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Daemonen in London

Daemonen in London

Titel: Daemonen in London
Autoren: Nathan R. Corwyn
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nur sie
hatte retten können. Seine Frau und seinen Sohn hingegen hatte
er in dieser Nacht verloren, hatte ihr Sterben mit ansehen müssen.
Und war seither nicht mehr derselbe Mann.
    Keeva
seufzte und drehte sich auf die Seite. Um Mitternacht hatten Vater
und Großvater ihr gratuliert und Vater hatte dabei kaum seine
Tränen zurückhalten können. Keeva spürte sehr
wohl, dass er sie liebte und sich über jeden ihrer Geburtstage
freute – aber trotzdem war die Trauer über seinen
schrecklichen Verlust einfach stärker.
    Ihr
Geburtstag wurde dadurch nicht gerade zu einem Tag der Freude, auch
wenn sie es verstehen konnte. In ein paar Stunden, am heutigen Abend,
würden sie zusammen mit einigen wenigen Freunden ein schönes
Abendessen genießen, Keeva würde ihre Geschenke in Empfang
nehmen, und das war es dann.
    Manchmal
fragte Keeva sich, ob Vater den Verlust nicht etwas leichter
verkraftet hätte, wenn ihr Bruder Gabriel das überlebende
Kind gewesen wäre, und nicht sie, das Mädchen. Dann hätte
Vater wenigstens jemanden gehabt, den er zu seinem Nachfolger hätte
ausbilden können.
    Sie
selbst kam dafür nicht infrage. Frauen konnten keine
Dämonenjäger werden, so verlangte es die Regel. Und Vater
hielt sich an die Regeln – zumindest an die der Dämonenjäger.
    Keevas
Großvater, Robert Paddock, hatte seine Meinung darüber in
den letzten Jahren jedoch geändert.
    Keevas
Mutter Rachel war sein einziges Kind gewesen. Damals, lange vor
Keevas Geburt, hatte Großvater ebenfalls noch an die
Richtigkeit der Regel geglaubt und seine Kenntnisse nicht an seine
Tochter weitergegeben. Stattdessen hatte er den damals zehnjährigen
Liam zum Jäger ausgebildet - der später nicht nur sein
Nachfolger, sondern auch sein Schwiegersohn geworden war.
    Als
es in jener schicksalhaften Nacht vor zehn Jahren schließlich
zum finalen Kampf gegen die Dämonen gekommen war, war Rachel
vollkommen unvorbereitet und daher auch nicht in der Lage gewesen,
sich gegen diesen Angriff auf irgendeine Weise zu schützen. Wenn
sie zumindest die Grundausbildung zum Dämonenjäger genossen
hätte, dann wäre der Kampf womöglich vollkommen anders
ausgegangen. Zu dieser Erkenntnis war jedenfalls Robert Paddock
gelangt – und das war auch der Grund, warum er seine Meinung
zur Ausbildung von Frauen geändert hatte.
    Keevas
Vater jedoch hielt unverbrüchlich an der starren Regel fest.
Frauen durften keine Jäger werden, schließlich gab es
diese Regel nicht ohne Grund. Es war nämlich nicht bloß
deswegen verboten, weil man Frauen für nicht kräftig genug
hielt – körperliche Stärke war keine grundlegende
Voraussetzung für den Kampf gegen die Höllenwelt. Nein,
Frauen hatten eine gänzlich andere Schwachstelle, die Männer
nicht besaßen...
    Gedankenverloren
spielte Keeva mit dem Amulett, das sie seit dieser grauenvollen Nacht
immer um den Hals trug. Es sollte sie schützen – aber ihre
Mutter hatte es auch nur unzureichend geschützt. Trotzdem, es
war das einzige Andenken, das sie an ihre Mutter besaß. Allein
schon aus diesem Grund würde sie es niemals ablegen.
    Unruhig
stand sie auf und ging zum Fenster. Ihr Zimmer befand sich im
obersten Stockwerk eines alten viktorianischen Reihenhauses und sie
konnte weit über die Dächer von London blicken. Sie öffnete
das Fenster und streckte den Kopf hinaus.
    Es
war still, auch die letzten Böller waren inzwischen verklungen
und Dunkelheit breitete sich langsam über die Stadt aus. Alles
wirkte friedlich und vollkommen normal. Trotzdem war Keeva plötzlich
irritiert und runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht. Oder
bildete sie sich das nur ein?
    Sie
beugte sich etwas weiter hinaus und konzentrierte sich. Es war drei
Uhr morgens, die Uhrzeit, zu der die Verbindung zum Reich der
Finsternis am stärksten war. Doch heute war es zudem auch noch
der Zeitpunkt, an dem sie zur Welt gekommen war - weshalb sie jetzt,
in dieser Stunde, ungewöhnlich empfindlich auf übersinnliche
Schwingungen reagierte.
    Und
gerade eben hatte sie geglaubt, welche empfangen zu haben.
    Diese
Empfindungen waren nur ganz leicht und weit entfernt zu spüren
gewesen und auch sofort wieder verschwunden - trotzdem lief ihr ein
Schauder über den Rücken. Unwillkürlich schloss sie
ihre Hand um das Amulett und zog sich wieder ins Zimmer zurück.
    Es
war etwas im nächtlichen London unterwegs, etwas unvorstellbar
Böses. Keeva war sich dessen sicher, denn sie hatte für
wenige Sekundenbruchteile das Lauern dieser Kreatur
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