Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daemonenherz

Daemonenherz

Titel: Daemonenherz
Autoren: Cornelia Zogg
Vom Netzwerk:
Füssen.
    «Erzdämon Irial!»
    Die Stimme eines der Cherubim donnerte durch den Raum. Ich zuckte zusammen und wollte weinen. Konnte die Tränen unterdrücken. Lucifels Griff an meiner Schulter war fest. Nicht, weil er mir Schmerzen zufügen wollte, es war seine Art, mir Kraft zu geben. Belials Hand lag an meinem Rücken und stützte mich. Lilith, die etwas abseits stand, lächelte matt und nur schon ihr strahlendes Wesen beruhigte mich. Akephalos starrte die Cherubim verächtlich an. Ich lächelte innerlich. Azazel hingegen wandte sich in Gedanken an mich.
    «Bleib standhaft, Irial. Cherubim beeindruckt nichts mehr als Würde.»
    Der Cherub donnerte weiter. Ich konnte nicht ausmachen, welcher von ihnen sprach. «Wir sind gekommen, dich dem Jüngsten Gericht zu überführen. Dir soll der Prozess gemacht werden vor dem höchsten aller Instanzen. Deine Verbrechen gegenüber Gottes liebsten Geschöpfen sollen gesühnt werden. Bist du bereit, deine Strafe anzunehmen und mit uns zu gehen?»
    Ich war auf einmal überwältigt von der Unterstützung, die mir hier jeder entgegenbrachte.
    Ich hatte Freunde.
    Ich war ihnen nicht egal und sie waren hier, um mir beizustehen.
    Nach allem was ich angerichtet hatte.
    «Ich bin bereit», antwortete ich mit möglichst fester Stimme.
    «Trete vor!»
    Ich zögerte. Lucifel lockerte seinen Griff. Die drei Schritte bis vor die Cherubim waren die schwersten, die ich je hatte machen müssen. Meine Glieder waren schwer. Ich unterdrückte das Zittern, die Anspannung in meinem Körper, die Übelkeit in meiner Kehle. In mir schrie alles. Sträubte sich. Und doch ging ich die drei Schritte.
    Kaum stand ich vor ihnen, legten sich massive Ketten um meine Hand- und Fußgelenke. Einer der Cherub griff nach der Kapuze meines Umhangs und zog sie mir über den Kopf. Ich starrte zu Boden. Auf die Ketten an meinen Armen.
    Das kalte Metall um meine Fußgelenke konnte ich unter dem Umhang nicht sehen, aber sie waren schwer. Die Cherubim drehten sich um, zwei von ihnen flankierten mich und legten ihre riesigen Hände auf meine Schultern. Ich spürte es kaum.
    Sie brachten mich zu Ygdrasil, von dort an nach oben. Aber irgendwo bevor wir den Himmel erreichten, bogen sie ab und brachten mich tief hinein in den weißen Nebel. Irgendwann wurde es dunkler und wir landeten auf einer unsichtbaren Plattform. Unter mir lag nichts weiter als wirbelnder schwarzer Dunst und Wolken. Um mich herum lag alles in düsterem, schwarzem Licht. Nebel waberte über den Boden, ich konnte kaum einige Meter weit sehen.
    «Dein Platz ist hier im Nimbus», sprach einer der Cherub. «Wir holen dich, sobald das Jüngste Gericht tagt. Gehabt euch wohl, Erzdämon Irial. Werdet euch eurer Tat und eurer Schuld bewusst.»
     

    Die Engel ließen mich in meinem Gefängnis aus Wolken, Asche und Stille zurück. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, in die Dunkelheit zu wandern und nach einem Ausweg zu suchen. Einem Ort, der mir etwas Schutz und Trost spenden würde. Aber hier gab hier nichts.
    Es war ein leerer Ort. Bestimmt für jene, die auf ihr Schicksal warteten. Jene, denen nicht einmal die Hölle vergönnt war. Die Abtrünnigen.
    Ich setzte mich auf den kalten Boden. Die Ketten klirrten und kratzten über meine Haut. Die Kapuze hing in mein Gesicht, aber es kümmerte mich nicht. Betäubt starrte ich zu Boden, durch das Glas hinunter in die stürmischen Wolkenfetzen.
    Ich wusste, es konnte Jahrhunderte dauern, bis meine Zeit vor dem Jüngsten Gericht gekommen war. Mein Schicksal war mir so gut wie sicher und einmal mehr würde nichts geschehen, was mich daraus befreien würde.
    Meine Zeit als Mensch drängte sich in meine Erinnerung. Ich ließ es zu. Was hatten die paar Jahre auf der Erde noch für eine Bedeutung?
    So begann ich, in Gedanken jeden Moment meines bisherigen Lebens aus der Erinnerung zu graben und nahm mir Zeit, über jede einzelne Entscheidung in meinem Leben zu richten.
    Irgendwann erinnerte ich mich an den Spiegel in Gottes Palast.
     

Das Jüngste Gericht
     

    Als die Cherubim kamen, um mich vor Gericht zu bringen, hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren.
    Wir betraten die Erde und wechselten in die Seelenform hinüber.
    Ich kannte den Ort. Wir waren in Tokyo und steuerten geradewegs auf das Firmengebäude der Nephilim zu.
    Das Gebäude war verlassen. Die Nephilim konnten die Seelenwelt nicht sehen und so stellten sie vermutlich bloß die Räume zur Verfügung.
    Ich war erstaunt. Ich hatte etwas ganz anderes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher