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Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick

Titel: Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
Autoren: Carl Hanser Verlag
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brauchte sie eine hoffnungsvolle Stimmung.
    Die Sippe registrierte einen weiteren Sieg gegen die Republik. Ein Parlament aus Mumien, Papageien und Nutznießern gab mit der bekannten Mehrheit von 99,99 Prozent seine Zustimmung.
    Nun erwies sich der neue Assad als der treue Nachfolger seines verstorbenen Vaters. Zwei alte Gefängnisse wurden zum Schein geschlossen, aber die Verhaftungswellen jagten einander, und sie machten keinen Halt vor Greisen und Akademikern, Frauen und Kindern. Nicht einmal die Osmanen, auch nicht die französischen Kolonialisten hatten je einen sechzigjährigen Denker verhaftet, nur weil er die Korruption anklagte und bewies, dass Syrien mit eigenen Mitteln eine positive wirtschaftliche Entwicklung erzielen könne. Aref Dalila, langjähriger Baathist, dabei einer der größten Ökonomen und Dekan der Wirtschaftsfakultät, ist das neueste Opfer. Zehn Jahre Strafe bekam er für seine Kritik. Aber das ist nur der Prominenteste unter Tausenden von Gefangenen, die zu Unrecht in menschenunwürdigen Gefangenenlagern festgehalten und gefoltert werden.
    Das Regime in Syrien kann wie alle anderen arabischen Regime nicht reformiert werden. Die Selbstreform der Diktatur ist eine verbreitete Illusion unter den Oppositionellen, und sie wird dazu führen, dass sie den Augenblick verpassen, das Regime friedlich zu stürzen. Demokratie und Freiheit bedeuten ökonomisch die Rückkehr der Reichtümer eines Landes zu seinem wahren Besitzer: dem Volk. Ein Clan, der jährlich Milliarden in die eigene Tasche »erwirtschaftet«, hat keinerlei Interesse, freiwillig zu teilen.
    Das Regime kann keines der Probleme lösen, weil es selbst das größte Problem ist. Jede winzige Reform in Richtung Freiheit und Demokratie zerstört seine Macht, und jeder Diktator weiß das.
     
    Auch die Spirale der Gewalt, in die zwei kleine Völker geraten sind und keinen Ausgang mehr finden, zwingt mich nachzudenken und zu schreiben. Das winzige Palästina erzeugt seit über einem halben Jahrhundert weltweit Unruhe. Der Konflikt wurde zum neuen gordischen Knoten. Ich glaube, dass noch nie ein Problem mehr Vorschläge und Pläne ad absurdum geführt hat als der Palästinakonflikt. Und täglich verknotet sich die Lage zu neueren, nie da gewesenen Verschlingungen. Die Opfer säumen den langen Leidensweg, und sie werden immer jünger. Beide Gesellschaften zeigten mehr als deutlich den Extremisten der anderen Seite, dass sie fähig sind, auch den größten Terror hinzunehmen, ohne ihre Haltung zu verändern, doch Extremisten leben und sterben unbelehrbar.
    Hier gilt es, weltweit Intellektuelle und Politiker aufzuklären, damit sie sich aktiv an diesem Friedenprozess beteiligen und sich nicht in eine billige Parteinahme für eine Seite flüchten.
    Auch hoffe ich immer, mit meinen begrenzten Mitteln palästinensische und israelische Intellektuelle ins Gespräch zu bringen. Sie zu ermuntern, für die gemeinsame Zukunft zu kämpfen. Ihnen zu sagen: Frieden ist nichts für Tauben, sondern für mutige freie Menschen, denn nur sie können Frieden schließen. Krieg kann man sogar mit Sklaven erfolgreich führen.
    Für diesen bedingungslosen, von Achtung getragenen Frieden schrieb ich und werde immer weiter schreiben, denn Hoffnung ist kein Luxus. Sie ist unser Schicksal.
     
    Manchmal zwang mich die Misere der arabischen Kultur, in Deutschland Stellung zu nehmen. Ich hätte das gerne all den selbsternannten Experten und Spezialisten überlassen und mich meinen Figuren gewidmet. Ich hätte mir auch Mühe und Feindschaften erspart, wenn einer der Esel (hier ist nur die billige Metapher gemeint und nicht das edle Tier) der arabischen Botschaften oder der Arabischen Liga auch nur eine Zeile gegen die Diffamierung der arabischen Kultur geschrieben hätte. Aber in den 35 Jahren meines Exils habe ich die Herren immer vermisst, wenn es darauf ankam, in der Öffentlichkeit die Stimme zu erheben. Sie hielten Schweigen für Gold und schmückten sich damit.
    Auch wenn sich große und kleine Geister der Deutschen über Arabien mit Mitleid erregender Naivität äußerten, schwiegen die Experten.
    Ich könnte ein dickes Buch über die Ahnungslosigkeit der deutschen Intellektuellen gegenüber der arabischen Geschichte und Gesellschaft, Kultur und Literatur schreiben, aber lieber schonen wir Papier und Tinte und begnügen uns mit einem Beispiel: Der arabische Diktator.
    Der arabische Despot hat keine besondere Beziehung zu seinem Land und wird es jeden Augenblick
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