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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin
Autoren: Eine englische Liebe
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ich konnte mich nicht bewegen, ich hatte das Gefühl, meine Lungen platzen
und ich ertrinke. Aber dann habe ich einen Arm an der Schulter gespürt, der
mich rausgezogen hat. Guy war durch das größere Loch zurückgeschwommen, und
als er gesehen hat, dass ich nicht auf ihn warte, hat er geahnt, was passiert
war, und ist zurückgekommen, um mich zu retten. Wenn er gezögert hätte, wäre
ich heute nicht hier.» Ivo sah Cora an. «Er hat mir das Leben gerettet, und
dann habe ich ihn getötet.»
    «Aber ich dachte, er ist bei einem
Reitunfall gestorben», fragte Cora beunruhigt.
    «Ja, ist er, aber Guy war ein
wunderbarer Reiter. Er wollte sich das Genick brechen.»
    «Das kannst du nicht wissen, Ivo.»
Sein finsterer Gesichtsausdruck alarmierte Cora. Ivo stand jetzt auf den Klippen,
und sie bemerkte, wie nah er an der Kante stand.
    «Aber ich
weiß es. Es war wegen Charlotte.» Cora erstarrte. «Sie war das Erste und
Einzige, was jemals zwischen uns stand. Als sie nach Lulworth kam, war sie
gerade sechzehn und so reizend.» Er sah Coras Gesichtsausdruck. «Sie war
damals anders. Ich nehme an, sie hatte noch ... Hoffnung.» Er unterbrach sich kurz. «Ich
war bezaubert von ihr, und sie mochte mich. Aber dann hat Guy, der sich für
Frauen vorher gar nicht interessiert hatte, sie bemerkt und war vollkommen
überwältigt. Er hat nicht mit ihr geflirtet oder überhaupt mit ihr geredet; er
hat sie einfach verehrt, als wäre sie eine seiner Heiligen. Sie hat erst nicht
verstanden, was er empfand, aber ich habe es gesehen. Trotzdem habe ich in
jenem Sommer alles getan, damit sie die Meine wird. Ich wollte sie heiraten,
ehe Guy alles ruinierte. Sie hat mich geliebt, glaube ich, aber wohl nicht
genug, um die Möglichkeit aufzugeben, Herzogin zu werden. Meine Mutter hat
bemerkt, was vorging, und sie hat Charlotte für die Saison mit nach London
genommen. Sie wollte nicht, dass Charlotte die nächste Herzogin wird, genauso
wenig, wie sie es bei dir wollte, Cora.» Ein bitteres Lächeln umspielte seine
Lippen, und er trat noch einen Schritt näher an die Kante.
    Cora sagte: «Ich würde diese
Geschichte sehr viel lieber dort hören.» Sie zeigte auf einen kleinen
Kreidevorsprung, der gute zehn Yard entfernt lag.
    Ivo sah überrascht aus. «Glaubst du
wirklich, ich würde ... 0 nein, Cora, das hast du ganz falsch verstanden.»
    Aber Cora nahm die Zügel des
Eselswagens und führte das Tier zu dem Felsen. Als sie sich umsah, folgte Ivo
ihr.
    «Dann ist mein Vater gestorben, und
wir sind für die Beerdigung nach Lulworth gekommen. Wir waren alle in Trauer,
es gab nichts zu tun, niemanden zu treffen. Wir konnten uns nur gegenseitig
ansehen.»
    Ivo setzte
sich neben Cora auf den Felsen und begann, die Kiesel zu seinen Füßen in
Richtung Klippe zu werfen. «Meine Mutter ist nach Conyers abgereist, um sich
ihren nächsten Ehemann zu sichern. Sie hat Charlotte hiergelassen –
vermutlich um zu verhindern, dass der Herzog am Ende noch
ein Auge auf sie wirft. Und nachdem meine Mutter weg war, gab es nichts, was
Guy davon abgehalten hätte, Charlotte zu folgen wie ein Pilger. Sie hat es
bemerkt und ihn ermutigt. Aber sie hat mich nicht fallenlassen – dafür waren
wir schon zu weit gegangen. Charlotte hat Guy zugehört, wenn er ihr von den
Maltravers und ihrer gloriosen katholischen Vergangenheit erzählt hat, und dann
kam sie zu mir.»
    Ivo warf einen größeren Stein, der
den Rand der Klippe traf, abprallte und in langem Bogen flog, ehe er
verschwand.
    «Wir
wussten beide, dass Guy ihr einen Antrag machen und dass Charlotte ihn annehmen
würde, und dadurch wurden wir leichtsinnig. Im Schloss konnten wir uns nicht
treffen, wegen der Dienstboten, also haben wir die Kapelle genommen. Ich
hätte es besser wissen müssen, im Nachhinein habe ich mich gefragt, ob ich
nicht im tiefsten Innern erwischt werden wollte.»
    Cora sah ihm ins Gesicht, aber er
blickte geradeaus auf das Meer. «Guy hat uns eines Nachmittags auf der Orgelempore
entdeckt. Es konnte keinen Zweifel geben. Er sagte nichts, er ging einfach weg.
Ich hätte ihm hinterherlaufen sollen, aber ich war froh, dass er uns gefunden
hatte. Jetzt würde er Charlotte nicht mehr heiraten. Dann kam sein Pferd an dem
Abend ohne ihn zurück, und ich wusste, was geschehen war, was ich getan hatte.»
    Cora legte
ihm kurz die Hand auf den Arm.
    «Am Tag
nach Guys Beerdigung hat Charlotte mich gefragt, wann wir heiraten würden.
Jetzt, hat sie gesagt, hält uns schließlich nichts mehr auf. Sie
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