Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
hatte er mir nicht mal eine Postkarte geschickt.
    Das sagte ich dann auch Jeeves:
    »Ist doch komisch, daß er ausgerechnet zu mir kommt. Aber bitte, wenn er’s für richtig hält. War wohl ein Schock für den armen Teufel, als er mich nicht antraf, wie?«
    »Nein, Sir. Mr. Fink-Nottle kam nicht Ihretwegen, Sir.«
    »Was reden Sie denn da, Jeeves? Eben haben Sie doch noch gesagt, daß er hergekommen ist, und zwar unermüdlich.«
    »Er wünschte mich zu sprechen, Sir.«
    »Sie? Ich wußte gar nicht, daß Sie ihn kannten.«
    »Das Vergnügen, ihn kennenzulernen, hatte ich auch erst, als er hier vorsprach, Sir. Anscheinend hat Mr. Sipperley, ein Studienfreund Mr. Fink-Nottles, diesem empfohlen, sich in seiner Angelegenheit an mich zu wenden.«
    Damit war das Geheimnis gelüftet. Ich begriff. Wie Sie sicher wissen, genießt Jeeves unter Eingeweihten schon seit langem den Ruf eines erstklassigen Ratgebers, und jedesmal, wenn einer meiner Freunde in der Klemme ist und nicht mehr weiterweiß, kommt er und legt Jeeves den Fall vor. Und wenn dieser dann dem A aus der Patsche geholfen hat, schickt A ihm den B. Und wenn B wieder Boden unter den Füßen hat, gibt er die Empfehlung an C weiter. Etcetera pp., wenn Sie wissen, was ich meine. Auf diese Weise erweitern Unternehmensberater wie Jeeves ständig ihren Kundenkreis. Ich wußte noch, daß Freund Sippy seinerzeit mächtig davon beeindruckt war, wie der Mann sich für ihn eingesetzt hatte, als er sich mit Elizabeth Moon verloben wollte, und deshalb war es nicht verwunderlich, daß er nun Gussie geraten hatte, vorstellig zu werden. Das kam praktisch ganz zwangsläufig.
    »So, dann haben Sie also seinen Fall übernommen?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Jetzt kapiere ich. Eben fällt der Penny. Und was hat Gussie für ein Problem?«
    »Seltsamerweise, Sir, ist es von derselben Art wie das, bei dem ich Mr. Sipperley behilflich sein durfte. Sie werden sich gewiß noch an Mr. Sipperleys Dilemma erinnern, Sir. Wiewohl Miss Moon herzlich zugetan, litt er an einer unüberwindlichen Verzagtheit, die es ihm unmöglich machte, sich zu erklären.«
    Ich nickte.
    »Richtig. Ja, ich erinnere mich an den Fall Sipperley. Er brachte den Mund nicht auf. Eine erhebliche Kälte der Füße wurde registriert. Ich weiß noch, daß Sie damals sagten, er habe – wie war das doch? – er habe irgendwen irgendwas tun lassen. Es kam auch ein Jackett drin vor, wenn ich mich nicht irre.«
    »Er ließ ›ich wag’s nicht‹ sein ›ich will‹ besiegen, Sir.«
    »Genau. Aber was ist mit dem Jackett?«
    »Bis ihm der Rockschoß der Gelegenheit entglitt, Sir.«
    »Stimmt. Ich möchte bloß wissen, wie Ihnen so was immer einfällt. Also mit Gussie steht’s genauso, sagen Sie?«
    »Ja, Sir. Jedesmal, wenn er es unternimmt, einen Heiratsantrag zu formulieren, verläßt ihn der Mut.«
    »Aber wenn er möchte, daß diese Frau seine Frau wird, muß er’s ihr irgendwie beibringen, nicht wahr? Darauf hat sie einen Anspruch.«
    »Ganz recht, Sir.«
    Ich dachte nach.
    »Na, das mußte wohl so kommen, Jeeves. Ich hätte überhaupt nie gedacht, daß dieser Fink-Nottle es mal mit der Himmelsmacht versuchen würde, aber nachdem es nun dazu gekommen ist, darf man sich nicht wundern, daß ihm das weitere Vorgehen Kopfzerbrechen macht.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Bedenken Sie bloß, was er für ein Leben geführt hat.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wahrscheinlich hat er seit Jahren mit keinem Mädchen mehr geredet. Daraus sollte man die Lehre ziehen, Jeeves, daß es verkehrt ist, sich auf dem Land zu vergraben und in Terrarien zu glotzen. So entwickelt man doch niemals eine überlegene männliche Haltung. In diesem Leben muß man sich für eins von beiden entscheiden: Entweder vergräbt man sich auf dem Land und glotzt in Terrarien, oder man hat einen Schlag bei den Frauen. Man kann nicht beides auf einmal haben.«
    »Nein, Sir.«
    Ich dachte noch einmal nach. Gussie und ich hatten uns, wie gesagt, ein bißchen aus den Augen verloren, aber trotzdem: der arme Kerl tat mir leid wie alle meine Freunde, ob nah oder fern, wenn sie mal auf des Lebens Bananenschalen ausrutschen. Und den hier hatte es wohl ganz schön erwischt.
    Ich mußte an unsere letzte Begegnung denken. Das war vor ungefähr zwei Jahren. Ich hatte bei ihm vorbeigeschaut, als ich mit dem Auto unterwegs war, und er hatte mir gründlich den Appetit verdorben, indem er zwei grüne Dinger mit Beinchen an den Eßtisch mitbrachte und sie wie eine junge Mutter hätschelte, bis eins
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher