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Das Auge des Ra

Das Auge des Ra

Titel: Das Auge des Ra
Autoren: Thomas Knip
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Messer einzusetzen. Er wusste jedoch, es war nur eine Frage der Zeit, bis er gezwungen war, keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob er ein menschliches Wesen vor sich hatte oder nicht.
    „Nayla!“, rief er dem Wesen zu, ohne zu wissen, ob es ihn verstand. Er hob die linke Hand abwehrend und deutete damit an, nicht kämpfen zu wollen. Ein kurzer Seitenblick zeigte ihm nicht, ob Senmu, ihr Bruder, noch bei Bewusstsein war und ihm weiterhelfen konnte.
    Die Löwin zeigte sich von der Aktion jedoch unbeeindruckt und strich auf zwei Beinen um den hochgewachsenen Mann herum. Geifer tropfte über die dunkle Unterlippe. Talon suchte in den dunkel leuchtenden Augen des Tieres nach einer Bereitschaft, mit ihm kommunizieren zu wollen. Doch das Wesen schien sich vor ihm vollkommen zurückzuziehen.
    Seine zögernde Haltung ermutigte das Raubtier. Es preschte vor und hieb seine Klauen nach dem nackten Oberkörper, der in der feuchten Umgebung vor Schweiß glänzte. Talon schrie unterdrückt auf, als sich die Krallen in seine Haut bohrten und sich ein breiter, roter Streifen über den Brustkorb zog.
    Schmerzerfüllt taumelte er zurück und hatte Mühe, seinen Stand nicht zu verlieren. Die Wunde brannte, als würde ihm heißes Metall auf die Haut gegossen. Kurz sah er an sich herab und konnte dabei die Ränder der zerfetzten Haut sehen, die in einem schwach auflodernden Licht leuchteten, das jedoch rasch verlosch.
    Ein wütendes Knurren kam über seine Lippen. Er wusste nicht, was hier geschehen war, doch er war nicht bereit, sein Leben für ein Wesen zu riskieren, das ihn offensichtlich töten wollte. Der schlanke, weibliche Körper warf sich herum. Sein Kopf wandte sich zu dem Mann um.  Fast schien es, als glitten die Züge eines triumphierenden Lächelns über die bizarr verzerrte Mimik.
    Sofort wollte das Wesen ein weiteres Mal nachsetzen. Doch nun war Talon auf den Angriff vorbereitet. Er tauchte unter dem nächsten Hieb weg und stieß gleichzeitig die Klinge seines Bajonetts nach oben. Ein helles Kreischen, in dem sich gleichzeitig Überraschung und Schmerz vereinten, durchschnitt die Umgebung.
    Talon konnte sehen, wie das Wesen mühsam auf allen Vieren landete und einen Schritt zurücktaumelte, wobei es sich die rechte Schulter hielt. Mehrere dünne rote Fäden lösten sich unter der verdeckenden Hand und flossen über das kurze Fell hinab, das die Flüssigkeit rasch in dunklen Flecken aufsog.
    Die Augen blitzten wuterfüllt auf. Aus dem Stand heraus preschte das Raubtier auf den Mann zu, der den Angriff kommen ließ. Erst im letzten Augenblick stieß er sich selbst ab und warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den deutlich kleineren Körper. Dennoch presste ihm der Aufprall die Luft aus den Lungen, und ein Schmerz durchzog seine rechte Seite.
    Beide Körper wirbelten durch die Luft und prallten hart auf dem lehmigen Boden auf. Talon wusste, dass ihm nur der Hauch einer Chance blieb. Seine Finger gruben sich in das Fell seiner Gegnerin und zogen sie zu sich her. Sie war jedoch schwerer zu fassen zu bekommen als er gehofft hatte.
    Eine Kralle zog eine heiße Spur über seine rechte Wange. Wieder konnte Talon sehen, wie die Ränder der Wunde in einem unwirklichen Feuer kurz aufloderten. Doch er setzte dem nicht nachlassenden Widerstand alles entgegen, was er an Kraft noch aufbieten konnte. Schließlich gelang es ihm, den Körper des Raubtieres unter sich zu bringen und sich selbst nach oben zu stemmen. Er konnte den Atem des Wesens fast schmecken, so eng hatte er es umschlungen.
    In einer fließenden Bewegung warf er seinen Oberkörper nach oben und riss den Arm mit dem Messer empor. Seine Augen zeigten keinen Moment des Zögerns, als er die Kehle des Geschöpfs fixierte.
    Dann jedoch explodierte die Welt um ihn herum. Von seinem Kopf aus tobten Wellen voller Schmerz durch seinen Körper. Die Geräusche und die Farben um ihn herum zerflossen zu einem einzigen unfassbaren Bild, das immer weiter in die Ferne rückte. Noch bevor sein Körper auf dem Boden aufschlug, hatte er das Bewusstsein verloren. Er sah nicht mehr, wie Senmu hinter ihm stand, einen knorrigen Ast in der Hand.

    Das erste, was er spürte, war eine Hand, die über seinen Oberkörper strich.
    Mehrere Stimmen dröhnten wie Donnergrollen in seinen Ohren. Nur unwillig merkte er, wie sich sein Bewusstsein aus der alles umschlingenden Tiefe herauswand, die ihn beschützend umgeben hatte.
    Übergangslos öffnete Talon die Augen und sah mehrere Schemen, die um ihn
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