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Darkover 12 - Der verbotene Turm

Titel: Darkover 12 - Der verbotene Turm
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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dass Damons Jahre im Turm, diese Jahre, von denen er niemals sprach – und sie hatte gelernt, dass es ihn unglücklich machte, wenn sie danach fragte – immer wie eine Barrikade zwischen ihr und Damon liegen würden.
    Und Leonie hatte gesagt: »Wenn Callista nicht bei dir ist.« Wieso? Konnte Callista tatsächlich nach Arilinn zurückgeschickt, gegen ihren Willen dazu überredet werden, dass ihre Pflicht dort lag? Oder – Ellemir erschauerte – war es möglich, dass Callista gezwungen würde, ihre Drohung wahr zu machen, falls Leonie sie nicht freigab, Armida, ja, Darkover zu verlassen und mit Andrew zu den Welten der Terraner davonzulaufen?
    Ellemir wünschte, sie hätte auch nur eine Spur der gelegentlichen Vorausschau, die hin und wieder bei denen von Alton-Blut auftrat. Aber der Blick in die Zukunft war ihr verschlossen. Sosehr sie sich mühte, ihre Gedanken vorauszuwerfen, sie konnte doch nichts sehen als ein beunruhigendes Bild von Andrew, der vorgebeugt das Gesicht mit den Händen deckte und weinte, und sein ganzer Körper wurde geschüttelt von unerträglichem Kummer. Nun machte sie sich Sorgen. Langsam ging sie in die Küche und suchte bei ihren vernachlässigten Kuchen Vergessen.
    Ein paar Minuten später meldete sich die Begleiterin Leonies, eine trübe und farblose Frau namens Lauria , bei Callista und richtete ehrerbietig aus, die Lady von Arilinn wünsche allein mit Domna Callista zu sprechen. Widerstrebend erhob sich Callista und streckte Andrew ihre Fingerspitzen entgegen. In ihren Augen saß die Furcht, und er erklärte mit grimmigem Unterton: »Du brauchst ihr nicht allein gegenüberzutreten, wenn du nicht möchtest. Ich lasse es nicht zu, dass die alte Frau dich ängstigt! Soll ich mitkommen und ihr meine Meinung sagen?«
    Callista ging auf die Treppe zu. Außerhalb des Zimmers, im Korridor drehte sie sich zu ihm um. »Nein, Andrew, das muss ich allein durchmachen. Du kannst mir jetzt nicht helfen.« Andrew wünschte, er könne sie in die Arme nehmen und trösten. Aber Andrew hatte unter Schmerz und Frustration gelernt, dass Callista so nicht getröstet werden konnte, dass er sie nicht einmal berühren durfte, ohne einen ganzen Komplex von Reaktionen heraufzubeschwören, die er bis heute nicht verstand, die aber Callista in Schrecken zu versetzen schienen. So sagte er nur liebevoll: »Mach es auf deine Weise, mein Herz. Aber lass dich von ihr nicht einschüchtern. Denke daran, ich liebe dich. Und wenn sie uns hier nicht heiraten lassen, dann gibt es immer noch eine ganze große Welt außerhalb von Armida. Und eine Menge Welten in der Galaxis außer dieser, falls du das vergessen haben solltest.«
    Sie blickte zu ihm auf und lächelte. Manchmal dachte sie, wenn sie ihn zuerst auf normale Weise gesehen und nicht durch die Vereinigung ihrer Gedanken in der Matrix kennen gelernt hätte, dann wäre er ihr nie gut aussehend vorgekommen. Vielleicht hätte sie ihn sogar hässlich gefunden. Er war ein großer, breiter Mann, hellhaarig wie ein Trockenstädter, unordentlich, linkisch – und trotzdem, wie lieb war er ihr geworden, wie sicher fühlte sie sich in seiner Gegenwart! Sie wünschte mit Schmerzen, dass sie sich in seine Arme werfen und sich an ihn schmiegen könne, wie Ellemir es so zwanglos mit Damon tat, aber die alte Furcht lähmte sie. Doch sie legte ihre Fingerspitzen auf seine Lippen, was selten geschah. Er küsste sie, und sie lächelte. Sie sagte leise: »Und ich liebe dich, Andrew. Falls du das vergessen haben solltest.« Damit stieg sie die Treppe hinauf zu dem Zimmer, in dem Leonie auf sie wartete.

3
    Die beiden Bewahrerinnen von Arilinn, die junge und die alte, standen sich gegenüber. Callista dachte über Leonies Erscheinung nach. Sie war vielleicht nie schön gewesen, abgesehen von den ausdrucksstarken Augen, hatte jedoch regelmäßige Gesichtszüge voll heiterer Ruhe. Ihr Körper war flach und schmächtig, geschlechtslos wie der einer Emmasca, das Gesicht blass und leidenschaftslos, wie aus Marmor gehauen. Ein leichter Entsetzensschauer überrieselte Callista, als sie erkannte, dass die Gewohnheit von Jahren, die Disziplin, die bis in die Knochen gegangen war, ihren eigenen Ausdruck abschliff und sie kalt und zurückhaltend machte wie Leonie. Das Gesicht der alten Bewahrerin schien ihr ein Spiegel ihres eigenen zu sein, über die vielen toten Jahre hinweg, die vor ihr lagen. In einem halben Jahrhundert werde ich genau wie sie aussehen... Aber nein! Nein! Ich will nicht, ich will
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