite einzugehen.
    Ihr Weg führte sie bereits etwas mehr als eine Stunde durch das scheinbar undurchdringliche Dickicht des Dschungels, in dem sich erst auf den zweiten Blick immer wieder kleine Wege auftaten. Mehrere Male erhaschte Talon aus dem Augenwinkel kleine Wegsteine, die fast unsichtbar in den Schatten der Bäume platziert worden waren. Er konnte nur undeutlich die Form von Hieroglyphen auf ihnen ausmachen, die nicht minder fremdartig wirkten als die Männer, die ihn flankierten.
    Das wabernde Licht der feuchten Luft, die noch immer zwischen den Blätterkronen festhing, legte die Umgebung in einen dämmrigen Schein, der den Ablauf der Zeit zu verlangsamen schien. Nur wenige Geräusche von Tieren klangen zu ihnen durch, und sie wirkten versteckt, zögernd, als fühlten sie sich hier nicht zu Hause.
    Es war nur ein leises Rascheln, das zu hören war. Dann durchbrach von einem Augenblick auf den anderen ein schlanker Schatten die unauslotbaren Grüntöne. Die Männer schrien auf und suchten nach Deckung. Doch einer von ihnen sackte bereits mit durchtrennter Kehle zu Boden, noch bevor er sich hatte bewegen können.
    Ein
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