Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer
Autoren: wentworth
Vom Netzwerk:
erzählen, so viel ich kann. Es war nach dem Frühstück. Ich ging in den Garten und hörte das Gespräch von zwei anderen Frauen mit an. Ich weiß nicht, wer sie waren, es waren viele Gäste geladen.«
»Was haben sie gesagt?« Sein Ton war verächtlich.
Einen Augenblick wurde ihr übel bei dem Gedanken, was er wohl sagen würde, wenn sie es ihm verriet. Aber sie konnte es einfach nicht. Sie bekam keine Luft bei dem Gedanken.
»Ich weiß nicht, wer sie waren …«
»Das hast du bereits gesagt. Ich will wissen, was sie gesagt haben.«
Du lieber Himmel, warum konnte sie nicht einfach bei der Wahrheit bleiben. Irgendeine dumme Skandalgeschichte über seine Freundschaft zu Marian. Er war noch nie ein geduldiger Mensch gewesen. Der Gedanke, dass Lisle wegen einem solchen Blödsinn davongelaufen war, brachte ihn auf. Sie sah, wie sich seine Miene verfinsterte und beeilte sich zu sagen:
»Es war dumm von mir, aber ich konnte ihnen danach einfach nicht mehr in die Augen sehen. Ich wollte nicht wissen, wer sie waren. O Dale, verstehst du denn nicht. Es war so entsetzlich, das zu hören, und ich wollte gar nicht wissen, wer es gesagt hatte … Oder ihnen gar begegnen … Aber wenn ich geblieben wäre, dann hätte ich ihnen doch begegnen müssen. Und so bald ich sie hätte reden hören, hätte ich doch gewusst … hätte ich doch gewusst, wer sie waren! Verstehst du das denn nicht?«
Zu dem düsteren Blick gesellte sich ein Stirnrunzeln.
»Noch nicht, aber bald. Du hast mir noch nicht gesagt, was sie gesagt haben. Was du dort gehört hast, hat dich zu einer groben Unhöflichkeit den Cranes gegenüber verleitet. Also, was hast du denn nun gehört?«
Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht.
»Es ging um Lydia. Dale, sei bitte nicht böse. Ich war nicht darauf gefasst, und es war ein Schock. Ich konnte einfach nicht bleiben.«
»Lydia?«, sagte Dale Jerningham. »Lydia. Es ging um Lydia, und das hat dich in solche Panik versetzt? Das ergibt keinen Sinn. Was hast du gehört?«
Lisle flüsterte fast.
»Sie haben gesagt, sie hätte einen Unfall gehabt …«
Seine Augen beobachteten sie unter gerunzelten Brauen.
»Aber das wusstest du doch.«
Sie legte die Hand an die Wange.
»Ja. Aber die Art, wie sie es gesagt haben …«
Was musste sie mindestens sagen? Wie viel musste sie ihm verraten? Er wartete, und sie zwang sich weiterzureden:
»Sie haben gesagt, der Unfall sei dir gelegen gekommen …«
Sie wollte ihn anblicken, aber sie schaffte es nicht. Ihre Augen brannten. Sie sah zur Seite und spürte den Pulsschlag in ihrem Hals.
Einen Moment lang war er sehr ruhig. Dann sagte er mit beherrschter Stimme.
»Das war’s also? Eine ziemlich alte Geschichte. Ich hätte gedacht, sie wären allmählich damit durch. Deswegen hättest du wirklich nicht weglaufen müssen.«
Jetzt sah sie ihn an, und sie verspürte Angst. Sie kannte ihn wütend, aber nicht so. Das hier war Wut gepaart mit eisiger Verachtung. Am schlimmsten war der Gedanke, dass diese Verachtung ihr galt. Weil sie sich die Verleumdung angehört und dann auch noch davongelaufen war. Der einzige Trost war, dass er nicht weiter nachfragte. Wäre er weiter in sie gedrungen, so hätte sie ihm alles sagen müssen, und allein der Gedanke daran ließ sie schwach werden. Denn wenn er erst einmal wüsste, was ihre panische Flucht ausgelöst hatte, dann wäre es das Ende zwischen ihnen. So weit dachte sie nicht. Sie war noch gar nicht in der Verfassung zu denken. Aber instinktiv wüsste sie es.
Dale Jerningham ging ein paar Schritte und kam dann zurück.
»Du musst lernen, nicht jedes Mal die Fassung zu verlieren, wenn du missgünstigen Tratsch hörst«, sagte er. Seine Stimme war jetzt fast gleichgültig. »Die Leute reden nun mal so ein Zeug. Keiner glaubt es; sie selbst glauben es auch nicht, aber sie sind nun mal innerlich vergiftet und drücken es auf diese Weise aus. Du kannst nicht durch die Welt gehen und vor allem, was dir nicht gefällt, davonlaufen. Darüber musst du dir im Klaren sein, sonst wird sich unser Freundeskreis in Luft auflösen. Marian ist nicht nachtragend, aber du musst dir eine sehr überzeugende Erklärung für das Telegramm ausdenken. Leider habe ich angerufen, sonst könntest du sagen, es sei von mir gewesen. Dann hätte ich mir etwas einfallen lassen. Ich bin sicher ein sehr viel besserer Lügner als du.«
Rasch blickte sie auf, um zu sehen, ob er bei diesen Worten lächelte, aber trotz des lässigen Tonfalls waren seine Augen hart und dunkel. Er sagte abrupt:
»Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher