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Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer
Autoren: Andreas Franz
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den Tag versüßen.«
    »Was ist es?«
    »Gib einfach die Hälfte des Inhalts auf den Handrücken, und atme es ein. Die Wirkung ist phänomenal. Ich spreche da aus Erfahrung.«
    »Es ist doch kein Rauschgift, oder?«
    »Rauschgift! Blödsinn! Heroin ist Rauschgift. Nein, das hier ist harmlos. Aber gut, verdammt gut sogar.«
    Carla steckte die Tütchen in ihre Jeanstasche, in der sie auch das Kleid und die Schuhe verstaute. Sie zog sich ein weißesSweatshirt, Jeans und Turnschuhe an, kämmte sich noch einmal über und verließ das Haus. Auf dem Weg nach Hause dachte sie an nichts anderes als an die verlorene Erinnerung.

Zwei Jahre später
     
    Carla saß allein in dem Zimmer, die Tür stand offen. Der Fernseher lief ohne Ton, aus der Stereoanlage hämmerten monotone Technorhythmen. Die Sonne fiel schräg durch das kleine Fenster. Im Zimmer befanden sich ein Schrank, zwei Sessel, ein Tisch und ein großes, weiches Bett. Seit über einem Jahr lebte sie in diesem Haus, in diesem Zimmer, hier aß und trank sie, und hier empfing sie ihre Freier. Meist handelte es sich dabei um ältere Männer, die sich vorher bei Maria, die die Termine verwaltete, anzumelden hatten. Der nächste Mann würde in etwa einer Stunde kommen, ein fettleibiger Kerl, der Carla schon oft bestiegen hatte, der so viel Geld hatte, daß er es sich mühelos leisten konnte, die fünfhundert Mark, die eine Stunde kostete, auch mehrmals im Monat zu bezahlen. Sie haßte diesen Typen, genau wie all die anderen, die ihre geilen Schwänze in sie hineinsteckten. Sie haßte Maria, obgleich die ihr nie etwas getan hatte, ganz im Gegensatz zu Rick, dem allgegenwärtigen Aufpasser, der sie regelmäßig schlug und sie inzwischen mehr als einmal vergewaltigt hatte. Und sie haßte diesen gottverdammten Charly, Mattis Bruder, der sie hierhergebracht hatte. Sie hätte damals, auf jener Party, nie vermutet, was für ein Teufel hinter diesem Lächeln steckte, zu welcher Brutalität er fähig war.
    Sie stand auf, etwas schwerfällig, schloß die Tür, ging zumSchrank, holte die Spritze heraus, zog sie voll mit dem Heroin, das sie, seit sie hier lebte, spritzte, band sich die Manschette um den Oberarm, stach die Nadel in eine gut sichtbare Vene und ließ das Gift langsam in ihren Körper fließen. Allmählich schwand das Zittern, ihr Atem wurde ruhiger. Der fette Kerl konnte kommen.
    Sie zündete sich eine Zigarette an, kippte ein Wasserglas halbvoll mit Wodka und trank es in einem Zug leer.
    Der Fette kam pünktlich zur verabredeten Zeit. Schweiß lief in Bächen über sein feistes, widerliches Gesicht, seine verschlagenen Schweinsaugen glitten gierig über den vor ihm sitzenden, zerbrechlich wirkenden Körper. Er legte die fünfhundert Mark auf den Tisch, sagte, was Carla tun sollte, und Carla tat es. Und er gehörte zu jenen, die es ohne Kondom haben wollten, denen es scheißegal war, welches Risiko sie damit eingingen oder was sie unter Umständen den Mädchen damit antaten. Das Heroin und der Alkohol verhinderten, daß sie den Schmerz spürte, wenn er mit seinem riesigen, dicken Schwanz in sie eindrang. Das Heroin und der Alkohol machten sie gleichgültig dem gegenüber, was mit ihr geschah.
    Manchmal dachte sie an ihre Eltern und an ihren Bruder, aber die hatten wahrscheinlich längst die Suche nach ihr aufgegeben und glaubten mit Sicherheit, daß sie tot war. Carla wußte nicht einmal, in welcher Stadt sie war. Aber es war bestimmt nicht mehr Friedberg.
    Als der Fette fertig war, zog er sich an, sagte »Bis bald« und verschwand. Carla sah ihm nicht einmal hinterher. Kurz darauf kam Rick herein, nahm wortlos das Geld, zählte nach und steckte es in die Hemdtasche.
    »Hast du noch genug Stoff?« fragte er kalt.
    »Nein, nur noch einen Schuß. Und der Wodka ist auch fast alle.«
    »Okay, ich besorg dir beides. Du hast heute abend noch zwei Kunden, mach dich also frisch. Und mach verdammt noch mal das Fenster auf, hier drin stinkt’s wie in einem – Puff!« Er lachte meckernd und ging. Carla drehte die Musik wieder auf, öffnete das Fenster, warme Luft strömte herein. Sie ließ sich rücklings auf das Bett fallen, starrte an die Decke, dachte an gar nichts. Es gab nichts mehr, woran zu denken sich lohnte.
    Rick kehrte nach einer guten Stunde zurück, warf fünf Tütchen Heroin auf den Tisch und stellte die beiden Flaschen Wodka daneben. »Hier, verstau das. Es darf keiner sehen, daß du das Zeug nimmst. Irgendwann mußt du mit dem Scheiß aufhören.«
    Carla nickte
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