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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin
Autoren: Eine englische Liebe
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ältere Dame damit meinte, aber jetzt, als
sie hinter Lord Bridport ritt, begriff sie, dass der Wettkampf schon begonnen
hatte.
    Bisher war sie der eleganten
britischen Weiblichkeit nur in Maßen ausgesetzt gewesen; Cora und
ihre Mutter waren gegen Ende der Saison in London eingetroffen, als alle Menschen, die etwas auf sich hielten,
sich auf dem Land befanden oder sich zurückzogen, um die Aufmerksamkeit nicht
auf die Tatsache zu lenken, dass sie nicht über Landgüter verfügten, und die
Gattin und die Tochter von Lord Bridport waren in Coras Augen nicht elegant,
obwohl sie ihre Abstammung bis zum Eroberer zurückverfolgen konnten. Hier aber
waren Frauen, deren Busvine-Kleider genauso eng anlagen wie ihres. Ihre
Erscheinung schlug nicht die aufgeregten Wellen wie überall in ihrem Heimatland.
Nicht ein einziges lächelndes Gesicht wandte sich ihr zu, als sie Lord Bridport
ins Gewimmel folgte. Cora war nicht sicher, wie ihr das gefiel, es war
ungewohnt, dass niemand sie kannte.
    «Ah, Charlotte, darf ich dir Miss
Cash vorstellen. Miss Cash, meine angeheiratete Nichte, Lady Beauchamp.»
    Ein blonder Kopf drehte sich ein
kleines Stück in ihre Richtung und nickte ihr kaum merklich zu.
    «Und dies ist mein Neffe Odo. Miss Cora Cash – Sir Odo
Beauchamp.»
    Odo Beauchamp beschämte selbst das
elegante Kleid seiner Gattin. Sein dunkelroter Mantel und seine weißen Reithosen
waren tadellos geschneidert. Sein Haar war so blond wie das seiner Frau, aber
ihr Chignon war streng, während ihm die Andeutung einer Locke über den Kragen
fiel.
    Er wandte
Cora sein Gesicht mit den hellen blauen Augen und den geröteten Wangen zu.
«Wie geht es Ihnen, Miss Cash? Gehen Sie heute zum ersten Mal auf die Jagd? Ich
vermute, in Ihrem Land geht man wilderen Sportarten nach.»
    Seine Stimme war erstaunlich hoch
und hell für einen so großen Mann, aber sie besaß eine unüberhörbare Schärfe.
    «Oh, wir gehen zu Hause oft genug
auf die Fuchsjagd», antwortete Cora, «aber nach all den Bären und Klapperschlangen
kommt sie uns doch sehr harmlos vor.»
    Odo
Beauchamp hob eine Augenbraue. «Ihr amerikanischen Mädchen seid so geistreich,
hoffentlich sind Sie nach der Myddleton-Jagd immer noch so beherzt. Das ist ein
sehr großes Tier, das Sie da haben, ich hoffe, Sie kommen ohne Hilfe wieder
herunter.»
    «Da, wo ich
herkomme, Sir Odo, würde eine Dame sich schämen, ein Pferd zu reiten, mit dem
sie nicht umgehen kann.» Cora lächelte höflich.
    «Nichts Geringeres als eine Amazone.
Charlotte, mein Engel, komm doch mal her und bewundere Miss Cash. Sie ist ein
Ereignis.» Mit einer behandschuhten Hand winkte Odo seine Frau heran. Der
blonde Kopf wandte sich ihnen zu; Cora hatte den Eindruck, dass ihre blauen
Augen sehr weit auseinanderstanden und dass eine gewisse Härte ihren Mund umspielte. Ihre Stimme war für
eine Frau unerwartet tief.
    «Odo, du darfst Miss Cash nicht
aufziehen. Du willst ihr doch nicht ihren ersten Eindruck von der
Myddleton-Jagd verderben. Es ist sicher anders als alles, was Sie kennen, Miss
Cash, obwohl ich weiß, dass amerikanische Mädchen nichts lieber tun als jagen.»
    Cora entging der Spott nicht, ihre
Augen verengten sich. «Nur, wenn es etwas zu jagen gibt, das den Aufwand
lohnt.»
    Weiteren Feindseligkeiten wurde
Einhalt geboten durch das Kläffen der Hunde, die die Fährte aufgenommen hatten.
    Der Jäger blies in sein Horn, und
die Reiter folgten Lord Bridport, der hinter den Hunden hergaloppierte. Cora
stieß ihre Hacken in Lincolns Flanken. Er fiel in einen geschmeidigen Gang und
drang immer weiter nach vorne vor. Die erste Hecke nahm er ohne zu zögern, und
Lord Bridport winkte ihr ermutigend zu.
    Das
Jagdgebiet von Virginia, in dem Cora reiten gelernt hatte, war flach und weit,
aber diese Landschaft war von Hecken und Zäunen durchzogen. Sie ritten mit
hoher Geschwindigkeit, und bald war Cora außer Atem. Aber Lincoln genoss es,
nahm Zaun für Zaun, ohne auch nur seinen Schritt zu verlangsamen. Wenigstens er
hatte diesem fremden Land gegenüber keine Vorbehalte. Das Feld der Reiter
hatte sich gelichtet. Cora ritt allein an der Spitze, bis ein beleibter junger
Mann im rosa Mantel neben ihr auftauchte.
    «Es ist ein Vergnügen zu sehen, wie
Sie diese Zäune nehmen. Großartig, ganz großartig.»
    Cora
lächelte, trieb aber ihr Pferd an. Es war offen geblieben, ob das Vergnügen
des jungen Mannes sich auf sie oder auf Lincoln bezog, und sie hatte kein
Interesse, es herauszufinden. Aber ihr Bewunderer blieb
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