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Dämonenfalle Rom

Dämonenfalle Rom

Titel: Dämonenfalle Rom
Autoren: Jason Dark
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nicht.
    Einiges war anders.
    Keine Konzentration, und als sie ihren Blick in die Runde schweifen ließ, da kam es ihr vor, als hätte sich das Innere der Kirche sehr verändert. Es bot ihr keinen Schutz mehr. Die dicken Mauern schienen durchlässig zu sein, und zwar durchlässig für etwas anderes, für das Böse vielleicht? Sie schluckte. Feucht schimmerten die Augen, Tränen füllten sie aus, und etwas legte sich um ihre Brust, erschwerte das Atmen und zog das Herz zusammen.
    Die Angst wurde stärker.
    Jetzt sprach sie lauter. Sie konnte nicht mehr still für sich beten, sie mußte die Worte hören, damit sie sich an ihnen aufrichtete, um neuen Mut zu schöpfen.
    »Gefahr, alte Frau. Die Gefahr kommt…«
    Der Hauch einer Stimme, wie vom Wind herbeigeweht.
    »Gefahr…«
    Sie zuckte hoch. Ihre Gesichtszüge versteinerten, sie begann zu zittern; und sie schaute sich suchend um, damit sie den Sprecher entdecken konnte.
    »Gefahr…«
    Nein, um Himmels willen, nein. Das war kein Sprecher, sondern eine Sprecherin. Sie hatte die alte Frau gewarnt, und die Signora merkte, daß eine Gänsehaut über ihren Rücken kroch, als sie sich in die Höhe stemmte und sich umschaute.
    Wo steckte die Ruferin?
    Signora Fachetti sah nichts. Sie schaute in die leere Kirche hinein. Von der Sprecherin war kein Rockzipfel zu erkennen. Aber die Alte hatte sich nicht getäuscht. Da war eine Stimme gewesen, die sie angesprochen hatte.
    Die alte Frau überlegte, was sie tun sollte, und kam zu dem Entschluß, den Pfarrer zu benachrichtigen. Er mußte ihr helfen, allein wurde sie mit diesem seltsamen Phänomen nicht fertig.
    Es war nicht nur seltsam, sie empfand es gleichzeitig als bedrückend. Eine furchtbare Drohung lag über ihr und schien sie erdrücken zu wollen. Was ihr noch nie in ihrem langen Leben passiert war, das geschah jetzt. Die Kirche kam ihr wie ein Gefängnis vor, und es schien ihr, als würden die Mauern zusammenrücken und der Raum zwischen ihnen immer kleiner werden.
    »Nein!« flüsterte die Signora. »Nein, bitte nicht! Was ist das alles hier? Ich…« Sie verstummte, denn in Höhe des Altars geschah etwas, für das sie keine Erklärung fand. Eine Erscheinung…
    Signora Fachetti hielt den Atem an. Die Augen in ihrem faltigen Gesicht weiteten sich. Sie dachte an die zahlreichen Marienerscheinungen, über die sie gelesen hatte. Würde auch ihr so etwas widerfahren? Offenbarte die Mutter…
    Ihre Gedanken stockten, denn die Lichterscheinung nahe des Altars überstrahlte alles. Vielleicht blendete sie auch, und die alte Frau spürte, daß etwas auf sie zukam, gegen das sie sich nicht wehren konnte. Es war etwas Fremdes, etwas nie Erlebtes, etwas Ungeheures. Ein Geist…
    Sie atmete heftig und schnell. Das Herz raste in ihrer Brust, und sie hörte nicht nur die Stimme aus dem Licht kommen, sie sah auch ein Gesicht. Ein altes Gesicht, das Gesicht einer Frau!
    Signora Fachetti war wie vor den Kopf geschlagen. Dieses Frauengesicht konnte nicht die Heilige Maria sein, nein, die wurde anders beschrieben, es mußte sich um jene Frau handeln, die… Als ihr die Tragweite ihrer Gedankengänge bewußt wurde, da begann sie zu zittern, denn sie entdeckte über dem Altar den Beweis für ihre Vermutungen.
    Nicht ein Gesicht war dort zu sehen, sondern mehrere. Sie hatten sich praktisch übereinandergeschoben, und es sah so aus, als bestünden die Gesichter aus mehreren Schichten.
    Vielleicht zwölf?
    Wieso kam sie gerade auf die Zahl zwölf? Es mußte einen Grund haben. Trotz des Wirrwarrs ihrer Gedanken gelang es ihr, sie zu ordnen, und ihr fiel der Grund tatsächlich ein.
    Zwölf Gesichter, zwölf Frauen - aber nur ein Name. Sibylle!
    Das war es. Sibylle! Ein Erbe aus dem Altertum. Unter dem Namen Sibylle vereinigte man zwölf weissagende Frauen, deren Orakel auf eine Prophezeiung zurückgingen, die ihre Weissagungen in einer Quellgrotte in Eritria verkündet hatte.
    Sibylle und die Sibyllinischen Schriften! Beides hing zusammen. Beides waren Prophezeiungen, die auch die Christen der Urkirche und das Judentum mit übernommen hatten.
    Diese Schriften, angeblich verbrannt, doch oft genug zitiert, warnten vor Unheil. Wenn Gefahr in der Luft lag, dann wurden sie befragt, was zu tun war.
    Und nun zeigte sich ihr die Sibylle mit den zwölf Gesichtern der Frauen, die zu ihr gehörten.
    Signora Fachetti schluchzte auf. Ihre Mundwinkel zuckten. Was sie erlebte, das grenzte schon an ein Wunder, und sie schaffte es, ihre Angst zu überwinden und den
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