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Damon Knights Collection 1

Damon Knights Collection 1

Titel: Damon Knights Collection 1
Autoren: Damon Knight
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einverstanden, daß Helen meine Sekretärin würde. Die Armee hatte keine Bedenken gegen Helens Einstellung; sie war schon bei den Nachforschungen über den Urankristall überprüft worden. Mrs. Price brachte Helen bei einer bekannten Familie in Barker unter, um ihren guten Ruf zu wahren. Aber der war gar nicht in Gefahr. Ich würde mit ihr schlafen, wenn es sein mußte, würde versuchen, sie mit Charme dazu zu bewegen, ihr Geheimnis preiszugeben, wenn sie eines hatte, aber ich wollte ihr nichts Böses. Ich wußte sehr gut, daß ich nur ein Spiel spielte, »die Rache des Duard Campbell«. Ich wußte, ich würde kein Uran finden.
    Helen war ein einfaches kleines Mädchen, und sie war bis oben hin zugeknöpft. Sie trug flache Schuhe und Baumwollstrümpfe und adrette Kleider mit weißen Manschetten und Kragen. Das einzig Anziehende an ihr war eine makellose helle Haut, die ihr, zusammen mit spitz zulaufenden schwarzen Augenbrauen und rauchblauen Augen, manchmal etwas Elfenhaftes verlieh. Sie saß gerne schön brav auf ihrem Stuhl, Füße zusammen, Ellbogen angewinkelt, Augen niedergeschlagen und rundherum so verschlossen wie eine Auster. Ihr Schreibtisch stand meinem gegenüber, und so saß sie vor mir und tat die Arbeit, die ich ihr zur Beschäftigung gegeben hatte, und ich kam einfach nicht an sie heran.
    Ich versuchte es auf die witzige Tour, ich versuchte es mit galanten kleinen Geschenken und Aufmerksamkeiten, ich markierte den armen Jakob und appellierte an ihr Mitgefühl. Sie hörte zu und arbeitete und blieb so fern wie der Mond. Erst nach zwei Wochen, und auch dann nur durch puren Zufall, fand ich den Schlüssel zu ihr.
    Ich versuchte es gerade auf die mitleidheischende Tour. Es sei ja nicht so schlimm, von Freunden und Familie getrennt zu sein, sagte ich, das könne man noch aushalten, aber diese trostlose Eintönigkeit der Landschaft hier, das sei zu viel für mich. Ein Fleck wie der andere und weit und breit nicht ein einziger hervorstechender Platz. Das löste etwas in ihr aus, und sie sprach darauf an.
    »Es gibt dort überall einfach herrliche Plätze«, sagte sie.
    »Dann fahren Sie mit mir raus und zeigen Sie mir einen«, forderte ich sie auf.
    Sie zögerte, aber ich schleifte sie einfach mit. Ich lenkte den Jeep zwischen Lavaaufbrüchen hindurch, der Wagen holperte und schwankte. Ich hatte unsere Karte genau im Kopf und wußte in jedem Moment, wo wir uns befanden, aber immer nur rein theoretisch. Die Wüste trug unsere Spuren: Bohrstellen, Sprenglöcher für seismische Messungen, Stangen, Büchsen, Flaschen und Papiere, die von diesem immerwährenden Wind durch die Luft gewirbelt wurden, und doch war alles dasselbe trostlose Einerlei.
    »Sagen Sie mir, wenn wir an einem ›Platz‹ vorbeikommen, und ich halte an.«
    »Das sind alles Plätze«, sagte sie. »Gleich hier ist einer.«
    Ich hielt und sah sie erstaunt an. Ihre Stimme klang kräftig und kehlig, ihre Augen waren geweitet, und sie lächelte. So hatte ich sie noch nie gesehen.
    »Und was gibt es hier Besonderes?« fragte ich.
    Sie antwortete nicht. Sie stieg aus und ging ein paar Schritte. Ihre ganze Haltung hatte sich verändert. Ihr Gang war leicht und beschwingt. Ich folgte ihr und berührte sie an der Schulter.
    »Sagen Sie mir, was es hier Besonderes gibt.«
    Sie wandte den Kopf und sah an mir vorbei. Sie hatte eine neue Grazie, war springlebendig und plötzlich ein sehr hübsches Mädchen.
    »Hier sind die Hunde«, sagte sie.
    »Hunde?«
    Ich sah von Helen zu dem kümmerlichen Beifuß und dem kargen Boden und den häßlichen schwarzen Felsen. Irgend etwas stimmte nicht.
    »Große dumme Hunde, die in Herden umherziehen und Gras fressen«, sagte sie, wobei sie sich ständig umsah. »Große Katzen jagen die Hunde und fressen sie auf. Die Hunde heulen und heulen. Hören Sie sie nicht?«
    »So was Verrücktes!« sagte ich. »Was ist denn mit Ihnen los?«
    Ich hätte sie genauso gut schlagen können. Sie schrumpfte augenblicklich wieder in sich zusammen und antwortete so leise, daß ich es kaum verstehen konnte.
    »Entschuldigen Sie. Mein Bruder und ich haben hier immer Märchen aufgeführt. All das war eine Art Märchenland für uns.« Tränen traten in ihre Augen. »Ich war nicht mehr hier seit … Ich habe mich vergessen. Entschuldigen Sie.«
    Ich mußte schwören, ich hätte einen »Geländebericht« zu diktieren, um Helen dazu zu bewegen, wieder mit in die Wüste zu fahren. Sie saß steif mit Schreibblock und Bleistift im Jeep, während ich
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