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Darkons Tod

Darkons Tod

Titel: Darkons Tod
Autoren: Hubert Haensel
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erschaffen.
    Steinmann Sadagar dachte an die sieben Wälsenkrieger und alle anderen, die er mit eigenen Augen in diesem grellen Leuchten hatte verschwinden sehen. Aber keiner der Pilger hörte auf seine Warnung, die er ihnen lautstark hinterherschrie. Wie Schlafwandler bewegten sie sich auf die Flammen zu, um sich schließlich hineinzustürzen und so Shayas Heer zu vergrößern. Hatte die Suchende nur deshalb Männer und Frauen aus fernen Ländern gerufen, um sie in die Schar ihrer Kämpfer des Lichts aufzunehmen?
    Ein Schemen begann sich zwischen den Flammen abzuzeichnen, die Umrisse einer Frau wurden sichtbar. Mit abwehrend ausgebreiteten Armen versperrte sie den Pilgern den Weg und wies ihnen eine andere Richtung.
    »Das ist Shaya«, hauchte Glair. »Mach schon, Gerrek, ich bin überzeugt davon, daß sie uns zu Mythor und Fronja führt.«
*
    Das Licht blieb hinter ihnen zurück, doch sie hatten nun das untrügliche Gefühl, dem Mittelpunkt des Todessterns nahe zu sein. Ihre Umgebung hatte sich gewandelt, war längst nicht mehr nur von Schwärze bestimmt, sondern das Gestein zeigte erstmals silbern schimmernde Adern und Einschlüsse. Die Fackeln waren überflüssig geworden, weil Helligkeit in sanft dahintreibenden Schwaden die Gänge durchflutete. Hier, das spürte man deutlich, gab es nichts Böses mehr, keine Manifestation Schwarzer Magie – hier war alles anders. Dennoch lag eine angespannte, fast drückende Erwartung in der Luft.
    Gerrek unterhielt sich wieder gestenreich mit Possel, klopfte ihm ermutigend auf die Schulter. Daß er dabei seine ohnehin langen Finger geschickt zwischen den Falten von dessen Umhang verschwinden ließ, fiel niemandem auf. Aber dann, unvermittelt, zog er die Hand so schnell zurück, als hätte er sie sich verbrannt. Ein Schwert klirrte zu Boden…
    …es war Gerreks Kurzschwert.
    »Du Dieb!« kreischte er. »Erbärmlicher kleiner Lügner, was hast du dir dabei gedacht?« Mit unwiderstehlichem Griff zwang er Possel in die Knie. Daß alle anderen sich ihnen erstaunt zuwandten, bemerkte er nicht einmal. »Am Ende hast du auch meine Flöte genommen. Heraus mit der Sprache, ist es so?«
    Der Mann versuchte etwas zu sagen, doch wurde nur ein schmerzerfülltes Wimmern daraus.
    »Was ist, hast du sie? Sprich endlich, oder ich…«
    »Ja, ja«, ächzte Possel.
    »Hört auf!« Kataph trennte die beiden. »Du wirfst ihm vor, dich bestohlen zu haben«, wandte er sich an Gerrek. »Ist das überhaupt wichtig, zählt nicht, was wir gemeinsam geben?«
    Gerrek verstand nicht. »Es ist mein Schwert und meine Flöte«, begehrte er auf.
    »Du hast seine Geschenke wirklich genommen?« Der Weise streckte Possel auffordernd die Hand entgegen. »Unser Freund will sie selbst übergeben.«
    »Ich?« fuhr der Beuteldrache auf. »Wie käme ich da…?« Sadagar stieß ihm den Ellbogen so hart zwischen die Rippen, daß er ächzend abbrach. »Natürlich«, schnaufte er. »Der Sohn des Kometen wird sie von mir erhalten. Weshalb hätte ich sonst die Unbilden eines weiten Weges auf mich nehmen sollen.«
    Als Possel ihm die Flöte hinhielt, riß er sie diesem förmlich aus der Hand.
    »Ich habe bisher nur einen kennengelernt, der so klaut wie eine Elster, aber das war ein kleiner Meisterdieb.«
    »Meisterdieb? Sagtest du wirklich ›Meisterdieb‹?«
    »Ja«, machte Gerrek erstaunt, doch zugleich kühl und abweisend. »Kann schon sein.«
    »Aus Anagon?«
    »Möglich.«
    Possel seufzte.
    »Es tut mir leid, daß ich dich bestohlen habe. Glaube mir, ich wußte nicht, daß du so ein guter Freund bist.«
    »Hm.« Gerrek wollte sich abwenden und weitergehen; der Hagere hielt ihn zurück.
    »War sein Name Joby? Wo bist du ihm begegnet? Sag schon, für Orgin und mich hängt sehr viel davon ab.«
    »Orgin, wer ist das schon wieder?« brummte Gerrek.
    »Auch ein Meisterdieb aus Anagon. Es ist der neben Kataph.«
    »Hoffentlich klaut er ihm nichts.«
    »Warum sagst du nicht einfach, daß Joby auf Carlumen weilt, keine fünfhundert Schritt vom Todesstern entfernt«, warf Sadagar ein. »Immerhin bist du auch nicht gerade ein Unschuldslamm. Wenn ich nur daran denke, was du schon alles an dich ge…«
    »Laß die alten Geschichten, die keinen interessieren, Steinmann. Ich will lieber wissen, woher unser Meisterdieb den Jungen kennt.«
    Possel erzählte in knappen, kurzen Worten, während sie langsam den anderen folgten. Zu viert – alle hatten der Diebsgilde angehört – waren sie von Anagon aus in die Schattenzone
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