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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen
Autoren: Kyle Mills
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inzwischen gemerkt, dass man sie überlistet hatte und eine der mordlustigen Bestien mitten durch sie hindurchmarschiert war.
     
    »Haben wir denn kein kochendes Öl?«
    Meine Sekretärin stand mit dem Rücken zu mir in meinem Büro und beugte sich zum Fenster, um die Demonstranten unten besser sehen zu können. Sie trug wie immer das leicht gelblich wirkende Kostüm, das sie jeden Montag trug, und ihr Gesicht hatte wie immer den leicht gelblich wirkenden Hautton, der sich nicht verändert hatte, seit ich sie kennengelernt hatte. Als sie herumwirbelte, glättete die Zentrifugalkraft die Haut auf ihrem Gesicht so stark, dass sie für kurze Zeit etwas jünger aussah als zweihundert Jahre.
    »Die Fenster lassen sich nicht öffnen«, erinnerte sie mich.
    Sie hob ihre Brille, die an einer silbernen Kette um ihren Hals hing, und sah mich mit einer Mischung aus Missfallen und Enttäuschung durch die Gläser hindurch an. Die Kette war der einzige Wertgegenstand gewesen, den ihre Mutter je besessen hatte. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, woher ich das wusste – es war das einzige Persönliche, das ich jemals über Miss Davenport herausgefunden habe.
    »Sie haben Ihre Besprechung mit Chris Carmen versäumt.«
    »Ich hatte ein Problem mit meinem Wagen«, sagte ich. Dass das Problem darin bestand, dass ich ihn nicht finden konnte, verschwieg ich.
    »Ich habe den Termin für zehn Uhr noch einmal angesetzt.«
    »In Ordnung.«
    Sie verließ mein Büro, und wie immer stieß ich einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als sie weg war.
     
    »Und? Was hast du so gehört?«
    Diese Frage hörte ich dreimal am Tag und fünf Tage die Woche, und das nun schon seit so vielen Jahren, dass es mir langsam zum Hals heraushing.
    »Über was?«
    Stan grinste süffisant, aber er rührte sich nicht von der Stelle und blieb im Türrahmen stehen. Er hatte die Form, den Umfang und die Farbe eines großen Schneemanns und bekam in meinem unaufgeräumten Büro immer Platzangst. »Komm schon, Trev. Ich platz gleich vor Neugier.«
    Wegen meines Nachnamens – Barnett – hatte ich gute zwei Jahre gebraucht, um meine Kollegen davon zu überzeugen, dass ich kein Spion war, der seine Anweisungen aus der Chefetage bekam. Und ich würde mindestens noch zwei Jahre brauchen, um sie davon zu überzeugen, dass man mir – trotz meiner Familiengeschichte – sowieso nie etwas erzählte.
    » Ich habe jedenfalls gehört, dass wir da oben ganz schön in Schwierigkeiten stecken«, soufflierte Stan.
    »Da oben« stand in der Tabakindustrie für »Montana«. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen tatsächlich einmal jemand das Wort »Montana« in den Mund nahm, wurde es stets geflüstert.
    »Ein Bekannter von mir kennt jemanden, der mit einer Geschworenen verwandt ist. Er sagt, sie hätte Raucher schon immer gehasst. Ich frage mich nur, warum sie solche Leute in die Jury gelassen haben.«
    Ich zuckte mit den Achseln und wünschte, er würde mich mit meinem Eimer Cola und meinen Schweißausbrüchen allein lassen. »Die Leute rauchen eben. Sie haben schon immer geraucht, und sie werden auch in Zukunft rauchen.«
    Stan vollbrachte eine Meisterleistung und betrat mein Büro. Er ging zu einem kleinen Tisch an der Wand und schnüffelte in den daraufliegenden Papierstapeln herum, während er so tat, als müsste er für seinen breiten Hintern Platz schaffen.
    »Trevor, siehst du denn nicht fern? Es wird jeden Tag schlimmer. Man kann das verdammte Ding schon gar nicht mehr einschalten, ohne ständig Leute darüber jammern zu hören, wir hätten sie reingelegt, und sie hätten keine Ahnung davon gehabt, dass Rauchen abhängig macht oder gefährlich ist. Haben die im Fernsehen denn nicht langsam die Schnauze voll davon, immer wieder diesen Mist aufzuwärmen? Hast du eigentlich gewusst, dass Kolumbus in seinen Tagebüchern geschrieben hat, dass seine Männer tabaksüchtig geworden sind? Und das hat er gemerkt, ohne dass die Regierung fünfzig Millionen Dollar für wissenschaftliche Untersuchungen ausgeben musste.«
    Die Geschichte mit Kolumbus hatte ich ihm erzählt. Ich hatte es schon immer als Ironie der Geschichte empfunden, dass ein Typ, der so blöd war, Kuba mit China zu verwechseln, vor über fünfhundert Jahren draufgekommen war, dass Rauchen süchtig macht. Ich war mir ziemlich sicher, dass das einiges über die moderne Gesellschaft aussagte, ich wusste nur nicht, was.
    »Das war mir neu, Stan. Sehr interessant.«
    Ich sah zur Tür, vor der sich immer mehr
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