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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer
Autoren: Karina Cooper
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willkommen gewesen, okay. Aber man hatte sie auch nicht auf offener Straße gesteinigt. Dann war die Welt im Chaos versunken, und der Orden des Heiligen Dominikus hatte das Heft in die Hand genommen, um wieder für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Und um das Mäntelchen von sogenannter Moral und Anstand über die Welt zu breiten. Eigentlich hätten fünf Jahrzehnte ausreichen müssen, um die Flut von Hexenverfolgungen abebben zu lassen. Offenkundig aber war das nicht genug. Jedes verdammte Mal, wenn sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammenraffte, musste sich Jessie aufs Neue mit diesem Umstand abfinden. Die Verfolgungen hatten nicht aufgehört. Stattdessen steckten Kirche und Regierung jetzt fest unter einer Decke. Unschuldige zu grillen hatte sie zu besten Freunden gemacht.
    Schlimmer noch: Die radikal-fundamentalistische Mission, früher eine terroristische Vereinigung von Extremisten, war zur rechten Hand des Ordens geworden. Die Mission war eine von oben sanktionierte Mörderbande am Ende der tödlichen Kette aus Ordnungswahn und falschen Moralvorstellungen.
    Heutzutage bedeutete das Leben für eine Hexe ganz real Unrecht zu erdulden und Verfolgung. Als Hexe musste man in einer Gesellschaft überleben, die verzweifelt nach einem Sündenbock suchte für die Verheerungen der vor fünfzig Jahren entfesselten Naturgewalten – und dabei nicht besonders wählerisch vorging.
    War sie, Jessie, nicht schon ihr ganzes Leben auf der Flucht? Hatte sie etwa nicht mitansehen müssen, wie ihre eigene Mutter umgebracht worden war? Hatte sie nicht alles auf der Straße gelernt, wo es »Friss oder stirb!« hieß und sonst nichts?
    Hatte sie ihrem kleinen Bruder nicht genau das alles einzutrichtern versucht?
    Deshalb, verdammt, genau deshalb, ging es Jessie durch den Kopf,hätte sie es besser wissen müssen! Sie schlug den Jackenkragen zum Schutz gegen den Regen hoch. Nein, man blieb nicht so lange an einem Ort und ließ es sich gutgehen, wie sie es im Perch getan hatte. Dumm. Ganz dumm.
    Jessie könnte heute Abend gut die Nächste auf der Liste der Mission sein. Als der Hexenjäger ihr direkt in die Augen geblickt hatte, hätte sie schwören können, dort ihren eigenen Tod zu sehen. Es war verdammt schwer gewesen, gelassen zu bleiben, nicht auf der Stelle in Panik zu geraten, nicht einfach über den Tresen zu setzen und die Beine in die Hand zu nehmen.
    Jessie holte tief Luft. Den ihr vertrauten Gestank nach vergammelndem Müll nahm sie dabei ebenso wenig wahr wie den unaufdringlichen, aber charakteristischen Geruch des kalten Regens. Das war’s nun also: In diesem Club konnte sie nicht mehr arbeiten. Na und? Sie würde einen anderen Club finden. In den unteren Ebenen der Stadt gab es massenweise Kaschemmen wie das Perch.
    Wenn Lydia Leigh ihren Kindern etwas beigebracht hatte, dann, wie man von vorn anfängt.
    Im gespenstisch flackernden Licht der sattroten Leuchtreklame stieg Jessie die Stufen der baufälligen Treppe hinunter. Mit jedem Mal fiel ihr der Neuanfang schwerer. Aber was soll’s? Sie hatte schließlich keine Wahl. Hexenjäger töteten Hexen.
    Ausrufezeichen.
    Jessie platschte mit den schweren Stiefeln durch seichte, kleine Pfützen, die sich allenthalben sammelten; bei jedem raschen Schritt wirbelte sie lose Steinchen auf. Den schwarzen Riesenschatten, der sich aus dem Dunkel am Ende der Gasse löste, hätte sie beinahe nicht weiter beachtet. Erst als der Schatten ihren Weg kreuzte, zögerte sie. Sie hatte jetzt wirklich keine Zeit für so was.
    Hellrotes Neonlicht enthüllte eine massige, breitschultrige Gestalt, aufdringlich viele hingerotzte Tattoos und, wo die nicht waren, reichlich abgewetztes Kunstleder, über und über metallgespickt. Ziemlich groß, das Arschloch. Notgeil wahrscheinlich. Er schien genau der Typ.
    Mit solchen Kerlen war Jessie schon häufiger fertig geworden. Ein ungezwungenes Lächeln, ein charmantes Augenzwinkern, eine unbekümmert klingende Erinnerung daran, dass die Rausschmeißer gleich hinter der nächsten Ecke wären, und der Scheißkerl würde wieder ins Perch verschwinden und eine andere mit den Augen verschlingen.
    »Nett.« Der stämmige Typ breitete die Arme aus, um Jessie den Weg zu versperren. »Echt nett. So leicht hab ich noch keine abgekriegt.«
    Sein heißer Atem traf sie. Alkohol und der Restdunst von etwas, das alles andere als legal war, selbst im Perch.
    Das musste wieder einmal ihr passieren.
    Jessie verzog die Lippen zu einem frechen Grinsen und sorgte dafür, dass auch
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