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Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters

Titel: Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wichtiger war, dass Lew ihn dazu angehalten hatte, die Literatur und Philosophie von hundert Planeten sowie die komplizierte Geschichte der Föderation zu studieren. Zunächst war ihm der Zweck dieser Anstrengungen nicht recht klar gewesen, und er hatte die Texte nur gelesen, um dem Älteren eine Freude zu machen, Doch allmählich hatte er begriffen, wie wenig gebildet er für die Aufgabe war, für die man ihn ausgewählt hatte. Nach großen Anlaufschwierigkeiten hatte er schließlich die Denkweise der Föderation verstanden, ihr Wurzeln in uralten Ideen, die auf Darkover nie Fuß gefasst hatten – darunter einige sehr gute Ideen.
    Aber er wusste, dass man nun im Begriff stand, diese Ideale aufzugeben, und dass die Föderation auf eine Ära der militärischen Dominanz und Unterdrückung zusteuerte. Das war in der menschlichen Geschichte auch schon früher passiert, aber er wünschte, es würde nicht gerade zu seinen Lebzeiten eintreten. Und er konnte nicht offen darüber sprechen, wie es bei seiner Ankunft von Darkover noch möglich gewesen war. Wie jede andere Person auf dem Planeten war er ständiger Überwachung ausgesetzt, und er konnte nichts dagegen ausrichten, denn es galt als schweres Vergehen, die Augen und Ohren der Spitzel außer Betrieb zu setzen. Er fragte sich, was die Durchschnittsbürger darüber dachten und ob sie überhaupt dachten. Wahrscheinlich nicht, hypnotisiert von Medienberieselung und Videodramen, wie sie waren.
    Aber Herm wusste, dass die Lage schlecht war und immer schlimmer wurde. Mittel in Billionenhöhe wurden alljährlich für neue Techno logien ausgegeben. Gleichzeitig wandte man extrem wenig für die einfachen Leute auf, deren tägliches Leben immer härter wurde. Er hatte sich bemüht, dieses Phänomen zu verstehen, aber es ergab immer noch keinen Sinn für ihn, und wie die meisten seiner Kollegen in der Kammer war er buchstäblich machtlos dagegen.
    Aber das waren morbide Gedanken. Daran waren wohl die Anstrengungen der letzten Zeit schuld. Regis Hastur hatte Herms ursprünglichen Platz in der Abgeordnetenkammer nach seinem Ausscheiden nicht wieder besetzt, und so war Herm seit sechzehn Jahren keinem gebürtigen Darkovaner mehr begegnet. Das machte ihm selten zu schaffen, aber nun war er so müde, dass es ihm wie eine schwere Last erschien.
    Neuerdings war Schlaf ein seltenes Vergnügen geworden, da die Versammlungen, sowohl die öffentlichen wie die nichtöffentlichen, in beiden Kammern der Legislative bis weit in die Nacht dauerten – oder was man auf diesem fürchterlichen Planeten unter Nacht verstand. Herm hätte jede einzelne von Zandrus eisigen Höllen vorgezogen. Der Senat, in dem er nun seit nahezu sechzehn Jahren schuftete, war ein Hornissennest, in das die Expansionisten gestochen hatten, und in der Abgeordnetenkammer war es kaum besser. Aber er war auch schon früher mit politischen Krisen fertig geworden, ohne dass er mitten in der Nacht aufwachte und das Gefühl hatte, das Herz müsse ihm jeden Moment aus dem Leib springen.
    So sehr Herm es hasste, in der Föderation zu leben, so sehr genoss er im Grunde den ständigen Aufruhr des Politikerdaseins. Jedenfalls hatte er ihn bis vor wenigen Monaten genossen, bis die Partei der Expansionisten schließlich eine hauchdünne Mehrheit in beiden Häusern erreichte und eine Politik zu machen begann, die er ablehnte. Sie hatten für alle Mitgliedsplaneten der Föderation neue Steuern erlassen, um eine Flotte von schweren Kampfschiffen zu bauen, obwohl es gar keinen Feind gab, gegen den man sich verteidigen musste. Ein paar Welten hatten protestiert und sogar zu rebellieren versucht; dorthin hatte man Kampftruppen gesand t, um »die Ordnung aufrechtzuerhalten«. Das war kein Spiel mehr, in dem Herm mit seinem natürlichen Talent für Wortgefechte und seiner Listigkeit brillieren konnte, die immer seine Hauptstützen gewesen waren. Es war zu einem täglichen Albtraum geworden, aus dem er nie mehr zu erwachen drohte.
    In jüngster Zeit hatten die sich überstürzenden Ereignisse selbst einige der gemäßigteren Senatoren in der expansionistischen Partei aufgeschreckt. Mit bemerkenswertem Mut, wie Herm fand, hatten diese Männer und Frauen bei einem umstrittenen Verteidigungsgesetz gegen die eigene Mehrheit gestimmt, es wirksam vereitelt und Senat wie Kammer in eine verfahrene Situation gebracht. Es hatte Druck gegeben, Überredungsversuche, doch alles ohne Erfolg. Abgesehen von endlosen Konferenzen und langatmigen Reden war seit
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