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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre
Autoren: Stephen King
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Radio, Fernsehen, alles. Wir können es gemeinsam machen, wenn du willst.«
    Dieses Konzept faszinierte und ängstigte mich zugleich. Es
faszinierte mich, weil ich immer wieder gefragt wurde,
warum ich dieses Zeug schreibe, warum die Leute es lesen
oder ins Kino gehen und es sich ansehen wollen. Das scheinbare Paradox dabei war, warum die Leute bereit sind, viel
Geld dafür hinzublättern, daß man ihnen extremes Unbehagen bereitet. Ich hatte vor genügend Gruppen über dieses
Thema gesprochen und auch genügend Worte über das
Thema geschrieben (darunter eine lange Einführung zu meiner Kurzgeschichtensammlung Night Shift), daß mir die Vorstellung eines letzten Statements zur Sache attraktiv erschien. Ich dachte mir, ich könnte hinterher das Thema dann
jedesmal mit den Worten abwürgen: Wenn Sie wissen wollen,
was ich über Horror denke, ich habe ein Buch über das
Thema geschrieben. Lesen Sie das. Es ist mein letztes State-,
ment zum Uhrwerk der Horrorgeschichte.
    Es ängstigte mich, weil ich mir vorstellen konnte, daß sich
die Arbeit über Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte erstrecken
würde. Wollte man mit Grendel und Grendels Mama anfangen und sich systematisch vorarbeiten, dann würde selbst die Reader’s Digest Condensed Book-Version noch vier Bände
füllen.
Bills Erwiderung war, ich sollte mich auf die letzten dreißig
Jahre oder so konzentrieren, nur ein paar Abschweifungen,
um die Geschichte des Genres aufzuzeigen. Ich sagte ihm, ich
würde darüber nachdenken, und das tat ich. Ich dachte lange
und gründlich darüber nach. Ich hatte mich noch nie an
einem Sachbuch versucht, und die Vorstellung war einschüchternd. Der Gedanke, die Wahrheit sagen zu müssen, war einschüchternd. Schließlich besteht die Literatur aus Lügen und
nochmals Lügen …, darum konnten sich die Puritaner nie
damit anfreunden und mit dem Strom schwimmen. Wenn
man in einem belletristischen Werk feststeckt, kann man sich
immer irgend etwas ausdenken oder ein paar Seiten zurückblättern und etwas ändern. Bei Sachbüchern hat man die
mühselige Aufgabe, darauf zu achten, daß die Fakten richtig
sind, daß Jahreszahlen stimmen, daß Namen richtig buchstabiert sind …, und am schlimmsten ist, daß es bedeutet, in vorderster Front zu stehen. Schließlich ist ein Romancier ein verborgenes Geschöpf; er kann unerkannt auf jeder Straße
gehen, anders als der Musiker oder Schauspieler. Seine
Punch-und-Judy-Schöpfungen hüpfen über die Bühne, während er selbst unsichtbar bleibt. Der Verfasser von Sachbüchern ist nur zu deutlich sichtbar.
    Dennoch besaß die Vorstellung ihre Faszination. Ich begann zu verstehen, wie sich die Irren, die im Hyde Park predigen (die »nutties« - »Spinner« -, wie unsere britischen Vettern sie nennen), fühlen müssen, wenn sie ihre Seifenkisten
in Position rücken und sich anschicken, sie zu besteigen. Ich
dachte daran, daß ich Seiten über Seiten haben würde, auf
denen ich meine sämtlichen Steckenpferde reiten könnte »Und du wirst dafür bezahlt!« rief er, rieb die Hände aneinander und gackerte wahnsinnig. Ich dachte an eine Literaturvorlesung mit dem Titel »Themen der unheimlichen Literatur«,
die ich im kommenden Semester halten sollte. Aber am meisten dachte ich daran, daß ich hier die Möglichkeit bekam,
über ein Genre zu schreiben, das ich liebe, eine Möglichkeit,
die wenigen Verfassern populärer Unterhaltungsliteratur jemals geboten wird.
    Zu der Vorlesung »Themen der unheimlichen Literatur«:
An jenem Novemberabend, als Bill anrief, saß ich mit einem
Bier am Küchentisch und versuchte, mir ein Gerüst dafür zusammenzumurksen … und dachte in Gegenwart meiner Frau
laut darüber nach, daß ich bald eine Menge Zeit damit verbringen würde, vor einer Menge von Leuten zu stehen und
über ein Thema zu sprechen, durch das ich mir bisher immer
instinktiv einen Weg gebahnt hatte, wie ein Blinder. Wenngleich über viele der auf den nachfolgenden Seiten abgehandelten Filme und Bücher inzwischen routinemäßig an Colleges unterrichtet wird, las ich die Bücher, sah die Filme an
und bildete mir für mich allein ein Urteil darüber, ohne irgendwelche gelehrten Texte, die meine Gedanken leiteten.
Mir schien, als würde ich in kurzer Zeit die wahren Farben
meiner Gedanken zum erstenmal sehen.
Das mag wie ein seltsamer Satz aussehen. An einer anderen Stelle in diesem Buch habe ich meine Überzeugung niedergeschrieben, daß niemand hinsichtlich eines bestimmten
Themas ganz sicher ist, bis er
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