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Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Titel: Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches
Autoren: Mitch Albom
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werden sollte. Niemand hatte davon gewusst – außer Teela, seiner Betreuerin, die das Band dann seiner Familie übergeben hatte. Es war eine kurze Botschaft, doch der Rebbe beantwortete darin die beiden Fragen, die ihm in seinem Leben als Geistlicher am häufigsten gestellt worden waren.
    Die eine Frage lautete, ob er an Gott glaube. Er bejahte sie.
    Die zweite Frage betraf das Leben nach dem Tode. Dazu verkündete er: »Auch hierzu kann ich sagen: Ja, ich glaube daran, dass da etwas sein wird. Aber was genau – tut mir furchtbar leid, Freunde. Jetzt, wo ich es weiß, kann ich es euch leider nicht mehr sagen.«
    Die ganze Gemeinde brach in Gelächter aus.
    Der Aktenordner über Gott wollte mir nicht aus dem Kopf gehen. Einige Monate später besuchte ich Sarah und durfte ihn mir selbst aus dem Regal nehmen. Ich war ganz zittrig, als ich ihn in Händen hielt, denn acht Jahre lang hatte ich immer wieder auf diesen Ordner mit der Aufschrift »Gott« geblickt. Und irgendwann fing ich wohl an zu glauben, dass ein heiliger Wind herausfahren würde, wenn ich ihn aufschlug.
    Ich blickte mich in dem verlassenen Büro um und fühlte mich elend. Ich vermisste den Rebbe. Dann schlug ich den Ordner auf.
    Und plötzlich war der Rebbe bei mir.
    Denn in dem Ordner befanden sich Hunderte von Zeitungsausschnitten und Notizen für Predigten über Gott, vom Rebbe mit Pfeilen und Fragezeichen und Anmerkungen versehen. Und nun wurde mir klar, dass dies der Sinn meiner Beziehung zu Albert Lewis und Henry Covington war: Sie boten mir keine Schlussfolgerung an, sondern die aktive Hilfe bei meiner Suche, den Studien, der Reise zum Glauben. Man kann Gott nicht in eine Schachtel packen. Aber man kann Geschichten, Traditionen, Weisheiten sammeln, und nach einer Weile braucht man sich nicht mehr zu recken, um Gott zu erreichen – dann ist man schon näher bei Gott, wie es in dem Choral heißt.
    Haben Sie schon einmal einen Mann Gottes gekannt? Und sind Sie vor ihm davongelaufen? Falls ja: Tun Sie’s nicht mehr. Lassen Sie sich lieber einen Moment nieder. Bleiben Sie auf ein Glas Wasser oder ein paar Bissen Maisbrot. Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie hier etwas Schönes lernen können. Etwas, das Ihnen auf keinen Fall schadet und Sie nicht schwächt. Sondern vielmehr etwas, das beweist, dass in jedem von uns ein göttlicher Funke liegt, der eines Tages vielleicht die Welt erretten kann.
    Die Botschaft auf der Kassette beendete der Rebbe mit den Worten: »Bitte liebt euch, sprecht miteinander, achtet darauf, dass Freundschaften nicht über Banalitäten in die Brüche gehen …«
    Und dann sang er ein schlichtes Lied:
    »Auf Wiedersehn, Freunde, auf Wiedersehn, Freunde,
    lebt wohl, lebt wohl,
    wir werden uns wiedersehen, lebt wohl.«
    Und die Gemeinde stimmte ein letztes Mal mit ein.
    Man könnte sagen, dies war das lauteste Gebet des Rebbe.
    Ich hatte immer geahnt, dass er sich mit einem Lied verabschieden würde.

Epilog

    E ine letzte Erinnerung.
    Dieses Gespräch führten wir kurz vor dem Tod des Rebbe.
    Er sprach über den Himmel, und mir kam plötzlich ein Gedanke.
    Wie das wohl wäre, wenn wir nur fünf Minuten Zeit hätten mit Gott?
    »Fünf Minuten?«, wiederholte der Rebbe.
    Fünf Minuten, ja. Gott hat viel zu tun. Und diese fünf Minuten sind das Stück Himmel, das man geboten bekommt. Fünf Minuten allein mit Gott, und dann geht alles weiter wie vorgesehen.
    »Und was passiert in diesen fünf Minuten?«, fragte der Rebbe interessiert.
    In denen kann man um alles bitten. Was würden Sie also zu ihm sagen?
    »Zunächst würde ich sagen: ›Bitte, Ewiger, wenn es dir möglich ist, so weise jenen aus meiner Familie den Weg auf Erden, die Hilfe brauchen. Steh ihnen zur Seite.‹«
    Gut, das dauert etwa eine Minute.
    »In den nächsten drei Minuten würde ich sagen: ›Gib diese Minuten, Gott, jemandem, der leidet und deine Liebe und deinen Rat braucht.‹«
    Sie würden drei Minuten verschenken?
    »Wenn jemand sie wirklich bräuchte, ja.«
    Gut, sagte ich. Dann ist immer noch eine Minute übrig.
    »Okay. In dieser letzten Minute würde ich sagen: ›Sieh mal, Ewiger, ich habe soundsoviel Gutes getan auf Erden. Ich habe mich bemüht, nach deinem Wort zu leben und es anderen zu vermitteln. Ich habe meine Familie geliebt. Ich war Teil einer Gemeinschaft. Und ich denke, ich war recht gütig zu den Menschen.
    Nun, himmlischer Vater, was ist meine Belohnung für all das?‹«
    Und was glauben Sie, was Gott antworten würde?
    Der Rebbe
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