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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Autoren: Tabita Lee Spencer
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blicken können, ohne daran zu denken.
    Schnell öffne ich den Knopf meiner Jeans und streife sie ab, ziehe mir das Sweatshirt über den Kopf, mein Top, meinen Bra. Ich lasse alles einfach auf den Boden fallen und spüre, wie die Kälte nach mir greift. Mir die Brust zuschnürt.
    Du hast den Dämon Samael entbannt, weil du einen Jungen liebst. Und du darfst nicht lieben. Alles passiert nur deswegen. Weil du deine Aufgaben vergisst.
    Jetzt sehe ich doch hin. Betrachte meine Augen, unter denen schwarze Schatten liegen. Ein tiefer Kratzer zieht sich über meine Stirn und mein Haar sieht wirr und zerzaust aus. Das ist nicht mehr die Dawna, die ich kenne. Die sich morgens das Haar bürstet, bis es wie Seide über ihren Rücken fällt. Deren Gesicht immer einen sanften Ausdruck trägt. Die niemals laut wird.
    »Ich habe nie geliebt«, flüstere ich.
    Ich habe einen Jungen nicht mal angesehen, als wäre dieses Wissen in mir drin verankert. So tief, dass es mich nur im Traum einholen konnte. Aber ich wusste es. Immer. Deswegen blieb ich alleine. Bis wir nach Whistling Wing kamen. Wären wir nicht hierhergekommen … wären wir doch nie …
    Ich drehe mich abrupt vom Spiegel weg und steige in die Wanne. Ich ziehe den Duschvorhang vor und drehe den Wasserhahn auf. Dampfend heiß prasselt es auf meinen Körper und für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl, ich könnte alle Erinnerungen einfach fortspülen, mit dem heißen Wasser in den Ausguss schwemmen und so lange duschen, bis ich wieder ein normales Mädchen bin. Bis ich wieder die Dawna bin, die ich kenne. Oder zu kennen glaubte.
    Jemand öffnet die Badezimmertür und drückt sich durch den Türspalt. Im ersten Moment glaube ich, es ist Indie. Es kann ja nur Indie sein – doch dann erkenne ich Miley, sein schwarzes, lockiges Haar und die Umrisse seines Körpers. Erschrocken verschränke ich meine Arme vor der Brust. Eine sinnlose Geste.
    »Dawna«, sagt er und bleibt vor der Wanne stehen, »ich habe dich gesucht.«
    »Ich hatte die Tür abgesperrt«, sage ich, aber das Rauschen des Wassers reißt meine Worte mit fort. Was rede ich da für einen Blödsinn. Schließlich weiß ich mehr als genau, dass Miley jede geschlossene Tür in Sekundenschnelle öffnen kann. Schließlich ist er Zigeuner, hat er früher immer betont, wenn wir gemeinsam vor dem einen oder anderen Geräteschuppen standen. Deswegen warte ich seine Antwort erst gar nicht ab. Der Wasserdampf benetzt den Vorhang und nimmt Miley wenigstens ein bisschen die Sicht auf meinen nackten Körper.
    »Wir müssen reden«, sagt Miley und bleibt einfach stehen, »mir ist so viel klar geworden.«
    »Aber doch nicht jetzt«, sage ich verzweifelt.
    »Sonst ist doch immer Indie dabei. Außerdem sehe ich dir gerne beim Duschen zu.«
    Ich kann hören, dass Miley grinst, obwohl ich seine Gesichtszüge nicht sehe. Kann nicht einmal etwas normal laufen? Wann genau war der Zeitpunkt, an dem mir alles entglitten ist? War es da, als Miley vor mir im Kräutergarten stand? Als die Sonne heiß auf unsere nackten Arme brannte und der Geruch von Minze und Thymian über unseren Köpfen hing? Oder war es schon viel früher? War es der Moment, in dem ich die Tür unserer letzten Wohnung in Welby hinter mir zuzog? Für immer. Zum Pick-up hinunterging und Mum sagen hörte: »Jetzt fahren wir nach Hause.«
    »Ich will mit dir zusammen sein«, sagt Miley unvermittelt.
    Ich zucke zusammen. Das Wasser läuft über meinen Kopf, hängt in meinen Wimpern, tropft von meinem Kinn. Das darf doch alles nicht wahr sein. Aber was hatte ich erwartet? Ich hatte es sogar gehofft. Mir mehr als alles andere gewünscht. Ich hatte darum gebetet und diese Gebete sofort bereut und verworfen. Ich hatte nicht mehr daran zu denken gewagt, dass ich Miley finde und wir ein Paar werden. Dass er mich liebt. Nur mich haben will und niemanden sonst.
    »Sag nichts«, sagt Miley, als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen, »ihr habt ein Geheimnis. Ein dunkles, schreckliches Geheimnis.«
    Seine Stimme hört sich nicht spöttisch an.
    »Meine Mum hat das gesagt. Sie hat gesagt, ich soll mich von Whistling Wing fernhalten. Sie hat euch gesehen, als ihr angekommen seid.«
    Wieder ist Sommer, es ist der erste Tag auf Whistling Wing. Ich blicke aus dem Küchenfenster und verenge die Augen.
    »Da ist jemand«, flüstere ich, »da drüben. Im Schatten des Baumes.«
    Indie dreht sich zum Fenster. Die Hitze lässt die Luft flimmern. Sehe ich jemanden dort stehen? Eine Frau?
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