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Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)

Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)

Titel: Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)
Autoren: Lynn Viehl
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denn nur sie besaß genug Stil, um so etwas zu tragen.
    Warum ihr neuer Bekannter sie zu einer Kirche brachte anstatt zum Casablanca , wusste sie nicht. Sie war seit einer Ewigkeit nicht mehr in der Messe gewesen. Aber er bestand darauf, dass sie mit ihm ging, und als sie drin waren, zeigte er ihr die hübschen Buntglasfenster. Lena fand sie langweilig im Vergleich zu den strahlenden Farben ihres Kreuzes, verschwieg das jedoch aus Höflichkeit.
    Doch es war friedlich im Inneren der Kirche, von dem Weihwasser in dem großen Taufbecken aus weißem Marmor an der Seite des Altars bis hin zu dem breiten Ständer mit den Votivkerzen, die heute Abend alle angezündet waren und in ihren kleinen, blutroten Glasfassungen einen warmen Glanz ausstrahlten.
    Lena hielt den Atem an, überrascht, wie schnell die Traurigkeit ihre zufriedene Stimmung auslöschte. Hier vor dem Altar zu stehen war schlimmer, als ihre Kreditkartenabrechnungen zu öffnen. Sie hätte öfter zur Kirche gehen sollen als nur zu Weihnachten, Ostern und den Hochzeiten ihrer Mutter. Wie viele Jahre waren seit ihrer letzten Beichte vergangen? Sie konnte sich nicht erinnern. Zu viele. Viel zu viele.
    »Sie wirken unglücklich«, sagte ihr neuer Bekannter und tätschelte ihre Schulter. »Zünden Sie eine Kerze an und beten Sie, meine Liebe. Dann fühlen Sie sich besser.«
    Lena nickte und kniete auf dem kleinen, gepolsterten Betstuhl vor den Votivkerzen. Sie wollte ihr Kreuz nicht weglegen, deshalb streifte sie vorsichtig den Lederriemen über ihren Kopf und ließ es an ihrem Herzen ruhen. So. Es hing zu tief für den Ausschnitt ihres Kleides, aber sie konnte sich umziehen, wenn sie zu Hause war.
    Sie hob eine Kerze auf und hielt sie an eine andere, bereits brennende Kerze, doch das Gewicht ihrer Trauer verdoppelte sich. Eigentlich schrecklich, wie viele Kerzen schon brannten. So viele gebrochene Herzen in der Welt. Die Menschen kamen her, um für jene zu beten, die ihre Liebe nicht erwiderten. Es waren die, die es nicht verdienten, geliebt zu werden.
    Wie sie selbst.
    Jetzt konnte Lena erkennen, dass es ihre eigene Schuld war, dass sie verlassen worden war. Wenn sie hübscher gewesen wäre oder jünger oder besser im Bett, dann hätte er sie nicht weggeschickt. Er hatte sie durchschaut. Er hatte sie rausgeworfen, weil sie sich wie eine Hure aufgeführt hatte. Eine billige, gewöhnliche Hure, die hinter seinem Geld her war.
    Tränen liefen ihr über das Gesicht, während sie das Kreuz in der Hand hielt. »Vergib mir. Vergib mir.«
    Ihr neuer Freund kam zu ihr und baute sich vor ihr auf. Er schien zu verstehen, warum sie weinte. »Sie bemalen Ihr Gesicht und ziehen sich an wie eine Dirne, und genauso werden die Männer Sie behandeln.«
    Lena sah zu ihm hoch und schluchzte auf. »Was kann ich tun?«
    Er lächelte und deutete auf das Taufbecken. »Waschen Sie sich in Weihwasser, meine Liebe. Nur wer sich von seinen Sünden reinwäscht, kann wahre Erlösung finden.«
    Lena war so dankbar, dass sie den ganzen Weg zum Taufbecken über weinte. Sie hielt nur inne, um ihre Schuhe auszuziehen, damit sie nicht nass wurden. Sie würde sie morgen ins Galleria zurückbringen und sich etwas Einfacheres kaufen, etwas, das besser zu einer züchtigen Frau passte.
    Unbeholfen, aber bereitwillig stieg Lena zum oberen Rand des Taufbeckens hinauf und lehnte sich über das kalte, klare Wasser. Zuerst wusch sie sich das Make-up aus dem Gesicht und das Gel aus dem Haar. Dann übergoss sie ihren ganzen Körper mit Wasser, um das Parfüm abzuwaschen und den Duft seiner Hände von ihrer Haut.
    »Ja, meine Liebe.« Ihr neuer Freund legte ihr eine behandschuhte Hand auf den Kopf. »Alles muss abgewaschen werden.«
    Lena spürte die Ungeduld ihres Bekannten. Er war offensichtlich ein vielbeschäftigter Mann und hatte Wichtigeres zu tun, als hier zu stehen und ihr zuzusehen. Sie sollte ihn wirklich nicht aufhalten. Wenn er ihr nur helfen würde, das Kreuz abzunehmen; es war so schwer geworden …
    Kaltes Wasser.
    Lenas Augen öffneten sich weit, und Luftblasen verließen ihren Mund in einem Schrei. Sie wusste nicht, wo sie war. Ihr Kopf steckte in etwas Weißem, das mit Wasser gefüllt war, und sie konnte ihn nicht herausheben. In einer Badewanne? Einem Pool? Zu klein. Das Gewicht um ihren Hals fühlte sich an wie ein Betonblock, und die Hände, die sie gegen den Rand des Taufbeckens drückten, ließen nicht zu, dass sie den Kopf hob. Sie war wie gelähmt, hilflos. Sie schrie und bekam Wasser in
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