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Damon Knights Collection 8

Damon Knights Collection 8

Titel: Damon Knights Collection 8
Autoren: Damon Knight
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und trotzdem trugen sie alle den lauschenden Ausdruck in den Zügen, wenn ihre Arbeitsgeräusche einmal abebbten. Doyle drehte den Kassettenrecorder lauter und ließ Musik durch das Tal plärren, und das half. Doch nachts holte sie die Stille wieder ein, tiefer und bedrohlicher. Zuerst hatte niemand Lorins Berichten geglaubt, wonach kein tierisches Leben existierte, aber sie hatten sich daran gewöhnt, ebenso wie an die Mammut-Nadelbäume, die dort wuchsen, wo einst Eichen und Ahornbäume und Birken gestanden hatten. Die Bäume waren riesig, hundert Meter hoch oder höher, und ihre Kronen vereinten sich zu einem unentwirrbaren Netz von nadelbestandenen Ästen und Zweigen. DieStämme hatten einen Durchmesser von drei bis zehn Metern. Unterholz gab es kaum im düsteren Schatten der Giganten, aber am Flußufer, wo das Schiff gelandet war, und in den Lichtungen wuchsen Büsche und Ranken und ein moosartiges Polster von lebhaft grüner Farbe. An anderen Stellen sprossen hüfthohe Gräser, und auf einer Entdeckungsfahrt hatte er in der Ferne einen Hain von Laubbäumen gesehen. Aber keine Tiere, weder Vögel, noch Insekten, noch Fische. Und über allem lag die Stille. Während er entschlummerte, umfing sieihn mit ausgebreiteten Armen und sanften Fingern, die forschend in ihn eindrangen und seine flatternden Nerven beruhigten.
    Sie frühstückten mit den anderen Mitgliedern der Gruppe. Die Musik dröhnte so laut, daß sie nur schreiend eine Unterhaltung führen konnten. Doyle schaute besonders grimmig drein. Er war ein kleiner, hagerer, ehrgeiziger Mann. Lorin konnte ihn sich gut vorstellen, wie er stirnrunzelnd über ein Kontenbuch gebeugt in einem staubigen Büro Überstunden machte.
    „Steve sagt, daß wir heute nacht oder morgen früh mit einem Sturm rechnen müssen.“ Doyles Aussprache war scharf und abgehackt, als müsse er für jede Silbe in bar bezahlen. „Wir müssen heute so viele Proben wie möglich unter Dach und Fach bringen. Wenn das Tief mit dem Sturm auf uns übergreift, kann es schneien, und dann kommt unser Plan durcheinander. Abgesehen davon bin ich sicher, daß wir wie vorgesehen innerhalb einer Woche hier fertig sein werden.“ Da es für einen Biologen in dieser leblosen Zeit nichts zu tun gab, widmete Lorin sich verschiedenen Aufgaben, je nach den Anforderungen der anderen. Heute sollte er Lucas Tryoll zur Küste begleiten; sie wollten die Küstenlinie südlich entlang bis nach Florida fliegen, das Land überqueren, zurück über das Gebiet des Mississippi und dabei Luftaufnahmen machen. Er freute sich auf die Exkursion und war gespannt.
    Sie wandten sich also nach Osten und kamen zur Küste, wo einstmals New York gelegen hatte. Manhattan war versunken, ebenso Long Island. Statt dessen reichte eine dreißig Kilometer breite Meeresbucht bis weit ins Land hinein. Das Meer hatte auch große Teile des Strandes von New Jersey verschlungen, und man konnte die Delaware-Bucht nicht von der Weite des Meeres unterscheiden. Eine durchgehende, grüne Laubdecke verbarg das Land und reichte bis knapp an den Strand. Vor dem Festland sah man keine Inseln.
    „Gespenstisch, was?“ sagte Tryoll nach mehreren Stunden. „Ich finde noch immer, wir hätten es beim letzten Mal gut sein lassen sollen.“
    Lorin warf ihm einen Seitenblick zu, aber er sah kein Anzeichen von Humor im grübelnden Gesicht des Mannes. Lorin erinnerte sich der letzten Expedition, als sie Menschen vorgefunden hatten, die Wilde geworden waren, und ebenso wilde Raubtiere. Alle befanden sich in den letzten Stadien der Unterernährung und radioaktiven Verseuchung. Er überlegte, ob ihm eine andere Zeit lieber gewesen war, konnte sich aber keine vergegenwärtigen. Krankheiten oder Überbevölkerung, oder eine strahlenverseuchte Öde, oder totale Vereisung … Er berührte Tryoll am Arm und zeigte nach unten: Florida gab es nicht mehr, keine Inseln, nur eine ununterbrochene blau-grüne Wasserfläche, Hunderte von Kilometern, soweit das Auge reichte.
    Tryoll kurvte nach rechts und folgte der Küstenlinie zum Delta des gewaltigen Stroms, der in den Golf mündete. Aus der Luft konnten sie erkennen, wie sein braunes Wasser in quirligen Mustern in das Meer floß, bis es ein Teil der blaßblauen See wurde. Der Mississippi war hier Kilometer breit, seicht und gelblich braun vom Schlick. Sie folgten ihm nach Norden, und die Szenerie unter ihnen blieb die gleiche: Wälder, keine Anzeichen von Leben. Ein gewaltiger seichter Binnensee breitete sich über dem
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