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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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auf der gefürchteten Verweisliste trug. Er hatte fünf Verweise - sieben genügten, um einen für immer aus dem Raumdienst zu entfernen.
   Kein Wunder , dachte er. Ich bin nicht ungerecht behandelt worden; tatsächlich hat man bei mir noch durch die Finger gesehen. Es war pures Glück und nicht mein Verdienst, daß der Kreuzer und das Vermessungsschiff nicht abstürzten und den verdammten Raumhafen von Darkover wegpusteten, und die halbe Handelsstadt dazu! Er preßte die Lippen zusammen. Da machte er sich Gedanken über Verweise wie ein Schuljunge - und dabei ging es nicht nur um das. Viele Leute im terranischen Raumdienst leisteten ihre ganzen zwanzig Jahre ohne Verweis ab - und er hatte sich in einer einzigen Katastrophennacht gleich fünf eingefangen.
   Obwohl es nicht seine Schuld war.
   War es doch, verdammt noch mal. Wem sonst könnte ich die Schuld geben? Ich hätte mich krank melden sollen.
   Aber ich war nicht krank!
   Auf der Verweisliste hieß es: Grobe Pflichtverletzung, ernste Gefahr, daß ein landendes Raumfahrzeug verunglückte. Man hatte ihn buchstäblich im Dienst schlafend angetroffen. Aber verdammt, auch geschlafen habe ich nicht!
   Ist es ein Tagtraum gewesen?
   Ich möchte nicht versuchen, ihnen das zu erzählen. Wie soll ich ihnen klarmachen, daß ich in einem Augenblick, da ich mich mit jedem Nerv und Muskel auf die allein wichtigen Kontrollschirme hätte konzentrieren müssen - anderswo war! Man ertappte mich in einem tiefen Traum, überwältigt von Farben, Bildern, Geräuschen, Gerüchen, Blitzen leuchtender Klarheit. Da stemmte ich mich unter einem tiefpurpurnen Himmel gegen einen eisigen Wind, über mir glänzte eine rote Sonne - die darkovanische Sonne - die Sonne, die die Terraner die Blutige Sonne nennen. Auf diese Weise hatte ich sie noch nie gesehen, durch eine breite Wand aus Kristallglas in Regenbogenfarben zerlegt. Ich hörte meine eigenen Stiefel auf eishartem Stein widerhallen. Mein Puls schlug mit Haß, und ich spürte den Adrenalinstoß in meinem Blut. Ich fiel in Laufschritt. Haß und Blutdurst überfluteten mich. Vor mir erhob sich etwas - Mann, Frau, Tier - ich erkannte es nicht, es war mir auch gleich - und ich hörte mein Fauchen, während eine Peitsche niedersauste und irgendwer schrie…
   Dann löste sich die Vision in das alptraumhafte Geheul des Alarms auf, der in allen Räumen losbrüllenden Sirenen, Hupen und Klingeln. Überall flammten die ABSTURZ-Lichter auf, und meine Reflexe gewannen die Oberhand. Nie hatte ich mich so schnell bewegt. Aber es war zu spät. Ich hatte den falschen Knopf gedrückt, und durch diese entscheidende Acht-Sekunden-Spanne entstand im Kontrollturm ein Chaos. Ein mittleres Wunder und der junge Kapitän des Vermessungsschiffs, der nach dem Sitz seiner Hosen navigierte - er bekam drei Orden dafür -, retteten den Raumhafen vor einer dieser Katastrophen, die Menschen - was an Menschen übriggeblieben ist - noch zwanzig Jahre später kreischend aus Alpträumen hochschrecken läßt .
   Seitdem hatte niemand ein Wort an Barron verschwendet. Sein Name auf der Verweisliste hatte ihn zum Paria gemacht. Er war angewiesen worden, sein Zimmer bis 2700 dieses Abends zu verlassen und sich zur Versetzung auf einen neuen Posten zu melden, doch niemand machte sich die Mühe, ihm zu sagen, wohin er geschickt werden sollte. So einfach war das - fünf Jahre auf dem Raumhafen von Darkover und siebzehn im Dienst waren ausgelöscht. Barron fühlte sich eigentlich nicht schlecht behandelt. Im terranischen Raumdienst war kein Platz für einen Fehler dieser Art.
   Der Korridor mündete in einen Bogengang. Eine Tafel, die Barron ignorierte, nachdem er sie jahrelang jeden Tag gesehen hatte, verkündete, daß er sich jetzt im Abschnitt Koordination befand. Im Gegensatz zu den Unterkünften war dies Gebäude aus darkovanischem Stein errichtet, durchscheinend und weiß wie Alabaster, und besaß riesige Glasfenster. Barron sah die flammenden blauen Lichter des Raumhafens, die Umrisse der Bodenfahrzeuge und gelandeten Schiffe und weit hinter den Lichtern blassen, grünlichen Mondschein. Es war eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang. Er wünschte, er hätte unterwegs haltgemacht und gefrühstückt; dann war er froh, daß er es nicht getan hatte. Barron war nicht dünnhäutig, aber die Art, wie die Leute in der Cafeteria ihn ignorierten, hätte jedem den Appetit verdorben. In den letzten zwei Tagen hatte er überhaupt nicht viel gegessen.
  
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