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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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kannst du mir von Crystal erzählen, Libby? Was ist denn in der Nacht passiert? Ich habe unterschiedliche Versionen gehört. Ist sie … ist sie falsch? Böse?«
    Jetzt fragte sich also Ben, was in einer einsamen, kalten Nacht draußen am Rand der Stadt passiert war. Ich befühlte die beiden tränenförmigen Narben auf meinem Wangenknochen, Spuren der Dampfdüsen des Bügeleisens.
    »Sie ist jedenfalls schlau genug, um die Polizei immer noch an der Nase rumzuführen«, antwortete ich. »Diondra wird nie im Leben verraten, wo ihre Tochter ist.«
    »Das hab ich nicht gefragt.«
    »Ich weiß nichts über Crystal, Ben, außer dass sie ihre Mutter beschützt hat. Diondra hat mir gesagt, dass sie Crystal alles erzählt habe, und ich glaube, das hat sie ernst gemeint. Alles:
Ich habe Michelle getötet, und keiner darf es jemals erfahren
. Welche Auswirkungen hat es auf ein Mädchen, wenn es weiß, dass seine Mutter eine Mörderin ist? Sie wird davon besessen, sie versucht, einen Sinn darin zu entdecken, sie liest das Tagebuch ihrer toten Tante, bis sie daraus zitieren kann, sie kennt jedes Detail, sie widmet ihr Leben der Verteidigung ihrer Mom. Und dann tauche ich auf, und Crystal vermasselt es. Und was tut sie? Sie versucht, es wieder in Ordnung zu bringen. Irgendwie kann ich das verstehen. Ich werde sie nicht anzeigen, wegen mir kommt sie nicht ins Gefängnis.«
    Bei der Polizei war ich in puncto Crystal sehr vage geblieben – die Cops wollten sie wegen der Brandstiftung vernehmen, aber sie wussten nicht, dass sie versucht hatte, mich zu töten. Und ich wollte nicht noch ein Mitglied meiner Familie belasten, auf gar keinen Fall. Immer wieder versuchte ich mir einzureden, dass Crystal ja gar nicht so gestört sei. Es konnte doch auch ein Ausraster gewesen sein, ausgelöst durch die Liebe zu ihrer Mutter. Andererseits hatte ihre Mutter ebenfalls einen Ausraster gehabt, und der hatte meine Schwester das Leben gekostet.
    Ich hoffe, dass ich Crystal nie wiedersehe, aber wenn doch, dann bin ich froh, dass ich einen Revolver besitze, sagen wir es mal so.
    »Du lässt sie wirklich ungeschoren davonkommen?«
    »Ich weiß ein bisschen was darüber, wie es ist, wenn man versucht, das Richtige zu tun, und dann versaut man alles«, erklärte ich.
    »Redest du von Mom?«, fragte Ben.
    »Nein, von mir selbst.«
    »Du könntest damit aber uns alle meinen.«
    Ben drückte die Hand an die Scheibe, und ich legte meine von der anderen Seite dagegen.

Ben Day
    Jetzt
    A ls er neulich auf dem Gefängnishof stand, roch er plötzlich Rauch. Der Rauch trieb in einem Luftstrom etwa zweieinhalb Meter über ihm, und er stellte sich die Feldfeuer im Herbst vor, damals, als er noch ein Kind war, wie die Flammen in flackernden Linien über die Erde zogen und alles Unnütze verbrannten. Er hatte es immer gehasst, ein Farmerjunge zu sein, aber jetzt dachte er immer nur daran. Draußen. Nachts, wenn die anderen Männer klebrige Geräusche von sich gaben, schloss er die Augen und sah große Felder mit Sorghumhirse, glänzend braune Körnchen, die gegen seine Knie rappelten, wie Mädchenschmuck. Er sah die Flint Hills von Kansas mit ihren abgeflachten Gipfeln, irgendwie schaurig – so, als müsste von jedem ein Kojote heulen. Oder er schloss die Augen, stellte sich vor, dass sein Fuß tief im Schlamm steckte, und fühlte die Erde, die ihn einsaugte und festhielt.
    Einmal pro Woche hatte Ben einen seltsam schwindligen Moment, wenn er daran dachte, dass er im Gefängnis war. Lebenslänglich. Für den Mord an seiner Familie. Wie konnte das sein? Inzwischen war der fünfzehnjährige Ben für ihn fast wie ein Sohn, ein völlig anderer Mensch, und manchmal hätte er den Jungen am liebsten erdrosselt, diesen Jungen, der es einfach nicht schaffte – er stellte sich vor, wie er diesen Ben schüttelte, bis ihm Hören und Sehen verging.
    Aber manchmal war er auch stolz.
    Ja, in jener Nacht war er ein wimmernder, wertloser Feigling gewesen, ein Junge, der einfach alles geschehen ließ. Verängstigt. Aber nach den Morden hatte sich etwas in ihm geklärt. Er hatte den Entschluss gefasst, den Mund zu halten, um Diondra, seine Frau, und das Baby zu retten. Seine zweite Familie. Er hatte es nicht fertiggebracht, aus dem Zimmer zu laufen und Debby und seine Mom zu retten. Er hatte es nicht fertiggebracht, Diondra Einhalt zu gebieten und Michelle zu retten. Er brachte nichts anderes fertig, als zu schweigen und es über sich ergehen zu lassen. Stillhalten und
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