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DARKNET

DARKNET

Titel: DARKNET
Autoren: Daniel Suarez
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Frachtcontainern?»
    Ross sah ebenfalls hin. «Sie haben dazu beigetragen, das Konsumkulturvirus in alle Winkel der Welt zu verbreiten. Kein Wunder, dass der Daemon sie nützlich findet.»
    Als sie auf Höhe eines Lkw-Hofs waren, drosselte Sebeck das Tempo und zog über die Fahrspuren hinüber auf eine Nebenfahrbahn.
    Price nickte. «Ein Lagerplatz. Sie sollen bestimmt einen Container öffnen, in dem irgendwas ist. Eine Sendung von Sobol an sich selbst. Oder –»
    «Price, bitte! Ich höre meine eigenen Gedanken nicht mehr.»
    «Dann denken Sie eben
lauter
, Mann.»
    Sebeck bog überraschend in eine Einfahrt. Als er dem goldenen Thread den schmalen Weg entlang folgte, schauten alle gespannt durch die Windschutzscheibe.
    Ross machte ein verdutztes Gesicht. «Ein
Friedhof
?
Hier?
»
    Auf einem rostigen Blechschild vor ihnen stand FRIEDHOF MORGAN’S POINT . Die Fläche war zwei, drei Morgen groß und lag am Ende einer langen Zufahrt inmitten eines riesigen Containerlagerplatzes. Sie war auf drei Seiten – und einem Großteil der vierten – von hohen Containerstapeln eingefasst. Und doch wuchsen hier Bäume und Sträucher, und ein Stacheldrahtzaun grenzte das Areal vom umliegenden Frachthafengelände ab.
    Sebeck seufzte. «Das ist offenbar das Ziel.» Er hielt auf einem leeren, kleinen Parkplatz. Alle stiegen aus und sahen sich um.
    «Hier ist man jedenfalls ganz schön umstellt.» Philips blickte die dräuenden Containermauern empor.
    Price zeigte auf die Aufschrift der Container jeweils genau in der Mitte der Mauer. In großen blauen Sans-Serif-Buchstaben stand da « HORAE » auf dem Wellstahl. «Sergeant. Genau wie Riley gesagt hat.» Er wandte sich an Philips. «Doctor, Sie haben doch sicher die Sagen des klassischen Altertums gelesen?»
    «Ja, etliche. Auf Altgriechisch.»
    «Beweisen Sie uns, was für eine langweilige Streberin Sie sind: Wer sind die mythologischen
Horae

    Sie zuckte die Achseln. «Die Horen sind die drei Göttinnen, die das geregelte Leben überwachen. Töchter der Themis. Der Name bedeutet ‹Stunden› – Stunde im Sinn von ‹richtiger Zeitpunkt›. Und erwähnt werden sie erstmals in der
Ilias
, wo sie als Hüterinnen des Wolkentors auftauchen.»
    Price hob die Hände. «Also, wenn das nicht beeindruckend ist!»
    «Ist es ein Code?»
    Ross trat neben sie. «Oder vielleicht auch ein bestimmtes Arrangement. Wie die Zuhaltungen in einem Schließmechanismus.»
    «Du meinst, die Container müssen genau in dieser Weise angeordnet sein, um irgendetwas freizugeben?»
    Er zuckte die Achseln. «Dein Metier, Doctor. Du bist hier die Codeknackerin.»
    Sebeck ging bereits weiter. «Das ist kein Code. Es ist Symbolik. Und wie wir inzwischen wissen, ist Sobols Welt randvoll mit Symbolen.»
    Price folgte ihm. Ross wartete noch auf Philips, dann folgten sie alle vier einem rissigen Bürgersteig zu einem kunstvoll geschmiedeten Eisentor. Es war verrostet, aber die Ikonographie war eindeutig – drei mächtige Wächterinnen mit langen Speeren in Basrelief, umwallt von schmiedeeisernen Wolken. Das Tor war geschlossen.
    Als Sebeck darauf zutrat, erschienen aus dem Schatten D-Raum-Avatare der drei stattlichen Frauengestalten in langen Gewändern und geschlossenen Raupenhelmen, jeder Avatar mit einem langen, goldenen Speer.
    Philips war verdutzt, als alle drei Männer zurückzuckten. «Was ist?»
    Ross nahm ihre Hand und tippte auf seine HUD -Brille. «Weibliche Avatare. Die Horen, wenn ich’s richtig sehe.»
    Eine der drei Gestalten sprach mit einer hallenden weiblichen Stimme. «Nur der, der die Quest bestreitet, darf dieses Tor passieren.»
    Price hob die Hände. «Null Problemo.»
    Ross nickte. «Ich denke, wir warten hier auf Sie, Sergeant.»
    Sebeck sah Price an, die Hand schon am Tor. «Laney, ich glaube nicht, dass ich’s ohne Sie hierher geschafft hätte.»
    Price sagte achselzuckend: «Warten Sie erst mal ab, ob das gut oder schlecht ist, bevor Sie sich bei mir bedanken.»
    Sebeck schüttelte den Kopf und trat durch das Tor. Es fiel hinter ihm mit einem hörbaren
Klick
ins Schloss.
    Als er dem goldenen Thread weiter folgte, den Friedhofsweg entlang, fiel ihm auf, wie großzügig die Gräber verteilt waren. Das Gelände wirkte eher wie ein schattiger Garten – wenn auch ein Garten inmitten einer farbigen Kulisse von Frachtcontainern.
    Der Weg führte ihn rasch zu einer weiteren D-Raum-Erscheinung: einem jungen, gesund aussehenden Matthew Sobol, der auf einer Steinbank unter einem Baum saß.
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