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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin
Autoren: Eine englische Liebe
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weg.
    «Glaubst du, sie würde für dich
dasselbe tun, Bertha? Glaubst du, dass deine kostbare Miss Cora auch nur einen
Finger für dich rühren würde?» Jim kam mit seinem Gesicht nah an ihres. «Du
hast ihr nicht von mir erzählt, oder? Weil du weißt, dass es ihr nicht gefallen
wird. Ihr ist egal, wie es dir geht, solange du nur machst, was sie will.»
    Bertha wusste, dass daran etwas
Wahres war. Cora wäre nicht erfreut zu hören, dass Bertha einen Schatz hatte.
    «Vielleicht geht es nicht um Miss
Cora, vielleicht geht es um mich, Jim.» Sie atmete tief durch. «Ich habe
gestern erfahren, dass meine Mutter gestorben ist. Sie war alles, was ich an
Familie hatte, und jetzt ist sie fort. Ich war mit Miss Cora in den letzten
zehn Jahren jeden Tag zusammen. Ja, ich bin nur ihre Zofe, aber wenn ich sie
verlasse, lasse ich alles hinter mir. Du sagst, du willst mich heiraten, aber
vergiss nicht, dass ich eine Ausländerin bin; es wird nicht einfach für uns.
Vielleicht möchte ich einfach eine Zukunft, die ich kenne und verstehe.»
    Jim legte
seine Hand unter ihr Kinn, damit sie ihn ansah. «Weißt du noch in New York,
Bertha, als du zu viel Angst hattest, um in der Öffentlichkeit meine Hand zu
halten?
    Willst du dahin wirklich zurück? In
London beachtet uns niemand. Da kommen alle von überall. Mir macht das auch
Angst, Bertha. Ich war mein ganzes Leben lang Bediensteter, aber ich glaube,
dass wir zusammen eine Chance haben.»
    Sie konnte nicht sprechen; sie
setzte sich wieder in Bewegung, schob stoisch den Kinderwagen über den Kies in
Richtung des Hauses. Er rührte sich nicht von der Stelle, und als sie den Kopf
drehte, um ihn anzusehen, stand er da auf dem Weg und drehte seinen Hut in den
Händen. Sie blieb stehen. Er hatte den Bowler an dem Tag getragen, an dem er
aus Indien zurückgekommen war. Nur war Jim damals übermütig gewesen, sein Haar
blonder, seine Haut dunkler. Sie begriff, dass sie anfing, ihren eigenen Quilt
aus Erinnerungen zu weben, mit ihm im Zentrum. Sie rief ihn, mit lauter,
entschlossener Stimme.
    «Komm mit, Jim, ich muss das Baby zu
seinem Kindermädchen bringen. Und dann, vielleicht ... Wir werden sehen.»
    Er warf den Bowler in die Luft,
sodass er auf seinem Kopf landete, und lief auf sie zu.
    Es waren an diesem Tag drei Züge aus Lulworth gekommen,
und jedes Mal war Teddy am Bahnhof gewesen. Cora hatte ihm gesagt, dass sie ihm
ein Telegramm in den Club schicken würde, aber nachdem er ihr Zimmer im Hotel
reserviert hatte, beschloss er, direkt zum Bahnhof zu gehen. Er wollte sie in
ihrem neuen Leben begrüßen, er wollte sie aus dem Qualm und dem Durcheinander
des Bahnhofs holen und sie direkt in die Zukunft bringen, die strahlend vor ihnen
lag.
    Er sah zur Bahnhofsuhr empor – der
nächste Zug kam in fünf Minuten – und holte sein Zigarettenetui hervor. Ihm
fiel ein, wie Cora im Dunkeln beim Gartenhaus geraucht hatte, wie sie die
Zigarette mit den Lippen berührt hatte. Er dachte daran, wie er sie gestern
Abend in den Armen gehalten hatte, an ihre knochigen Schultern, ihre kleinen,
zarten Ohren.
    Ein Gepäckträger lief über den
Bahnsteig und pfiff ein Lied, das Teddy für Onward Christian Soldiers hielt.
Eine Frau mit Strohhut rieb mit einem Taschentuch in ihrem Gesicht herum. Auf
dem Bahnsteig lag ein Quadrat aus Licht, das durch ein Loch im Glasdach fiel.
Teddy blickte nach oben und sah, dass Stare ein und aus flogen. Vor ihm hing
ein Plakat, welches das behagliche Weymouth anpries, mit seiner
gesundheitsfördernden Seeluft und seiner lieblichen Landschaft. Er warf
seine Zigarettenkippe auf den Bahnsteig und trat sie mit dem Absatz aus. Er
konnte das Warten nicht länger ertragen. Wenn sie ankam, wenn er sie endlich
sah, würde dieses flaue Gefühl im Bauch sicher verschwinden, das ihn daran
gemahnte, dass sein Leben fortan eine andere Farbe haben würde, dass er von dem
Moment an, in dem der Zug in den Bahnhof einfuhr, immer als der Mann bekannt
sein würde, der mit Cora Cash weggelaufen war.
    Er hörte das Pfeifen der Lokomotive,
und der Bahnsteig füllte sich mit Rauch, als die Weymouth-Bahn näher kam. Teddy
trat zurück, als die Passagiere auf ihn zuströmten, Familien, die von ihrem
Urlaub am Meer zurückkamen, zwei Männer, die schwarze Hüte mit Kreppbändern
trugen und offenbar von einer Beerdigung kamen, eine alte Dame mit einem Mops.
Langsam lichtete sich die Menschenmenge. Die Türen zu den Erste-Klasse-Waggons
waren, wie Teddy jetzt sehen konnte, alle geöffnet. Er
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