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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER
Autoren: Jennifer McMahon
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etwas Zusammenhangloses, und George beugte sich vor, sodass sein Gesicht nur noch Zentimeter von ihrem entfernt war.
    Sie stürzte vorwärts, schwang ihren Arm in einem perfekten Bogen, schnitt mit dem Skalpell in seinen Hals, fühlte den Aufprall, den Druck, dann das Nachgeben, als sie die Klinge so tief sie konnte hineinstieß.

46 24. Juni 1985 – Brighton Falls, Connecticut
    ICH SOLL NICHT mit dir reden«, sagte Reggie ins Telefon.
    »Ich weiß«, sagte Tara. »Yogi hat mir die Absprache auch mitgeteilt. Nur noch dieses eine Mal, okay? Triff mich in einer halben Stunde im Baumhaus.«
    »Ich weiß nicht, ich …«
    »Ich sehe dich dann, Reggie«, sagte Tara. Dann legte sie auf, bevor Reggie antworten konnte.
    Reggie rollte sich aus dem Bett und ging nach unten. Ihre Beine fühlten sich an, als wären sie aus Blei. Sie fuhr mit ihrer Hand an der Steinwand entlang, die unter ihren Fingerspitzen kalt und feucht war.
    Lorraine und George waren in der Küche und tranken Tee, warteten auf Neuigkeiten. Aber sie hatten noch kein Wort gehört. Und jetzt war es nach fünf.
    Veras Leiche war immer noch nicht gefunden worden.
    George hatte einen Topf Truthahnsuppe mit herübergebracht, die auf dem Herd köchelte, wodurch die Küche mit Dampf und dem Geruch eines Thanksgiving-Festmahls erfüllt war, der Reggie das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Wie konnte sie an Essen denken, jetzt, da ihre Mutter tot war und Sid mit einem Hirnschaden im Krankenhaus lag? Wie sollte sie Truthahnsuppe essen, wenn es alles ihre Schuld war?
    Reggie schlich zur Vordertür hinaus und durchquerte den Garten bis zum Baumhaus. Sie kletterte die schaukelnde Leiter hinauf, setzte sich dann in eine Ecke und wartete. Sie spähte zu Moniques Wunsch hinaus, sah ihr Schlafzimmerfenster. Sie konnte den Umriss ihrer Pinnwand mit ihren Zeichnungen ausmachen, ihr Bett mit der Steppdecke im Drunkard’s Path-Muster, die Kante ihre Schrankes. Sie kniff ihre Augen zusammen und dachte, dass sie einen Schatten sah, der sich durch den Raum bewegte, eine geisterhafte Version ihrer selbst. Die Reggie, die sie früher gewesen war. Sie wünschte sich so sehr, sie könnte in der Zeit zurückreisen, dieses Mädchen vor dem warnen, was kommen würde: den Morden, dem Verlust ihrer Mutter, Sids Unfall. Die Welt ist nicht so, wie denkst, würde sie zu sich selbst sagen.
    »Hey«, sagte Tara, drückte die Falltür auf und kletterte herauf. Sie kroch zu Reggie hinüber und setzte sich so, dass ihre Seiten sich berührten. »Willst du eine Zigarette?«, fragte Tara, während sie ihre Packung herauszog.
    »Nein.«
    »Wie wär’s hiermit?«, sagte Tara und hielt die kleine silberne Schachtel hoch, die die Rasierklinge enthielt.
    Reggie schüttelte den Kopf, zog ihre Knie an ihre Brust und umarmte sie fest. Ein Teil von ihr sehnte sich danach: sich in irgendeiner Weise zu bestrafen, etwas jenseits der dunklen Last der Schuld zu fühlen.
    »Hast du Charlie auch angerufen?«, fragte sie.
    Tara zupfte an dem Loch in ihrer Jeans. »Er hat nicht abgenommen. Ich habe den ganzen Tag angerufen. Ich bin sicher, dass er zu Hause ist, aber er geht nicht ans Telefon.«
    »Wenn Stu das herausfindet …«
    »Tara nickte. »Wird er nicht. Und ich werde nicht wieder versuchen, mit Charlie zu sprechen. Vielleicht ist es sowieso besser so.« Sie schüttelte eine Zigarette aus der Packung.
    »Und, gab es einen Grund dafür, dass du mich treffen wolltest?«, fragte Reggie. Wenn Tara hier war, damit sie sich schlecht fühlte, um sie daran zu erinnern, dass es alles ihre Schuld war, dann konnte sie es genauso gut hinter sich bringen. Reggie bereitete sich so gut sie konnte darauf vor und wartete.
    Tara zündete ihre Zigarette an. »Ich wollte nur sagen, dass es mir leidtut.«
    »Weswegen? Ich bin diejenige, die es versaut und Charlie von den Schnitten erzählt hat. Ich weiß nicht einmal, warum ich es getan habe. Ich schätze, ich …«
    Tara schüttelte den Kopf. »Das interessiert mich überhaupt nicht. Nun, tut es doch, aber das ist nicht von Bedeutung. Nicht im Vergleich zu dem, was ich Sid angetan habe.«
    »Wir waren alle dort, Tara. Und was Sid passiert ist, das war ein Unfall.«
    »Aber ich bin diejenige, die sagte, wir sollten weglaufen. Wenn wir nicht …«
    »Und ich bin diejenige, die dein größtes Geheimnis herausposaunt hat, nur weil ich eifersüchtig war. Ich bin diejenige, die Charlie so wütend gemacht hat. Wenn ich meinen Mund gehalten hätte, hätten sie nicht einmal angefangen,
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