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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen
Autoren: Kyle Mills
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einem Ruck setzte ich mich auf und hoffte, dass die Schwerkraft meinen Mageninhalt wieder dorthin beförderte, wo er hingehörte. Ich schluckte ein paarmal und schaffte es gerade noch, alles bei mir zu behalten. Als das Zimmer aufhörte, sich zu drehen, wagte ich einen flüchtigen Blick auf die andere Seite des Betts, um mir zu bestätigen, was ich schon wusste. Tina war nicht da.
    »Jetzt sieh dir an, was du angestellt hast«, krächzte ich. »Du hast sie verscheucht.«
    Nikotin beugte sich über mich, schnüffelte an dem Jackett, das ich immer noch trug, und verzog das Gesicht, soweit ihr das die Evolution gestattete.
    »Du riechst auch nicht gerade gut«, sagte ich beleidigt. »Du hast wieder die Kühlschranktür aufgemacht, stimmt’s?«
    Sie schlich sich in Richtung Bad davon, um dem Gestank nach Zigaretten, Schweiß und Alkohol zu entkörnmen. Ich streckte das Bein aus und setzte einen Fuß auf den Boden, doch dann überlegte ich es mir anders und ließ mich vorsichtig wieder auf das Kissen und in Tiefschlaf sinken.
    Es war schon fast acht Uhr, als meine beiden Füße den Boden vor dem Bett berührten. Ich griff nach der offenen Zigarettenpackung auf dem Nachttisch, brachte es aber nicht über mich, eine anzuzünden. Ich versprach mir, später die doppelte Ration zu rauchen.
    Nikotin hatte sich vor der Dusche zusammengerollt und spielte große weiße Badematte. Ich musste mich über sie beugen, um das Wasser anzustellen. Lauwarm, so, wie sie es am liebsten hatte.
    »Brauchst du eine Extraeinladung?«, sagte ich zu ihr, während ich die Glastür aufmachte und mich auszuziehen begann. »Na los, rein mit dir.«
    In der Regel dusche ich nicht meinem Hund zusammen – vor allem, weil die Duschkabine nicht sehr groß ist, und wenn ich sie mit einem fast siebzig Kilo wiegenden, tropfnassen Vierbeiner teile, bleibt mir nur wenig Bewegungsfreiheit. Aber Nikotin liebt Duschen über alles, fast so sehr, wie sie es hasst, wenn ich sie am Samstagabend allein lasse, denn an diesem Tag setzen wir uns normalerweise mit einer Tüte Popcorn vor den Fernseher und sehen uns einen Film an. Und für einen Hund kann sie wirklich ausgesprochen nachtragend sein.
    »Sie hätte dir gefallen, Nicky«, sagte ich während der kurzen Rauferei, bei der ich ihr den Duschkopf entreißen konnte. »Sie hat am MIT studiert und eine Weltreise gemacht. Etwa einssiebzig groß … Dunkelbraune Haare …«
    Nikotin war damit beschäftigt, nach dem Schaum zu schnappen, den mein Shampoo produzierte. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass sie mir überhaupt nicht zuhörte.
    Genau genommen hatte sie für die Frauen, die ich ab und zu mal mit nach Hause brachte – in der Regel die typischen Debütantinnen und Südstaatenschönheiten – nur Verachtung übrig. Meine erste Wahl waren sie auch nicht, aber wenigstens ließen sich die meisten von ihnen relativ problemlos von mir ansprechen und ins Bett zerren.
    Die wirklich interessanten Frauen – die, die Witze über Tolstoj erzählten –, waren erheblich schwerer zu bekommen. Insbesondere jetzt, wo die Medien sich zu Tode langweilten angesichts einer nur noch leise zuckenden Wirtschaft, einer im Sand verlaufenen terroristischen Gefahr und eines Präsidenten, der sich als relativ normaler und ehrlicher Mann herausgestellt hatte. Sie brauchten einen Schurken, und der Prozess in Montana hatte sie daran erinnert, dass so einer direkt vor ihrer Nase saß. Was den Aufbau von Beziehungen zum anderen Geschlecht anging, wäre ich vermutlich besser drangewesen, wenn ich meinen Nachnamen in Manson geändert hätte.
    »Nie wieder«, murmelte ich mit einer Überzeugung, die sich sogar durch einen Mund voller Zahnpastaschaum noch gut anhörte. Ich nahm mir fest vor, nie wieder meiner Abhängigkeit von Darius nachzugeben. Genau genommen wollte ich ihn nie Wiedersehen. Nie. Seine Anrufe würde ich ignorieren. Und wenn er herkam, würde ich zum Fenster hinausspringen und in den Sumpf rennen, der langsam wieder den Rasen hinter meinem Haus verschlang.
    Ich stellte das Wasser ab und stieg aus der Dusche, wo ich wartete, bis Nikotin sich geschüttelt hatte, bevor ich mich abtrocknete. Dann wischte ich Feuchtigkeit und Hundehaare vom Spiegel und starrte mit zusammengekniffenen Augen mein Spiegelbild an. Es erinnerte mich ans College – an die Zeit, in der Darius mir so etwas fast jeden Abend angetan hatte. Damals waren die grünliche Haut und die rot unterlaufenen Augen ein Ehrenabzeichen gewesen – der Beweis dafür, dass
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