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Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches

Titel: Damit ihr mich nicht vergesst - Die wahre Geschichte eines letzten Wunsches
Autoren: Mitch Albom
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Superbowl sei. »Aahh, Superbowl«, trällerte er, was eigenartig war, denn ich glaube nicht, dass er sich dieses Sportereignis jemals angesehen hatte. Dann kamen meine Eltern herein und redeten ein paar Worte mit dem Rebbe, während ich meine Tasche packte. Da es dem Rebbe inzwischen schwer fiel aufzustehen, blieb er sitzen, während er mit meinen Eltern sprach.
    Es ist immer eigenartig, wenn sich das Leben wiederholt. Diese Szene hätte auch vor vierzig Jahren stattfinden können, als meine Eltern mich von der Religionsschule abholten und mein Dad uns zu einem Restaurant chauffierte. Doch etwas war heute anders: Ich wollte nicht mehr vor dem Rebbe davonlaufen. Sondern es fiel mir schwer, mich von ihm zu trennen.
    »Geht’s zum Mittagessen?«, fragte er.
    Ja, sagte ich.
    »Gut. Familie. So soll es sein.«
    Ich umarmte ihn, und er legte mir fester als je zuvor die Arme um den Hals.
    Und er sang wieder einmal etwas.
    »Ich wünsch euch viel Spahaß … ’s ist später, als ihr denkt …«
    Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie recht er damit hatte.

Kirche

    S ie müssen unbedingt herkommen und sich das ansehen.«
    Henry hatte sich aufgeregt angehört am Telefon. Als ich vor der Kirche aus dem Wagen stieg, sah ich, dass dort mehr Autos als gewöhnlich geparkt waren. Durch die Seitentür kamen viele Menschen, die ich noch nie hier gesehen hatte – einige schwarz, andere weiß. Aber alle waren besser gekleidet als die Gemeindemitglieder, die ich kannte.
    Als ich die Kirche betrat, kam Henry auf mich zu und breitete strahlend die Arme aus.
    »Ich möchte Ihnen die Liebe zeigen«, sagte er.
    Er umarmte mich mit seinen bloßen Armen. Und plötzlich fiel es mir auf. Er trug ein T-Shirt.
    Die Heizung funktionierte wieder.
    »Ist wie in Miami Beach hier!«, rief er aus.
    Die Gasfirma hatte offenbar die Erwähnung in der Presse als schmählich empfunden und sowohl das Gas wieder angestellt als auch eine Vereinbarung über sinnvollere Ratenzahlungen mit der Kirche getroffen. Die Leute, die jetzt hier herumliefen, waren Leser, die betroffen waren von der Geschichte der Kirche und nun helfen wollten, indem sie Essen kochten und es an die Obdachlosen verteilten. Die Tische im Untergeschoss waren vollbesetzt mit obdachlosen Männern und Frauen, die sich allesamt ohne Mantel dort aufhalten konnten. Da die Heizlüfter nicht mehr brummten, hörte man das Gemurmel von angeregten Gesprächen.
    »Na, ist das nicht was?«, sagte Henry. »Gott ist gütig.«
    Ich ging nach unten und stieß auf den Mann, der seine Zehen in der Kälte verloren hatte. Auch über ihn hatte ich geschrieben. Ich hatte erwähnt, dass seine Frau und seine Tochter ihn vor acht Jahren verlassen hatten, nachdem er auf die schiefe Bahn geraten war. Offenbar hatte nun jemand sein Foto in der Zeitung gesehen und ihn erkannt.
    »Ich werd sie wiedersehn«, sagte der Mann.
    Wen, Ihre Frau?
    »Und mein Töchterchen.«
    Jetzt?
    »Ja. Acht Jahre ist das her, Mann.«
    Er schniefte, und ich merkte, dass er etwas sagen wollte.
    »Danke«, flüsterte er dann.
    Und schlurfte davon.
    Ich weiß nicht, ob mich je ein Danke mehr berührt hat als dieses.
    Als ich aufbrach, begegnete ich Cass.
    »Mister Mitch«, rief er.
    Ist wieder ein bisschen wärmer hier, wie?, sagte ich.
    »Und ob«, erwiderte er. »Und die Leutchen da unten sind auch echt froh.«
    Ich schaute noch einmal nach unten und sah Leute, die Schlange standen. Zuerst dachte ich, sie wollten sich eine zweite Portion Essen abholen, doch dann sah ich, dass dort ein Tisch aufgebaut war und einige Freiwillige Kleider verteilten.
    Ein ziemlich dicker Mann probierte gerade eine Winterjacke an und rief dann nach oben: »Hey, Pastor, haben Sie auch XXXL?«
    Henry lachte.
    Was ist das?, fragte ich.
    »Kleiderspenden«, erklärte Henry.
    Es handelte sich um mehrere hohe Stapel.
    Das ist ja ein Haufen Zeug, sagte ich.
    Henry schaute Cass an. »Hat er es nicht gesehen?«
    Als Nächstes tappte ich dem schwergewichtigen Pastor und dem Einbeinigen hinterher und fragte mich, wieso ich in letzter Zeit immer im Gefolge von Gläubigen unterwegs war.
    Cass schloss eine Tür auf.
    »Schauen Sie«, sagte Henry.
    Und dort standen zahllose Säcke, die den gesamten Raum füllten, Reihe um Reihe: Jacken, Schuhe, Mäntel, Spielsachen.
    Ich schluckte. Henry hatte recht. In diesem Augenblick war es einerlei, welchen Namen man benutzte. Gott ist gütig.

Aus einer Predigt des Rebbe (2000)

    »Liebe Freunde. Ich sterbe. Doch das soll euch
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