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Darkons Tod

Darkons Tod

Titel: Darkons Tod
Autoren: Hubert Haensel
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Ich werde dich zu ihm führen, damit du ihn endgültig schlagen kannst. Du hättest schon früher auf mich hören sollen, Sohn des Kometen.«
    Sie war ganz nahe. Ihr weißes, wallendes Gewand, obwohl hochgeschlossen, ließ die makellose Schönheit ihres Körpers erahnen. Dennoch fühlte Mythor sich nicht in demselben Maß zu ihr hingezogen wie in seinen Visionen. Ihr fehlte das Betörende, die Ausstrahlung, die sie sonst so begehrenswert machte. Nur Boozam schien davon nichts zu bemerken.
    »Gib dir keine Mühe, Darkon.« Mythors Rechte senkte sich auf den Knauf seines Schwertes. »Diesmal habe ich deine Maske durchschaut.«
    »Du glaubst mir nicht?« Shaya schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln.
    »Wie sollte ich.« Alton glitt aus der Scheide, zuckte auf die Suchende zu und verharrte keine Handbreit vor ihrem Herzen.
    Das Lachen, das die Frau jetzt ausstieß, klang überhaupt nicht mehr göttlich.
    »Stoß zu, wenn du es wagst. Dies ist meine letzte Mumme.«
    Adern schwollen an Mythors Schläfen. Seine Rechte, die das Schwert hielt, begann zu zittern. Seine Finger verkrampften sich. Er wollte die Mumme durchbohren, aber er brachte es nicht fertig.
    »Du Narr!« keifte der Darkon. »Du hast die Gelegenheit, mich zu töten, und kannst es nicht. Du armseliger, kleiner Wicht. Sind alle Kämpfer des Lichts solche Feiglinge?«
    Er konnte es tatsächlich nicht. Für ihn war diese Mumme Shaya. Boozam hatte also recht gehabt, er hätte auch die anderen leblosen Hüllen nicht zerstören können.
    Es war offensichtlich, daß der Herr der Finsternis nur darauf wartete, daß Mythor zustieß. Eine neue Falle? Aus den Augenwinkeln heraus gewahrte der Sohn des Kometen eine Bewegung.
    »Tu’s nicht!« rief er Boozam zu. »Nein! Töte ihn nicht!«
    Der Aborgino hielt überrascht inne. Er hatte den Zweizack zum Wurf erhoben.
    Darkon heulte enttäuscht auf. Shayas Züge verzerrten sich vor Wut.
    Mythor ließ Alton sinken.
    »Nein«, sagte er noch einmal, diesmal mehr zu sich selbst. »Ich will dein Leben nicht.«
    In diesem Moment erfüllte ein gräßliches Zischen die Halle.

6.
    Mythor erkannte dieses Zischen sofort. Die Schlange Yhr war erschienen. Ihr mehr als sieben Schritt langer, in den unterschiedlichsten Farben schillernder Schuppenleib schob sich raschelnd über den Steinboden.
    Als die Augen der Shaya-Mumme sich in ungläubigem Erstaunen weiteten, wandte der Kometensohn sich halb um. Ein furchterregender, wölfisch anmutender Krieger, schwer gerüstet und in jeder Hand eine wuchtige Doppelaxt, saß ihr im Nacken. Dieser Krieger war gut sechs Fuß groß, wirkte aber gedrungen und barbarisch ungestüm. Sein Gesicht ähnelte wirklich auf den ersten Blick mehr einem Wolf, als daß es menschliche Züge aufwies. Eine breite, plattgedrückt wirkende Nase; vorspringende, starke Kiefer und spitz zulaufende Ohren waren die auffälligsten Merkmale. Hinzu kamen das schwarze, borstenartige Haar, das eine regelrechte Mähne bildete, und die stechenden Augen, die unverwandt auf dem Darkon ruhten.
    »Xatan?« murmelte Mythor unwillkürlich.
    Das erste Gefühl, dem Krieger schon begegnet zu sein, schien sich zu bestätigen. In Vangor war es gewesen, jener in Agonie liegenden Welt. Nur hatte er Xatan als etwa zehn Sommer zählenden Jungen kennengelernt.
    Dieser Krieger hier, in Kettenhemd und eisenverstärktem Waffenrock, war erwachsen. War er demnach zehnmal rascher gealtert als der Lauf der Zeit? Mythor erschrak über seine Gedanken. Aber es gab keine andere Erklärung.
    Xatan beugte sich halb über den Schädel der Schlange.
    »Was ist, Darkon, bin ich gerade noch zurecht gekommen, um dich vor diesen Sterblichen in Schutz zu nehmen?«
    Die Shaya-Mumme schien ihre anfängliche Überraschung verwunden zu haben.
    »Töte die beiden!« fauchte sie.
    Xatan stieß ein langgezogenes Heulen aus.
    »Ich sehe keinen Grund dafür. Hast du nicht darauf gewartet, daß Mythor dich mit seinem Schwert durchbohrt?«
    Die Shaya-Mumme erbleichte.
    »Du wolltest dich töten lassen, um dir dafür meinen Körper zu nehmen«, fuhr Xatan fort. »Du wolltest frei sein von der Schattenzone, dich unter Menschen bewegen können. Deshalb hast du mich großgezogen.«
    Dem Darkon wurde klar, daß nur die Schlange Yhr ihn verraten haben konnte. Nie hätte er ihr vertrauen dürfen. Vesprach sie sich von Xatans Herrschaft mehr Vorteile?
    Mit einem heiseren Aufschrei schnellte Darkon sich zwischen Mythor und Boozam hindurch. In diesem Körper besaß er kaum eine Chance.
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