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Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Titel: Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke
Autoren: Helmut Schleich
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Talfahrt ist ein fast senkrechter »Sturz« durch schneespuckende weiße Wolken hinunter zur Erde, am Stahlseil hängend wie an einem virtuellen Fallschirm, akustisch begleitet von den »O my God«-Rufen einer dicken Amerikanerin und dem unverständlichen Gekicher pausenlos fotografierender zahnspangiger Asiatinnen neben uns. Vielleicht, so mutmaßen wir, sind das Südkoreanerinnen aus Pyeongchang, die sich über den Olympia-Loser Garmisch lustig machen.
    Der Letzte, der sich auf diesem Rücksturz ins verregnete Tiefland zu Wort meldet, ist der – natürlich sächsische – Gondelführer, der uns unaufgefordert eine kachelmanneske Wetterprophezeiung mit auf den Heimweg gibt: »Dr Wintr fälld heur aus auf dr Dsuugschbidze.«
    Dem, so finden wir, ist nichts mehr hinzuzufügen.

Gamsbart Ahoi – Am Chiemsee
    Ein Schloss für uns allein
    Die roten Schaufelräder peitschen das Seewasser hinter großen Glasscheiben zu grünlichem Schaum, während der alte Raddampfer gelassen seine schnurgerade Spur über den stillen Spiegel des größten der bayerischen Seen zieht. Als Thomas ein Kind war, werkelte im von oben einsehbaren Maschinenraum noch eine echte Dampfmaschine, die sich mit ihren unermüdlich taktenden Schubstangen damals tief in sein Gedächtnis eingefressen hat. Jetzt brummt im Bauch der »Ludwig Fessler« ein ganz gewöhnlicher Schiffsdiesel, aber trotz dieses Stilbruchs ist die Inselrundfahrt auf dem Chiemsee mit dem behäbigen Paddler auch heute noch ein nostalgisch-gemütliches Erlebnis.
    Vor allem für uns, die wir eigentlich viel enger mit einem anderen Chiemseeschiff verbunden sind: mit der MS »Edeltraud«, ihres Zeichens das größte Wasserfahrzeug der Chiemseeflotte und viel moderner als der Raddampfer. Helmut hat es mit seiner »Gamsbart-Ahoi«-Truppe fünf Jahre lang in ein sommerliches Kabarettschiff verwandelt, und Thomas hat praktisch alle diese Fahrten mitgemacht, viele Videos gedreht oder während der Vorstellung auf dem leeren Oberdeck gesessen und an neuen Projekten gearbeitet. Während uns jetzt der Raddampfer als ganz normale Passagiere über den mittlerweile so vertrauten, spätsommerlichen See befördert, denken wir an diese wunderbaren und manchmal auch aufregenden Abende zurück.
    Kabarett auf einem Schiff folgt seinen eigenen Gesetzen, denn schließlich hatte Helmut neben Sebastian Knözinger, Manfred Kempinger und Traudi Siferlinger mit der Gruppe Pitu Pati bei jeder Fahrt noch einen weiteren Mitspieler: den See. Mal reflektierte er die Strahlen der brütend heißen Sommersonne direkt in den großen Salon hinein, der längst die Temperaturen eines türkischen Dampfbads angenommen hatte, mal war er im Gewittersturm so aufgewühlt, dass bei Mitwirkenden und Zuschauern schon fast das Gefühl einer Kap-Hoorn-Umrundung aufkam – zumindest in einer bayerisch moderaten BonsaiVariante. Unvergessen sind auch die verzauberten Pausen, in denen hinter der Fraueninsel ein riesiger, dunkelorange leuchtender Sonnenball im Wasser versank, begleitet von der sämtliche Zuschauer dahinschmelzen lassenden Musik von Pitu Pati.

    Gamsbart Ahoi
    Der See spielte aber noch in anderer Weise bei Gamsbart Ahoi mit: In Form der vielen Geschichten, die wir an seinen Ufern fanden und von Traudi als Moderatorin erzählen ließen. Die Geschichte vom langsam verlandenden Eiszeit-Überbleibsel Schafwaschener Bucht, in die die »Edeltraud« nur mit Sondergenehmigung einfahren durfte; die Geschichte der ältesten Chiemseefischerin Josefa Steinbeisser, die uns auf jeder Fahrt begleitete und mit ihrem herben Charme die Zuschauer begeisterte, und die Geschichte des lang gestreckten Baus unterhalb der Kampenwand in Felden bei Bernau – Hitlers erster Reichsautobahnraststätte, die heute, nach einem Zwischenspiel als Erholungszentrum für amerikanische GIs, in eine Reha-Klinik umfunktioniert wurde. Eine Reha-Klinik direkt neben der Autobahn – da kommt man schon ins Grübeln. Für Tinnitus-Patienten vielleicht, die dort vor lauter Verkehrslärm das Pfeifen im eigenen Ohr nicht mehr hören?
    Und dann war da natürlich das Schloss auf der Herreninsel, König Ludwigs ganz persönliches Kulissen-Versailles. Bei Gamsbart Ahoi spielte es nur eine Nebenrolle, aber dafür wurde es bei unserer zweiten Chiemsee-Produktion, dem von 2009 an drei Jahre lang aufgeführten » Ludwig IV. – ein echter König geht nicht unter« , zur Hauptperson.

    Heute ein König
    Als wir das Angebot bekamen, das erste Kabarettprogramm in einem
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