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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne
Autoren: Michael Marrak
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winzigen Kamera ähnelte.
    Abgesehen von dem verdrehten Beingelenk schien die Mechanik der Echse unversehrt zu sein, stellte Mira fest. Aber die Elektronik war mit Sicherheit hinüber. Das Mädchen schürzte die Lippen. Dieses Exemplar machte rein optisch nicht mehr viel her, aber immerhin war es das größte, das sie in den vergangenen Tagen erlegt hatte. Alle anderen Echsen waren wesentlich kleiner und bereits nach dem ersten Treffer mit der Schleuder außer Gefecht gewesen.
    Miras Vater hatte vor Tagen eines der Tiere ins Carinea-Institut geschickt. Er war der Ansicht, dass es dort einige Leute bestimmt interessieren würde, was neuerdings so alles in der Beta-Zone herumkroch.
    Mira wickelte das Reptil in ein Tuch und verstaute es in ihrem Beutel. Eine Weile blieb sie noch auf dem Dünenkamm sitzen und betrachtete die tief stehende Sonne. Ihr Vater hatte ihr ausdrücklich verboten zu jagen, nachdem er gestern Mittag eine Nachricht aus dem Institut erhalten hatte. Dabei war seine Stimme streng und zugleich sorgenvoll gewesen. Mira hatte seine Anordnung wieder einmal ignoriert. Das bedeutete wohl, dass es heute Abend Ärger geben würde. Natürlich konnte Mira ihre Beute über Nacht verstecken und erst morgen vor Eröffnung des Marktes abholen. Dann allerdings würde sie wegen der schlechten Qualität ihrer Ware weniger Geld bekommen. Der nächtliche Frost und der Morgentau taten der Elektronik der Kreaturen nicht gut.
    Nachdenklich wischte Mira den Sand vor sich glatt. Dann öffnete sie ihren Lederbeutel und kippte die gesamte Tagesbeute vor sich auf den Boden: zwei Schlangen, ein Skorpion und die Echse. Viel war das nicht. Es gab Tage, da erlegte Mira mehr als das Doppelte. Sogar ein junges Quokka hatte sie jüngst abgeschossen.
    Eine der Schlangen hatte einen unschönen Knick. Wahrscheinlich waren ihre Metallgelenke durch den Treffer mit der Schleuder in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Skorpion war am meisten lädiert. Eine seiner Zangen stand in unmöglicher Verrenkung vom Körper ab, die andere war abgebrochen und lag daneben. Von seinen sechs Beinen fehlten zwei, und der Giftschwanz hatte eine aufgeschossene Stelle, durch die das Mädchen die rote und weiße Kabelinstallation erkennen konnte. Falls Mira ihn morgen ebenfalls auf dem Markt verkaufen wollte, stand ihr eine lange Nacht bevor, um ihn zu reparieren.
    Sie verstaute die mechanischen Tiere wieder in ihrem Beutel. Dann erhob sie sich, warf ihren Ledersack schwungvoll auf den Rücken und machte sich auf den Nachhauseweg.
     
    Mira lief zügig, denn sie musste vor Sonnenuntergang zurück im Dorf sein. Eine Weile wanderte sie durch ein ausgetrocknetes Flussbett, durch das nach jedem Gewitterregen eine reißende, sandig gelbe Wasserflut strömte. Zu beiden Seiten des Wadis ragten die Dünen fast zweihundert Meter hoch auf, gewaltige Sandwogen mit steilen Kämmen. Über einen Hunderte von Metern langen, sanft ansteigenden Hang erklomm Mira den Dünenkamm zu ihrer Linken, sah sich kurz um und beschleunigte dann ihre Schritte, da die Sonne sich bereits dem Horizont näherte. Die Luvhänge – die dem Wind ausgesetzten Dünenseiten – waren relativ trittfest. Die Leehänge dagegen, jene steilen, im Windschatten liegenden Dünenseiten, waren bodenlos weich und die weiten, oft mit Treibsand bedeckten Täler zwischen den Dünen tückisch.
    Im Slalom lief Mira durch das Dünenlabyrinth, dessen große, lang gestreckte Täler von Querdünen durchbrochen waren. Hier und dort lagen vom Wind geschaffene Strudellöcher auf ihrem Weg. Es waren fünf bis zehn Meter tiefe Trichter, an deren Grund sich nicht selten Sodras eingegraben hatten; mannsgroße Insekten, die erst bei Anbruch der Nacht unter dem Sand zu wandern begannen. Die Sonne hielt die Sodras aber nicht davon ab, auch bei Tag ein versehentlich in den Trichter gerutschtes Lebewesen zu sich in den Sand hinabzuziehen.
    Mit angehaltenem Atem schlich Mira an einem der Löcher vorbei. Sein Rand war übersät mit halb im Sand vergrabenen Rippenknochen und dem Schädel eines unglücklichen Tieres. Solange die Sonne nicht gerade im Zenit stand, lag der Grund der Strudellöcher im Schatten. Die Augen von der grellen Sonne geblendet, erkannte man daher nicht sofort, wie tief die Senken waren und was sich auf ihrem Grund verbarg. Rutschte man in einen der Trichter hinein, gab es kaum noch ein Halten, ehe man nicht den Grund erreicht hatte. Sah man dann vor seinen Augen die Spitzen der fast einen Meter langen
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