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Damon Knight's Collection 02 (FO 03)

Damon Knight's Collection 02 (FO 03)

Titel: Damon Knight's Collection 02 (FO 03)
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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braunen Augen ihrer Mutter Tränen vergossen, Ströme von Tränen um ihre arme verlorene Tochter. »Herrgottnochmal, hör doch endlich auf zu schnüffeln«, glaubte sie ihren Vater zu hören, langbeinig, in rotgestreiften Shorts, während er sich an einem sonnigen Morgen rasierte, und das Badezimmer war voller Dampf und roch nach Zigarettenrauch.
    »Wie geht es den Kindern?« erkundigte sie sich.
    »Welchen Kindern?« fragte die Schwester.
    »Denen aus dem anderen Wagen.«
    »Es geht ihnen gut«, sagte die Schwester.
    Eines der Kinder hob einen Baseball auf und warf ihn nach ihr. Sie wußte, daß er ihr Auge treffen würde und duckte sich, aber das Kissen hielt sie fest, und so bekam sie ihn voll ins Auge. Sie stieß einen schrillen Schrei aus.
    »Schsch, Mädchen«, sagte die Schwester und gab ihr einen Klaps auf den Nacken.
    »Ich bin zehn«, sagte der kleine Junge, als sie wieder wach war. »Ich heiße Bob, und ich habe nur einen Arm.«
    »Das weiß ich. Du hast es mir erzählt. Ist es schön, zehn Jahre alt zu sein?«
    »Nein«, sagte Bob. »Wie alt bist du?«
    »Zwanzig«, antwortete sie. »Ich war auch nicht gerne zehn.«
    »Ist zwanzig besser?«
    »Manchmal.«
    »Oh, pscht«, sagte die Schwester, als sie wieder hereinkam.
    »Haben Sie das in der Schwesternschule gelernt?« fragte sie.
    »Was?«
    » Pscht. Das sagen alle Schwestern immerzu.«
    »Komm, Bob, du weißt doch, daß du nicht hier drin sein sollst.«
    Die Schwester kam mit dem Arzt zurück, und der Arzt sagte: »Sie dürfen sich jetzt aufsetzen.«
    »Nein, danke. Es ist ganz gemütlich so.«
    »Ich meine, Sie können sich jetzt im Bett aufsetzen«, sagte der Arzt.
    »Ich will nicht.« Sie kicherte.
    »Schwester«, fragte der Arzt mit gedämpfter Stimme, »wieviel Nembutal hat sie bekommen? Daß sie uns nicht zu schwierig wird.« Rascheln von Tabellen. »Oh«, sagte der Arzt. »Nun, Miss D. wir versuchen es später noch mal, ja?«
    »Da ist ein Hund unter dem Bett. Niemand hat ihn gefüttert.«
    »Ja«, sagte der Arzt und seufzte.
    »Ein Terrier. Er muß gefüttert werden.«
    Die Schwester seufzte. »Pscht, wir füttern ihn schon, Mädchen, keine Sorge.«
    Da schien wirklich ein Hund unter dem Bett zu sein, ein tröstlicher Gefährte, der zwischen den herabhängenden Falten der aseptischen Bettdecke hockte. Sie warf ihm ihr Kissen hinunter, damit er sich auf etwas legen konnte. Nach einer Weile kroch der Hund hervor, zerrte an dem Draht, der von ihrem Nacken herabhing und ging fort. Sie wollte ihn zurück haben, zur Gesellschaft, sie wollte mehr Nembutal, zum Trost. Und plötzlich wollte sie geliebt werden. Als sie das Glas ansetzte, sprudelte Champagner, und ein paar Bläschen zerplatzten süß auf ihrer Wange, Liebe, Liebe, Tanz und Musik. Wie würde das Auge aussehen?
    »Wird es schrecklich aussehen?« fragte sie den Arzt, der mit kaltem Metall an den Verbänden herumschnippelte.
    »Bestimmt nicht. Über dem Narbengewebe wird sich ein Häutchen gebildet haben. Das entfernen wir später.«
    »Und stechen mir dabei wieder mit so einer reizenden Nadel ins Auge?«
    »Halten Sie die Augen geschlossen«, befahl er, und sie gehorchte. »Sie wollen es doch nicht ohne Betäubung machen lassen«, setzte er hinzu. Er entfernte die Wattebäusche, und sie spürte die Kälte auf den Lidern. »Sie dürfen jetzt versuchen, sie aufzumachen«, sagte er.
    Versuchen? Sie öffnete die Augen, und das Tageslicht machte sie augenblicklich blind. Tränen schossen ihr in die Augen und rannen über ihr Gesicht. »Es wird etwas dauern«, sagte der Arzt. Die Schwester wischte ihr das Gesicht ab. »Immer nur ein bißchen auf einmal«, sagte der Arzt.
    »Es ist Sonntag. Ich will die Comicstrips lesen.«
    »Na, dann mal los«, sagte der Arzt. »Sie können gleich anfangen.«
    Sie fühlte, wie ihr etwas – die Zeitung? – in die zusammengeballte rechte Hand gesteckt wurde. Sie griff danach. Sie öffnete das gute Auge und blinzelte. Die Piraten von Doran durchliefen alle Farben des Regenbogens, und in den Wortblasen krabbelten lauter schwarze Ameisen. Sie schloß das Auge und versuchte es nach ein paar Minuten wieder. Betsy schwamm in grüner Suppe, an den Seitenrändern breiteten sich Lachen aus.
    »Ach was«, sagte sie und legte sich zurück. Von Zeit zu Zeit machte sie die Augen vorsichtig auf, jedesmal ein bißchen weiter und ein bißchen länger. Sie übte immer noch, als es Spinat und Zitronensaft gab, und als die Schwester dann später wieder hereinkam, fragte sie: »Kann
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