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Daemonen kuesst man nicht

Daemonen kuesst man nicht

Titel: Daemonen kuesst man nicht
Autoren: Angie Fox
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dafür, wie viel er mir bedeutet hatte. Mir fiel jedoch nichts ein, was all den Jahren gerecht geworden wäre, die er damit verbracht hatte, über mich zu wachen, oder dem, was er am Schluss für mich getan hatte.
    In der Nacht vor der Beerdigung wand ich mich aus Dimitris Armen, setzte mich auf die Treppe vor unserer Hütte und schrieb Phil einen Brief. Ich erzählte ihm von all den Dingen, die ich gern mit ihm besprochen hätte, als er noch am Leben war. Und ich sagte ihm, dass es mir das Herz gebrochen hatte, als ich ihn verloren hatte.
    Vor der Trauerfeier auf dem St.-Christopher’s-Friedhof steckte ich den Brief in seine Hemdtasche. Die Hexen, Feen und wer weiß noch alles stellten sich in ungeordneten Reihen inmitten eines öden Felds mit Grabsteinen auf. Ich hielt Großmutters Hand, während Dimitri neben mir seinen Arm um meine Taille legte. Ich staunte, wie sehr Phils Beerdigung in jeder Hinsicht wie eine typische Zeremonie ablief, außer als Sid rasch nach Pater Hamiltons Gebetbuch griff, eine Sekunde, bevor der gute Reverend es hätte fallen lassen.
    Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich Phil im
Stich gelassen hatte. Er war bereit gewesen, sich für mich zu opfern, aber war das wirklich nötig gewesen? Ich war nicht sicher, was ich hätte tun können, um ihn davor zu bewahren, als Köder benützt zu werden. Meine Erbsünde bestand im Grunde genommen darin, eine Dämonenkillerin zu sein. Aber es musste noch irgendetwas anderes gegeben haben, eine Reihe von Wahlmöglichkeiten, die ihn davor hätten bewahren können, sich letztendlich zu opfern. Ich machte mir große Vorwürfe, während ich im Geist eine lange, alphabetisch angeordnete Liste davon aufstellte.
    Als wir anschließend zum Auto zurückgingen, nahm ich einen Hauch von Zimt in der Luft wahr. Ich drückte Dimitris Hand. »Gibst du mir eine Minute Zeit?«
    Dimitri begleitete Großmutter zu den Harleys zurück, während ich langsam zu der niedrigen Gartenmauer hinüberging, wo die Luft besonders süßlich roch. Mein Herz schwoll an, und ich hoffte verzweifelt auf irgendein Zeichen, dass es Phil gut ging.
    Als ich um die Mauer herumging, sank jedoch meine Hoffnung. Stechender Gestank nach verfaulten Blumen drang mir in die Nase. Sie lagen halb verwelkt auf einem Haufen, nach anderen Beerdigungen in dieser Ecke des Friedhofs entsorgt.
    Ich konnte es nicht ändern. Bilder meines Märchenpaten in seinem Grab tauchten vor meinem geistigen Auge auf. »Es tut mir leid, Phil«, sagte ich und betrachtete die Blumen, die einmal so hübsch gewesen waren. »Ich weiß jetzt, was ich falsch gemacht habe, und beim nächsten Mal werde ich es besser machen, das verspreche ich.«
    »Ich finde, du hast es auch dieses Mal recht gut gemacht.«
    Ich wirbelte herum. Mein Herz klopfte heftig.
    »Phil?« Ein leichtes Schimmern umgab seinen Körper. Er sah nicht ganz wie ein Geist aus, aber …
    »Geh nicht so hart mit dir ins Gericht, Lizzie. Du bist zwar
eine Dämonenkillerin, aber  – glaub es oder nicht  – du bist nur ein Mensch.«
    Tränen verschleierten mir den Blick, und ich ließ sie ungehemmt fließen. »Es tut mir leid.«
    »Das weiß ich. Ich habe deinen Brief gelesen. Alle zwölf Seiten, sonst wäre ich schon eher gekommen.«
    Ich hätte ihn so gern umarmt. »Hast du deine Seele noch?«, fragte ich hoffnungsvoll und betete, dass es so war.
    Er tippte sich auf die Brust. »Sie sitzt genau hier.« Sein Gesicht wurde ernst. »So schlimm ist es nicht, Lizzie. Schau.« Er schwebte einen halben Meter nach oben. »Ich kann jetzt besser Basketball spielen. Und ich werde Elvis treffen. Und erfahren, wo sie Jimmy Hoffa vergraben haben.«
    Ich prustete los, halb weinend, halb lachend. »Ich kann nicht fassen, dass ich dich verliere, bevor ich dich richtig kennenlernen konnte.«
    »Sieh her und staune.« Er hob sich noch ein Stück weiter in die Luft und wirbelte herum. »Brian Boitano bei seiner Kür«, erklärte er und lief eine Acht.
    »Jetzt gibst du aber an.«
    Um seine Augen bildeten sich Fältchen, als er lächelte.
    Unwillkürlich musste ich auch grinsen  – was für ein Mann  – und wischte mir die Nase mit dem Handgelenk ab. »Dein Job war doch eigentlich beendet, als ich dreißig Jahre alt geworden bin.«
    Er kicherte. »Nur weil du erwachsen geworden bist, konnte ich dich doch nicht allein lassen.«
    Und ich hatte gedacht, ich sei nach Vegas gekommen, um ihn zu retten.
    Seine knollige Nase wurde noch breiter, als er mich anstrahlte.
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